266 | FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES
Raumzeitliche Muster in der ‘Ongoing Activity’ im Kortex des Menschen
Die Aktivität von Neuronen in sensorischen Kortexarealen in Reaktion auf einen
wohldefinierten Reiz weist, bei wiederholter Darbietung desselben Stimulus, typi-
scherweise einen hohen Grad an Variabilität auf (z.B. Aneli et al., 1996). Dies gilt in
besonderem Maße auch für die Aktivität im Motorkortex im Zusammenhang mit
wiederholten Bewegungen (Lee et al., 1998) und zwar nicht nur während der Bewe-
gungsdurchführung, sondern auch während Phasen der Bewegungsplanung (Nawrot
et al., 2003a, 2003b).
Die Frage nach den Quellen dieser Variabilität ist nicht nur von hohem grund-
legendem Interesse, sondern hat, mit Blick auf die Motorprothetik, auch eine hohe
praktische Relevanz. Em besseres Verständnis der Variabilität von bewegungsbezoge-
ner Aktivität und deren Zusammenhang mit der „Ongoing Activity“ (siehe unten)
sind wichtig sowohl für die Aufgabe der Detektion einer Bewegung bzw. einer
Bewegungsintention in einer fortlaufenden Messung neuronaler Signale als auch für
die Dekodierung einzelner Parameter einer durchgeführten Bewegung (etwa Rich-
tung und Geschwindigkeit einer Armbewegung).
Der Aspekt kortikaler Variabilität in Zusammenhang mit Willkürbewegung
wurde bisher nur in einigen wenigen Arbeiten aufgegriffen und nicht umfassend
bearbeitet. Wir untersuchten die Aktivität einzelner, im Motorkortex vom wachen
Affen während Verhaltensversuchen abgeleiteter Neuronen (Kooperation mit Prof.
Alexa Riehle, INCM-CNRS, Marseille) und konnten zeigen, dass, entgegen theore-
tischer Vorhersagen auf der Grundlage der mathematischen Theorie stochastischer
Punktprozesse (vgl. Nawrot et al., 2003a, 2003b), die empirische Variabilität auf einer
langsamen Zeitskala mehrerer Sekunden oder sogar Minuten die Variabilität auf kur-
zer Zeitskala (mehrere zehn Millisekunden) deutlich übertrifft. Dagegen wiesen alle
Messungen an kortikalen Pyramidenzellen in vitro eine volle Übereinstimmung mit
der theoretischen Vorhersage auf. Die Neurone wurden hierzu mittels somatischer
Injektion von synthetisch generierten, physiologisch realistischen postsynaptischen
Strömen gereizt. Dies legte den Schluss nahe, dass die hohe Variabilität unter Ver-
suchswiederholungen hauptsächlich aus langsam fluktuierenden globalen Aktivie-
rungszuständen resultiert (Nawrot et al., 2003), was jüngst in zwei weiteren Arbeiten
auch für den visuellen (Carandmi et al., 2004) und auditorischen (DeWeese et al.,
2004) Kortex geschlossen wurde. Diese ‘Ongoing Activity’ spiegelt, so die Vermu-
tung, eine Vielzahl variierender, im Rahmen eines spezifischen Experiments unbe-
obachteter neuronaler Prozesse wider.
Die Hypothese von sich langsam ändernden globalen Aktivierungszuständen
legt nahe, dass sich diese auch in neuronalen Populations- (LFP/EFP) bzw. Massen-
signalen (EEG/MEG) beobachten lassen. Wir haben uns daher mit der Zeit-
Frequenz-Analyse oszillatorischer Aktivität in Multi-Kanal ECoG Ableitungen vom
Menschen während Ruhephasen sowie während verschiedener motorischer Aufga-
ben beschäftigt. Es zeigte sich, dass die Amplitude Envelopes (AE) aller drei unter-
suchten Frequenzbänder (low frequency component LFC, _, y) in hohem Maße sehr
langsamen Modulationen auf Zeitskalen von 10—100 Sekunden unterworfen ist
Raumzeitliche Muster in der ‘Ongoing Activity’ im Kortex des Menschen
Die Aktivität von Neuronen in sensorischen Kortexarealen in Reaktion auf einen
wohldefinierten Reiz weist, bei wiederholter Darbietung desselben Stimulus, typi-
scherweise einen hohen Grad an Variabilität auf (z.B. Aneli et al., 1996). Dies gilt in
besonderem Maße auch für die Aktivität im Motorkortex im Zusammenhang mit
wiederholten Bewegungen (Lee et al., 1998) und zwar nicht nur während der Bewe-
gungsdurchführung, sondern auch während Phasen der Bewegungsplanung (Nawrot
et al., 2003a, 2003b).
Die Frage nach den Quellen dieser Variabilität ist nicht nur von hohem grund-
legendem Interesse, sondern hat, mit Blick auf die Motorprothetik, auch eine hohe
praktische Relevanz. Em besseres Verständnis der Variabilität von bewegungsbezoge-
ner Aktivität und deren Zusammenhang mit der „Ongoing Activity“ (siehe unten)
sind wichtig sowohl für die Aufgabe der Detektion einer Bewegung bzw. einer
Bewegungsintention in einer fortlaufenden Messung neuronaler Signale als auch für
die Dekodierung einzelner Parameter einer durchgeführten Bewegung (etwa Rich-
tung und Geschwindigkeit einer Armbewegung).
Der Aspekt kortikaler Variabilität in Zusammenhang mit Willkürbewegung
wurde bisher nur in einigen wenigen Arbeiten aufgegriffen und nicht umfassend
bearbeitet. Wir untersuchten die Aktivität einzelner, im Motorkortex vom wachen
Affen während Verhaltensversuchen abgeleiteter Neuronen (Kooperation mit Prof.
Alexa Riehle, INCM-CNRS, Marseille) und konnten zeigen, dass, entgegen theore-
tischer Vorhersagen auf der Grundlage der mathematischen Theorie stochastischer
Punktprozesse (vgl. Nawrot et al., 2003a, 2003b), die empirische Variabilität auf einer
langsamen Zeitskala mehrerer Sekunden oder sogar Minuten die Variabilität auf kur-
zer Zeitskala (mehrere zehn Millisekunden) deutlich übertrifft. Dagegen wiesen alle
Messungen an kortikalen Pyramidenzellen in vitro eine volle Übereinstimmung mit
der theoretischen Vorhersage auf. Die Neurone wurden hierzu mittels somatischer
Injektion von synthetisch generierten, physiologisch realistischen postsynaptischen
Strömen gereizt. Dies legte den Schluss nahe, dass die hohe Variabilität unter Ver-
suchswiederholungen hauptsächlich aus langsam fluktuierenden globalen Aktivie-
rungszuständen resultiert (Nawrot et al., 2003), was jüngst in zwei weiteren Arbeiten
auch für den visuellen (Carandmi et al., 2004) und auditorischen (DeWeese et al.,
2004) Kortex geschlossen wurde. Diese ‘Ongoing Activity’ spiegelt, so die Vermu-
tung, eine Vielzahl variierender, im Rahmen eines spezifischen Experiments unbe-
obachteter neuronaler Prozesse wider.
Die Hypothese von sich langsam ändernden globalen Aktivierungszuständen
legt nahe, dass sich diese auch in neuronalen Populations- (LFP/EFP) bzw. Massen-
signalen (EEG/MEG) beobachten lassen. Wir haben uns daher mit der Zeit-
Frequenz-Analyse oszillatorischer Aktivität in Multi-Kanal ECoG Ableitungen vom
Menschen während Ruhephasen sowie während verschiedener motorischer Aufga-
ben beschäftigt. Es zeigte sich, dass die Amplitude Envelopes (AE) aller drei unter-
suchten Frequenzbänder (low frequency component LFC, _, y) in hohem Maße sehr
langsamen Modulationen auf Zeitskalen von 10—100 Sekunden unterworfen ist