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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2015 — 2016

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C. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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III. Akademiekonferenzen
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Baltisch-deutsche Kulturbeziehungen vom 16. bis 19. Jahrhundert. Medien – Institutionen – Akteure, Teil II: Zwischen Aufklärung und nationalem Erwachen: Nachwuchskonferenz vom 4. bis 7. Mai 2015
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https://doi.org/10.11588/diglit.55653#0312
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2. Konferenz „Baltisch-deutsche Kulturbeziehungen (Teil II)

Pauls Daija wusste die Ende des 18. Jahrhunderts kontrovers geführte Debatte um
den Status der livländischen Bauern mit einem Plagiatsstreit zwischen Christoph
Harder und Gustav Bergmann zu verknüpfen, Kaspar Renner warf aufgrund de-
taillierter Quellen-Anamnese einen neuen Blick auf Herders junge Gelehrtenjahre
in Riga, bevor dann Jürgen Joachimsthaler der Genese der drei baltischen Nati-
onal-„Epen“ aus dem Geist aufklärerischer Didaxe nachspürte. Matthias Müller
beleuchtete schließlich die ökonomische Seite des Alltags vieler Aufklärer, indem
er die Bedingungen und Veränderungen aufgeklärter Geselligkeit am Beispiel des
Revaler Klubs vor Augen führte. Zwischen diesen beiden Sektionen wurde et-
was zum festen Bestandteil der Konferenz, das ein Jahr zuvor noch ein Notbehelf
gewesen war: Auf einem Podium, für das auch PD Dr. Rolf Steltemeier, Minis-
terialdirigent im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung als Experte gewonnen werden konnte, diskutierten außer ihm Kars-
ten Brüggemann (Tallinn), Märtins Bojko (Riga) und Rüta Eidukeviciene (Kau-
nas) angeregt über Möglichkeiten und Grenzen deutscher, aber auch europäischer
Forschungsförderung im Baltikum. Unter reger Beteiligung auch des Publikums
kamen dort Erkenntnisse zutage, die auch für eine weitere wissenschaftliche Ko-
operation zwischen West und Ost fruchtbar gemacht werden dürften.
Ganz im Zeichen der prägenden kulturellen Kraft von Sprache und Musik
stand der Mittwoch. Dabei wurde nun auch verstärkt die eigentliche Konstruktion
eines ,indigenen Typus‘ durch die in bester Absicht agierenden Aufklärer deutlich.
Julija Boguna konnte in einem fulminanten Vortrag Gotthard Friedrich Stenders
Übersetzungspraxis und die sich auf ihn berufenden Theoretiker als Konstruk-
teure eines lettischen Publikums aufweisen, für das dann erst übersetzt werden
konnte. Aiga Semeta wies wenig später die Konstruktion ,des‘ lettischen Lesers auf,
indem sie die Genese der ersten lettischsprachigen Zeitschrift (Latweeschu Awi-
ses) im 18. Jahrhundert mit dem parallel erscheinenden (und zum Großteil von
denselben Autoren getragenen) Magazin der lettischen litterärischen Gesellschaft
abglich. Reet Bender zeichnete die teils prekäre Position des baltischen Deutsch
durch bewegte Zeiten politischer (und eben auch: sprachpolitischer) Wechselfälle
bis ins 20. Jahrhundert nach, während Karin Vorderstemann die funktionale Viel-
schichtigkeit in den ebenso empfindsam-malerischen wie gelegentlich sozialre-
formerisch-engagierten Reiseberichten des Ulrich Freiherrn von Schlippenbach
herausarbeitete.
In der nachmittäglichen Sektion „Musik und Stadtkultur“ gab Toomas Siitan
in einem fakten- und quellengesättigten Vortrag über die Korrespondenz Johann
Friedrich La Trobes faszinierende Einblicke in die Musikpraxis in Dorpat in der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zwei weitere Vorträge waren dem Musikthea-
ter in baltischen Metropolen gewidmet: Kristel Pappel legte überzeugend die Rolle
des Revaler Stadttheaters bei der Vermittlung der französischen Grande Opera, v. a.
Aubers und Meyerbeers ins Baltikum dar, worauf Antje Tumat aus neu entdeck-

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