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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2015 — 2016

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D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe und Mitglieder
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II. Nachrufe
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Zimmermann, Bernhard: Walter Burkert (2.2.1931 – 11.3.2015)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55653#0340
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Nachruf auf Walter Burkert

vor allem religionsgeschichtlichen Arbeiten;2 Formulierungsgabe, Klarheit und
präzise Knappheit sind wesentliche Charakteristika von Burkerts eigenem Stil.
In der Urkunde des ihm 2003 verliehenen Sigmund-Freud-Preises der Deut-
schen Akademie für Sprache und Dichtung wird seine wissenschaftliche Prosa
als „nüchtern und philologisch scharfsinnig, lakonisch und nicht ohne Ironie“
bezeichnet.
Nicht unerheblich dürfte es gewesen sein, dass Burkert in Erlangen durch
Alfred Heubeck (1914— 1987)3 in unmittelbare Berührung mit der Homer-For-
schung, insbesondere mit der sprachwissenschaftlichen, indogermanistischen He-
rangehensweise kam, die nicht nur für seine eigenen Homer-Arbeiten,4 sondern
für wichtige Beiträge wie zum Ursprung der Tragödie von eminenter Bedeutung
war. Für Burkerts wissenschaftliche Ausrichtung war jedoch ohne Zweifel Rein-
hold Merkeibachs (1918 — 2006)5 Einfluss entscheidend, der von 1957 bis 1961 in
Erlangen lehrte und Burkert mit Martin L. West (1937-2015) in Kontakt brachte,
mit dem Burkert in den nächsten Jahrzehnten das Bild der klassischen Antike re-
volutionieren sollte. In zahlreichen Arbeiten riefen sie die Einflüsse der vordero-
rientalischen Kulturen auf die Welt des archaischen Griechenlands nachdrücklich
ins Bewusstsein der Altertumswissenschaft.6 Wegweisend war Burkerts Abhand-
lung „Die orientalisierende Epoche in der griechischen Religion und Literatur“,7

2 Man vgl. z. B. in „Griechische Religion der archaischen und klassischen Epoche“ (Stuttgart
22011) S. 9: „Sinn und Funktion von Religion ist heute, zumal durch die Konfrontation mit
dem Islam, in neuer Weise in Frage gestellt. Die alten Religionen, die vor Judentum, Chris-
tentum und Islam dauerhafte Wirkung geübt haben, dürften umso mehr Aufmerksamkeit
erwarten, und sei es als ,Museum der Gegenbeispiele1.“ Oder, heutige Konflikte ahnend, im
abschließenden Kapitel von „Kulte des Altertums. Biologische Grundlagen der Religion“
(München 1998), S. 215 (in Auseinandersetzung mit der modernen Informationsgesellschaft):
„Als beunruhigender mag sogar die sich abzeichnende Chance einer Regression erscheinen,
gerade im geistigen Bereich. Primitivreaktionen der Massen, Fundamentalismus ihrer Wort-
führer: Hier bleiben Formen und Aussichten der Religion auch für die unmittelbare Zukunft;
sie bleiben in ihrer Funktionalität durchaus problematisch.“
3 Vgl. Burkerts Nachruf in: Gnomon 60, 1988, S. 283-285.
4 Kleine Schriften 1: Homerica, Göttingen 2001.
5 Vgl. G. Bitto, Merkelbach, Reinhold, in: P. Kuhlmann - H. Schneider (Hgg.), Geschichte der
Altertumswissenschaften. Biographisches Lexikon, Stuttgart - Weimar 2012, Sp. 812 f. (Der
Neue Pauly. Supplemente 6).
6 West ging Burkert in der Aufdeckung orientalischer Einflüsse in seinen beiden Kommentaren
zu Hesiods Lehrgedichten voraus: Hesiod, Theogony, Oxford 1966; Hesiod, Work and Days,
Oxford 1978; vgl. vor allem M. L. West, The East-Face of Helicon: West Asiatic Elements in
Greek Poetry and Myth, Oxford 1997.
7 Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische
Klasse 1984,1, Heidelberg 1984.

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