Festvortrag von Johannes Krause
Gene ausgetauscht haben, insofern es keine größeren geographischen Barrieren
zwischen ihnen zu überwinden galt.
Leider lässt die Untersuchung von genetisch im Austausch stehenden, eng
verwandten, heutigen Populationen nur begrenzt Rückschlüsse auf deren Vorge-
schichte zu. Um größere genetische Veränderungen von Populationen im Laufe
der Zeit zu verstehen, wird deshalb zunehmend auf genomweite Daten aus der
Vergangenheit zurückgegriffen.
Molekulare Zeitreisen
Die Revolution in der Sequenziertechnologie hat sich auch auf die Analyse von
DNA aus lange toten Organismen ausgewirkt. Bereits im Jahr 2008, kurz nach
dem technologischen Durchbruch, war es erstmals gelungen, das Genom eines
ausgestorbenen Mammuts zu entschlüsseln (Miller et al. 2008). Zwei Jahre später
gelang ein weiterer wichtiger Durchbruch, als die Genome eines 4.000 Jahre al-
ten Paläo-Eskimos sowie des ausgestorbenen Neandertalers entschlüsselt wurden
(Green et al. 2010; Rasmussen et al. 2010). Im selben Jahr gelang es sogar eine bis-
her völlig unbekannte Menschenform, den Denisovaner, nur anhand einer gene-
tischen Untersuchung eines kleinen Fingerknochens nachzuweisen (Krause et al.
2010) und dessen Genom zu entschlüsseln (Reich et al. 2010).
Die Analyse von alter, bis zu 500.000 Jahre alter DNA aus menschlichen Kno-
chen bietet die Möglichkeit, die genetische Zusammensetzungen heutiger und ver-
gangener Populationen miteinander zu vergleichen bzw. vergangene, inzwischen
ausgestorbene Populationen aufzuspüren. Der Vergleich von heutiger mit alter
DNA kann größere Verschiebungen in der genetischen Struktur menschlicher
Populationen zwischen einzelnen Zeitperioden sichtbar werden lassen und liefert
damit wertvolle Hinweise auf epochale Populationsumbrüche und Veränderungen
in der Mobilität bzw. die Ausbreitung einzelner Gruppen in der Vorgeschichte.
Mithilfe der Analysen von alter DNA können so Hypothesen aus der Archäologie
und Geschichtsforschung getestet werden und weiter beleuchtet werden, inwie-
fern kultureller Wandel mit veränderter Mobilität, Einwanderung und den daraus
resultierenden Genflüssen korreliert.
Die Sesshaftwerdung des Menschen
Als eine der wohl wichtigsten Fragen im Hinblick auf die Frühgeschichte Euro-
pas galt lange, ob der Übergang von Jägern und Sammlern zu Ackerbauern vor
rund 7.500 Jahren auch mit einem Bevölkerungswechsel einherging. Handelte
es sich bei diesem für die Entwicklung des modernen Menschen fundamentalen
Epochenwechsel eher um das Resultat einer langsamen kulturellen Entwicklung,
oder war eine Einwanderung von Menschen nach Europa dafür verantwortlich?
Es standen sich zwei Hypothesen gegenüber: eine Hypothese besagt, dass es sich
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Gene ausgetauscht haben, insofern es keine größeren geographischen Barrieren
zwischen ihnen zu überwinden galt.
Leider lässt die Untersuchung von genetisch im Austausch stehenden, eng
verwandten, heutigen Populationen nur begrenzt Rückschlüsse auf deren Vorge-
schichte zu. Um größere genetische Veränderungen von Populationen im Laufe
der Zeit zu verstehen, wird deshalb zunehmend auf genomweite Daten aus der
Vergangenheit zurückgegriffen.
Molekulare Zeitreisen
Die Revolution in der Sequenziertechnologie hat sich auch auf die Analyse von
DNA aus lange toten Organismen ausgewirkt. Bereits im Jahr 2008, kurz nach
dem technologischen Durchbruch, war es erstmals gelungen, das Genom eines
ausgestorbenen Mammuts zu entschlüsseln (Miller et al. 2008). Zwei Jahre später
gelang ein weiterer wichtiger Durchbruch, als die Genome eines 4.000 Jahre al-
ten Paläo-Eskimos sowie des ausgestorbenen Neandertalers entschlüsselt wurden
(Green et al. 2010; Rasmussen et al. 2010). Im selben Jahr gelang es sogar eine bis-
her völlig unbekannte Menschenform, den Denisovaner, nur anhand einer gene-
tischen Untersuchung eines kleinen Fingerknochens nachzuweisen (Krause et al.
2010) und dessen Genom zu entschlüsseln (Reich et al. 2010).
Die Analyse von alter, bis zu 500.000 Jahre alter DNA aus menschlichen Kno-
chen bietet die Möglichkeit, die genetische Zusammensetzungen heutiger und ver-
gangener Populationen miteinander zu vergleichen bzw. vergangene, inzwischen
ausgestorbene Populationen aufzuspüren. Der Vergleich von heutiger mit alter
DNA kann größere Verschiebungen in der genetischen Struktur menschlicher
Populationen zwischen einzelnen Zeitperioden sichtbar werden lassen und liefert
damit wertvolle Hinweise auf epochale Populationsumbrüche und Veränderungen
in der Mobilität bzw. die Ausbreitung einzelner Gruppen in der Vorgeschichte.
Mithilfe der Analysen von alter DNA können so Hypothesen aus der Archäologie
und Geschichtsforschung getestet werden und weiter beleuchtet werden, inwie-
fern kultureller Wandel mit veränderter Mobilität, Einwanderung und den daraus
resultierenden Genflüssen korreliert.
Die Sesshaftwerdung des Menschen
Als eine der wohl wichtigsten Fragen im Hinblick auf die Frühgeschichte Euro-
pas galt lange, ob der Übergang von Jägern und Sammlern zu Ackerbauern vor
rund 7.500 Jahren auch mit einem Bevölkerungswechsel einherging. Handelte
es sich bei diesem für die Entwicklung des modernen Menschen fundamentalen
Epochenwechsel eher um das Resultat einer langsamen kulturellen Entwicklung,
oder war eine Einwanderung von Menschen nach Europa dafür verantwortlich?
Es standen sich zwei Hypothesen gegenüber: eine Hypothese besagt, dass es sich
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