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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0036
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Einleitung des Herausgebers

XXXV

Interessante Erweiterungen gegenüber der Erstausgabe finden sich zudem in Jas-
pers’ Darstellung des Verhältnisses von Universität und Staat. So taucht 1946 erstmals
die Beschreibung des politischen Status der Universität als »staatsfreier Raum« auf.151
Auch werden Motive für die Befürwortung der Existenz der Universität durch den Staat
genannt. Demnach wisse der Staat sein eigenes Dasein gefördert, wenn in ihm der rei-
nen Wahrheit gedient werde. Auch wenn dies vage bleibt, spricht sich darin Jaspers’
Hoffnung aus, dass es einen Geist der Wahrheit und Wahrhaftigkeit gebe, der sich von
der Universität aus in die Gesellschaft trägt. Voraussetzung dafür, dass der Staat die
Universität als einen aus seiner Machtwirkung ausgesparten Raum152 dulde und
schütze, sei allerdings, dass der Staat die Verwirklichung der Universität wolle. An die-
sem Punkt erkennt Jaspers eine wechselseitige Abhängigkeit. Denn Klarheit über den
eigenen Willen kann der Staat ihm zufolge in erster Linie durch eine Inanspruch-
nahme von Wissenschaft und Wahrheit entwickeln. Als Ort der Wahrheitssuche bil-
det die Universität für Jaspers in ihrem Verhältnis zum Staat zugleich eine Grundvor-
aussetzung und ein Bewährungsfeld eines freiheitlichen demokratischen Staatswesens,
da die Universität als Ort der Wahrheitssuche nur in Staaten zugelassen werde, die
Selbsteinschränkungen erlaubten.153 Obwohl die Auseinandersetzung mit dem NS-
Staat nicht im Zentrum seiner Schrift steht, findet Jaspers auch in der Neuausgabe sei-
ner Idee der Universität kritische Worte für die Wissenschaftler, die unter dem NS-Re-
gime das Ethos der Universität aushöhlten: »Soweit aber sie [die Universitäten] oder
ihre Glieder in den letzten zwölf Jahren sich in ihrer geistigen Arbeit und in Handlun-
gen zu Anpassungen und Umbiegungen haben zwingen lassen oder gar aus unbegreif-
licher Überzeugung an den Kräften des Regimes fördernd teilgenommen haben, sind
sie bedingungslos zu verurteilen, vor allem auch wegen des dadurch begangenen Ver-
rats an der Universitätsidee.«154
Gegenüber der Erstausgabe ist auch das Thema »Wahrheitsforschung und Politik«
gänzlich neu. In dessen Zusammenhang bekräftigt Jaspers seine bereits 1923 geäußerte
Grundhaltung, dass Politik nicht als Kampf an die Universität gehöre, sondern aus-
schließlich als Gegenstand der Forschung. Angesichts der Katastrophe des Zweiten
Weltkriegs und der Aufgabe eines Wiederaufbaus Deutschlands ordnet Jaspers der Uni-
versität neben der oben genannten Funktion für die Demokratie noch eine weitere,
kaum weniger wichtige gesellschaftliche Rolle zu: Als wesentliche Trägerin des durch
den NS-Staat verratenen kulturellen Erbes soll sie zu einem Identifikationsobjekt eines
erneuerten, gewandelten Deutschlands werden: »Wir können nur erklären, was uns
gemeinsam ist. [...] Deutschland lebt für immer durch seine Dichtung und Musik. [...]

151 Ebd.,185.
152 Ebd.
153 Ebd.
154 Ebd., 196.
 
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