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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0059
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LVIII

Einleitung des Herausgebers

geistigen Erneuerung der Universität gibt Schelsky zu bedenken, dass deren Entfal-
tung konsequenterweise ohne präskriptive Vorgaben der Verantwortung der Einzel-
nen überlassen werden müsse.268 Massive Zweifel äußert er an der Durchführbarkeit
von Rossmanns Vorschlägen zur Einrichtung von Unterrichtsinstituten und eines
Fachschulwesens. Mit Blick auf die Gesamtausrichtung ihrer Reformvorschläge sieht
Schelsky Jaspers und Rossmann in einer Linie mit denjenigen, die »den Verlust der
>Schlüsselfunktion< der Geisteswissenschaften in der modernen wissenschaftlichen
Zivilisation nicht anerkennen« wollen.269
Obwohl das Humboldt’sche Bildungs- und Universitätskonzept seine prominente
Rolle in der Diskussion um Hochschulreformen bis heute nicht verloren und in den
I99oer-Jahren in Jürgen Mittelstraß erneut einen emphatischen Vertreter gefunden
hat,270 greift dieser weder auf Jaspers noch auf Schelsky zurück, die beide als moderne
Interpreten dieses Konzepts gelten. Zwar wurden Jaspers’ Ausführungen zur Uni-
versitätsidee in einem 1988 erschienenen Sammelband mit Beiträgen anlässlich des
600-jährigen Jubiläums der Universität Heidelberg noch einmal Bezugspunkt einiger
neuerer Reflexionen.271 Im aktuellen, vor allem durch die Konzeption und die Folgen
des 1999 beschlossenen Bologna-Prozesses wieder neu entfachten Reformdiskurs, in
dem von philosophischer Seite vor allem Reinhard Brandt mit scharfer Kritik an den
Bologna-Beschlüssen und einem Plädoyer für die Universität als Ort einer freien, dia-
logisch-kritischen Erkenntnispraxis hervortrat,272 findet Jaspers trotz offensichtlicher
Anschlussfähigkeit zahlreicher von ihm vertretener Positionen jedoch bestenfalls
noch als Stichwortgeber Erwähnung,273 ohne dass eine inhaltliche Auseinandersetzung
mit seinen Überlegungen geführt würde. Auch international wurde Die Idee der Univer-
sität im Vergleich zu vielen anderen Schriften von Jaspers nur wenig beachtet.274 Le-
diglich die zweite Ausgabe wurde überhaupt übersetzt, und dies zu seinen Lebzei-

268 Ebd., 311.
269 Ebd., 249.
270 Vgl. hierzu bes.: J. Mittelstraß: Die unzeitgemäße Universität, Frankfurt a.M. 1994.
271 Vgl. M. Eigen u.a. (Hg.): Die Idee der Universität. Versuch einer Standortbestimmung, Berlin u.a. 1988.
Eine Auseinandersetzung mit Jaspers führen in diesem Band vor allem Wolf Lepenies (»Die Idee
der deutschen Universität - ein Blick von außen«, 41-71) und Jürgen Habermas mit dem hierin
erneut abgedruckten Beitrag »Die Idee der Universität - Lernprozesse« (139-173).
272 Vgl. R. Brandt: Wozu noch Universitäten?Ein Essay, Hamburg 2011, bes. 131-138,192-209.
273 Exemplarisch hierfür stehen: B. Wolbring, A. Franzmann: »Einleitung«, in: dies. (Hg.): Zwischen
Idee und Zweckorientierung. Vorbilder und Motive von Hochschulreformen seit 1945, Berlin 2007, 7-11,
7; U. Sieg: »Humboldts Erbe. Eine Einleitung«, in: ders., D. Korsch (Hg.): Die Idee der Universität
heute, München 2005,15-17.
274 Eine noch verhaltene Annäherung zeichnet sich in Nordamerika ab, wo 1996 ein erster Sammel-
band mit Essays zu Jaspers’ Idee der Universität zusammengestellt wurde (G. J. Walters [Hg.]: The
Tasks ofTruth. Essays on Karl Jaspers' Idea ofthe University, Frankfurt a.M. 1996).
 
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