HANDEL MIT CUNRAT TREGER 63
Antwort uff den fünfften Artickel des Sendtbrieffs.
Zum fünfften in deinem Sendtbrieff zeygst du uns an, das wir die Con-
cilien und Vätter vornen an spitz stellen, wo es uns darfür ansycht, als
seyen sye mit uns dran, wo das nit, so sagen wir, sye häben schändtlich
5 geirrt und etwas menschlichs gelitten, gleichsam wir nit menschen weren,
noch irren kündten. Und seyen also » versutiores «, das ist arglistiger, dann
ein hafner rad. etc. Sanct Peter sagt: Redet yemant, so rede er als Gottes
wort. i. Pet. iiii. [11] und Jeremie. xxiii. [28]: Ein prophet, der ein traum
hat, der verkünde ein traum, der aber hat mein wort, der rede mein wort mit
10 warheit. Was soll stro under dem weyssen? Also, Treger, soltu wissen,
welcher sich annimpt, etwas geistlicher christlicher leer zu geben oder
erhalten, und wolte die Concilia der Vätter als seine | gröste macht vornen
an spitz setzen, das wir yn für kein Christen halten und yn als der unser
einen 71 glatt nit erkennen. Als weit Gott übertrifft den menschen, also
15 weit soll das göttlich wort allen andern fürzogen werden 72. So dann
die Bibel alles guts innhaltet reychlich und klorlich, wie hernaher noch
weiter anzeygt würt, wer ir dann wolt beschluß der Concilien oder
sprüch der Vätter fürsetzen, der wer ein gewisser gottslesterer und
feind der warheit. Es findt sich auch weder bey dem Luther noch andern,
20 die er für seine christliche jünger oder brüder erkennt, das sye ye uff
Concilien oder Vätter gepasset haben, ob sye schon etwan, dieweil sye
bey dem gegentheyl also vil gelten, sye, nachdem die haubtsach durch
göttlich schrifft bewerdt gewesen, anzogen haben.
Das dich aber so unbillich duncket, das wir ynen etwan menschlich
25 irrthumb zugeben, das sye auch von andern und ynen selb geschriben
haben, nimpt mich wunder, so du doch solchs auch in Aposteln be-
schehen an tag zubringen dich in deinen Paradoxen vom anfang här
nitt schlechtlich beflissen hast 73. Bistu darumb ein gott, das hab ich
auch nitt gewysszt. O Treger, du treibest vil provincialischer und
30 magistralischer red, die dir wol weren überbliben. Ich lassz anston, das
du schreibst, wir seyen »versutiores«, das ist arglistiger dann ein hafner
rad. so ein anderer, der latin kan, hette geschriben: versatiliores 74. dann du
hast der grammatick nit allein in dißem stuck gröblich gefält. des will
ich dir aber nichts verwissen haben, dann unser sach nit stott am latin
35 reden, sonder am wor reden. Das du aber alle weg suchest, dein gespött
mit uns zu treiben, gibt vilicht die Münchisch geistlicheit und Provincia-
w) Ausrufungszeichen fehlt.
71. Als einen der Unseren.
72. Vgl. unten, S. 82ff.
73 . Vgl. Par 4ff. (S. 74ff.)
74. Vgl. oben, S. 45, Z. 16—17.
Nota novam latinitatem
D 1 b
Antwort uff den fünfften Artickel des Sendtbrieffs.
Zum fünfften in deinem Sendtbrieff zeygst du uns an, das wir die Con-
cilien und Vätter vornen an spitz stellen, wo es uns darfür ansycht, als
seyen sye mit uns dran, wo das nit, so sagen wir, sye häben schändtlich
5 geirrt und etwas menschlichs gelitten, gleichsam wir nit menschen weren,
noch irren kündten. Und seyen also » versutiores «, das ist arglistiger, dann
ein hafner rad. etc. Sanct Peter sagt: Redet yemant, so rede er als Gottes
wort. i. Pet. iiii. [11] und Jeremie. xxiii. [28]: Ein prophet, der ein traum
hat, der verkünde ein traum, der aber hat mein wort, der rede mein wort mit
10 warheit. Was soll stro under dem weyssen? Also, Treger, soltu wissen,
welcher sich annimpt, etwas geistlicher christlicher leer zu geben oder
erhalten, und wolte die Concilia der Vätter als seine | gröste macht vornen
an spitz setzen, das wir yn für kein Christen halten und yn als der unser
einen 71 glatt nit erkennen. Als weit Gott übertrifft den menschen, also
15 weit soll das göttlich wort allen andern fürzogen werden 72. So dann
die Bibel alles guts innhaltet reychlich und klorlich, wie hernaher noch
weiter anzeygt würt, wer ir dann wolt beschluß der Concilien oder
sprüch der Vätter fürsetzen, der wer ein gewisser gottslesterer und
feind der warheit. Es findt sich auch weder bey dem Luther noch andern,
20 die er für seine christliche jünger oder brüder erkennt, das sye ye uff
Concilien oder Vätter gepasset haben, ob sye schon etwan, dieweil sye
bey dem gegentheyl also vil gelten, sye, nachdem die haubtsach durch
göttlich schrifft bewerdt gewesen, anzogen haben.
Das dich aber so unbillich duncket, das wir ynen etwan menschlich
25 irrthumb zugeben, das sye auch von andern und ynen selb geschriben
haben, nimpt mich wunder, so du doch solchs auch in Aposteln be-
schehen an tag zubringen dich in deinen Paradoxen vom anfang här
nitt schlechtlich beflissen hast 73. Bistu darumb ein gott, das hab ich
auch nitt gewysszt. O Treger, du treibest vil provincialischer und
30 magistralischer red, die dir wol weren überbliben. Ich lassz anston, das
du schreibst, wir seyen »versutiores«, das ist arglistiger dann ein hafner
rad. so ein anderer, der latin kan, hette geschriben: versatiliores 74. dann du
hast der grammatick nit allein in dißem stuck gröblich gefält. des will
ich dir aber nichts verwissen haben, dann unser sach nit stott am latin
35 reden, sonder am wor reden. Das du aber alle weg suchest, dein gespött
mit uns zu treiben, gibt vilicht die Münchisch geistlicheit und Provincia-
w) Ausrufungszeichen fehlt.
71. Als einen der Unseren.
72. Vgl. unten, S. 82ff.
73 . Vgl. Par 4ff. (S. 74ff.)
74. Vgl. oben, S. 45, Z. 16—17.
Nota novam latinitatem
D 1 b