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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 2): Schriften der Jahre 1524 - 1528 — Gütersloh, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.29139#0078
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HANDEL MIT CUNRAT TREGER

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dyener und kinder Gottes, die warheit. Und seitenmal solcher glaub
und erkandtnüß göttlicher güte durch yn das wor und ewig leben ist,
so ist er auch das leben. Und wiewol Christus auch wor Gott, ja wo er
nit wor Gott mit were, nit künde weder der weg, warheit noch leben
5 sein, und auch Gott die warheit und das leben ist, noch so solt man
reden, wie die schrifft redet, und bey den worten des geists bleiben und
sye brauchen, wie sye gesagt seind. Nemmlich so aller schrifft entgegen
ist, das Gott der weg sey, dann diß eygentlich der menscheit Christi
und nit der gottheit, wie angezeygt, zugehört. Aber die hohen Theo-
10 logen mischen eins durchs ander, nennen und heisszen ein yedes, wie
es ynen gefallt, dann sye seind Magistri nostri 91. und darnach spotten
und verhönen sye yederman, der nit spricht: bene dixerunt Magistri
nostri eximii. O ir armen leüt.

Dergleichen ist. Gott kan nit betrogen werden noch yemandt be-
15 tryegen. Ist auch mit kleinem bedacht geredt. Dann wiewol Gott den E2b
herren nyemant betryegen mag, der aller menschen gedencken weyssz,
so kan er doch wol die menschen betryegen, fürnemlich also betryegen,
wie »fallere« betryegen heisszt, nemmlich verwänen oder machen, das
einer fälet, yrret und verferet. Dann also sprach Micha zum künig
20 Achab iii. Reg. xxii. [23]: Nun syh der Herr hat einen falschen geist geben in
aller dißer deiner propheten mund und der Herr hat bößes über dich geredt. und
Ezech. xiiii [9]: Und so der prophet yrren würt und ein wort reden, ich der
Herr hab denselbigen propheten betrogen oder verwänt, eygentlich aber: ge-
macht yrren. Also Rom. i. [28]: Gott hat sye in einen verkerten synn geben.

25 Diß hab ich allein darumb anzeygt, das man sehe, das der groß Theo-
logus so unschrifftlich 92 von sachen redet und vil gewisser gemeyne
sprüch der menschen dann die wort gottes im kopff hat. sunst hette er
wol künnen sagen: Gott ist warhafft, ein yeder mensch aber lügenhaft. Ro.
iii. [4], das mit kürtze ettwas schriftlicher geredt were, dann der Treger
30 in seinen zweyen ersten Wunderreden gesetzt hat, und were doch alles
gesagt, das er vermeynt hat zu sagen. Und das er aber sehe, das wir
yn in worten nit fahen wöllen, so wissz, Leser, das wir den anderen
teyl seiner ersten wunderreden nit darumb verwerffen, das er einer
falschen meynung sey, sonder das die wort mer menschlich dann schrifft-
35 lich seind. Dann wiewol Gott in seinem zusagen nit fälet und sein wort,
sein leer allein on allen falsch ist, das ich denn acht den Treger in seinen
worten gemeynt haben, so er schreibt, gott mag nit betrogen werden
oder yemant betryegen, noch mage er wol die gottloßen durch ein
falschen geist verwänen, geben in ein verkerten synn und falsch pro-

91. Vgl. oben, Anm. 31.

92. Schriftlich bzw. unschriftlich reden heißt für B. hier, schriftgemäß bzw.
-ungemäß argumentieren.
 
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