78
SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528
wir sagen? Ist dann Gott auch ungerecht, das er drüber zürnet? Als wölt
er sagen: Würt durch mein sünd Gott gerecht erfunden und warhafft
in seinen worten, in denen er uns alle sünder schyltet und also durch
mein ungerechtigkeit sein gerechtigkeit groß gemacht, so ist es doch gut,
das ich sünde, warumb zürnet er dann drüber? dyenet mein sünd zu 5
seinen eeren, wie die wort Davids: Dir hab ich allein gesündet, uff das
du rechtfertig seyest etc. lauten wöllen, wer er doch auch unrecht, so
E 4 b er drüber zürnet, das doch ym zun eeren dyenet. | Und daruff spricht
dann Paulus: Ich red noch dem menschen, uffs kryechisch: kata anthropon l,
das man solte verdolmetschen, ich red uff menschlich weiß. Als solt 10
er sagen, ich red, wie die menschen pflegen zu reden, wie die natur
wider das Gotts wort ynred hat, deren red dann auch ist: Lasszt uns
bößes thun, uff das guts drußkomme [Ro 3,8]. Dann die warheit und der
geist verstat die wort Davids also, das, so wir doch in der worheit alle
sünder seind, alle wider Gott thun. Wann wirs bekennen und Gott in 15
seinem gesatz, damit er uns sünder beweiset, recht geben nit als die
gleißner, wöllen frumm und gerecht sein, darmit Gott müste in seinen
worten ein lugner sein, das sey dann der preiß Gottes, nitt das wir die
sünd thun, sonder das wir sye bekennen. Uß dißem ists nun klar, das
Paulus, so er spricht: ich red nach dem menschen oder uff menschlich 20
weiß, das er in der person der menschen, die von Gott nichts wissen und
Gotts wort uffs ergst ußlegen, redet und nit in eygner person, das er
daruß wolte anzeygen, er kündte auch yrren als ein mensch und was
underscheydt es sey zwischen dem, das er von dem seinen, und dem, das er
von anwähen des geists redet, dann er das nit von dem seinen, sonder 25
von den menschen, die von Gott nichts wissen, redet. Item Gal. iii. [15]
spricht Paulus noch einmal: Ich red nach dem menschen, man veracht doch
des menschen testaments nitt etc. Das ist aber abermal uff des Tregers meynung
nit geredt, sonder wie yetzt gesagt, ist es als vil als so er sprich, ich red
uff menschlich weiß oder von menschlichem testament. Und will damit 30
gar nit anzeygen, das er als ein yrrender mensch do rede, dann er die
warheit Gottes als ein Apostel redet. Braucht allein ein menschlich
gleichnüß, das die schrifft allenthalben thut.
Gleichen verstandt beweiset er in dem, das er diß sein meynung zu
beweren auch das anzeygt, das Paulus ii. Corint. xi. [16ff], do er sich 35
rümet, spricht: ich red als ein thorechter, das dann Paulus sagt, uff die
person des gegentheyls und der Corinthern, als wolt er sagen: Ich weissz
wol, das sich selb rümen ein dorecht ding geacht ist. Darumb lasszts
sein, ich rede als ein thor, nement mich allein an als ein thorechten, ir
vertragt doch gern die narren, dieweil ir klug seyt. Was ich red, red ich 40
nitt dem herren nach, sonder als ein der thorheit, dieweil wir in das
l) kata antropos.
SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528
wir sagen? Ist dann Gott auch ungerecht, das er drüber zürnet? Als wölt
er sagen: Würt durch mein sünd Gott gerecht erfunden und warhafft
in seinen worten, in denen er uns alle sünder schyltet und also durch
mein ungerechtigkeit sein gerechtigkeit groß gemacht, so ist es doch gut,
das ich sünde, warumb zürnet er dann drüber? dyenet mein sünd zu 5
seinen eeren, wie die wort Davids: Dir hab ich allein gesündet, uff das
du rechtfertig seyest etc. lauten wöllen, wer er doch auch unrecht, so
E 4 b er drüber zürnet, das doch ym zun eeren dyenet. | Und daruff spricht
dann Paulus: Ich red noch dem menschen, uffs kryechisch: kata anthropon l,
das man solte verdolmetschen, ich red uff menschlich weiß. Als solt 10
er sagen, ich red, wie die menschen pflegen zu reden, wie die natur
wider das Gotts wort ynred hat, deren red dann auch ist: Lasszt uns
bößes thun, uff das guts drußkomme [Ro 3,8]. Dann die warheit und der
geist verstat die wort Davids also, das, so wir doch in der worheit alle
sünder seind, alle wider Gott thun. Wann wirs bekennen und Gott in 15
seinem gesatz, damit er uns sünder beweiset, recht geben nit als die
gleißner, wöllen frumm und gerecht sein, darmit Gott müste in seinen
worten ein lugner sein, das sey dann der preiß Gottes, nitt das wir die
sünd thun, sonder das wir sye bekennen. Uß dißem ists nun klar, das
Paulus, so er spricht: ich red nach dem menschen oder uff menschlich 20
weiß, das er in der person der menschen, die von Gott nichts wissen und
Gotts wort uffs ergst ußlegen, redet und nit in eygner person, das er
daruß wolte anzeygen, er kündte auch yrren als ein mensch und was
underscheydt es sey zwischen dem, das er von dem seinen, und dem, das er
von anwähen des geists redet, dann er das nit von dem seinen, sonder 25
von den menschen, die von Gott nichts wissen, redet. Item Gal. iii. [15]
spricht Paulus noch einmal: Ich red nach dem menschen, man veracht doch
des menschen testaments nitt etc. Das ist aber abermal uff des Tregers meynung
nit geredt, sonder wie yetzt gesagt, ist es als vil als so er sprich, ich red
uff menschlich weiß oder von menschlichem testament. Und will damit 30
gar nit anzeygen, das er als ein yrrender mensch do rede, dann er die
warheit Gottes als ein Apostel redet. Braucht allein ein menschlich
gleichnüß, das die schrifft allenthalben thut.
Gleichen verstandt beweiset er in dem, das er diß sein meynung zu
beweren auch das anzeygt, das Paulus ii. Corint. xi. [16ff], do er sich 35
rümet, spricht: ich red als ein thorechter, das dann Paulus sagt, uff die
person des gegentheyls und der Corinthern, als wolt er sagen: Ich weissz
wol, das sich selb rümen ein dorecht ding geacht ist. Darumb lasszts
sein, ich rede als ein thor, nement mich allein an als ein thorechten, ir
vertragt doch gern die narren, dieweil ir klug seyt. Was ich red, red ich 40
nitt dem herren nach, sonder als ein der thorheit, dieweil wir in das
l) kata antropos.