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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 2): Schriften der Jahre 1524 - 1528 — Gütersloh, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.29139#0091
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SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528

schrifft gern wolten anhangen und menschen leer faren lassen, wo sye
mit der schrifft nit übereinkummen, wir seyen ein wore christliche
Gemeyn, so sagen ir, es sey nit, ir seyents.

Nun ein einfeltig mann, der gern die wor Kirch hören wolt und
glauben, wie sye glaubt, hört uns beyde theyl der kirchen nammens 5
berümen, welchen soll er dann folgen? Er darff den grossen hauffen
nit ansehen, denn der Thürcken seind noch mer dann ewer. So ists wor,
das wenig erwölt seind und vil berüffen 124 und das den schmalen
weg zum leben wenig gon 125. so ist das auch wor: bey iren früchten
werden ir sye kennen [Mt 7,16]. Nimpt er dann war ewer leere, so ist sye 10
der leere Christi gantz ungleich. Ewer ist: bring här, trag här, bissz 126
uns gehorsam, so sagt Christus als: kummen und nempt von mir ver-
gebens 127 und hörent nit mein, sonder meins vatters stymm 128, ich red
nichts von mir selb [Jo 12,49], ich such mein eer nit etc. [Jo 8,50]. Am eüsser-
lichen leben, do findet er wol platten und kutten, aber do bey allen geytz, 15
zorn, mordt, huren, ungenannte unkeüscheit - und das bey den aller-
heyligsten zu Rom, bey sant Peters nochkummen. Wendet er sich zu
uns, ob er schon nit überschwenckliche heyligkeit findet des lebens, so
ist es doch den götlichen gesatzen etwas näher dann das ewer. Es sey
dann nit göttlichem gebott näher, ein eygen eeweib haben, dann eim 20
andern die sein vorhalten oder sunst ein huren haben, und für täglich
arbeit im wort blosse narung nemen, dann vil pfrunden besitzen und
nichts thun dann etlich stund im tag heülen, das sie selb nit verston.
Nimpt man dann unser leer acht, so predigen wir nur die schrifft und
F 4 b erbyeten uns des todts, wo ir anders kündt beybringen. | Doch so hört 25
der gut mann von eüch, ir seyent die kirch, wir ketzer, und ob ir schon
nit wol lebt z, so häben ir doch den gewalt und die rechte leer. Dann so
sagen wir aber, wo ir unser predig, die nit unser, sonder das gewissze
gotts wort ist, widerfechten und hyndern wöllt, dass ir seyen Wider-
christen, falsch apostel und propheten. Wo soll er dann auß? 30

Du spottest unser seer, das wir sagen, man sey der Kirchen nit gewissz,
wo und wer sye seyen 129. Zeyg du nun disem guten mann, welches die
kirch sey, das sein hertz zu rugen sey. Sagstu, ir häbent die alten brieff
man häb ob tausent jaren also glaubt 130, so zeyg ich dir die schrifft

z) »nit« fehlt im Bucer-Original.

124. Vgl. Mt 20,16.

125. Vgl. Mt 7,14.

126. Sei.

127. Vgl. Mt 10,8.

128. Vgl. Jo 7,16ff.

129. Vgl. unten, Par 42-45.

130. Vgl. unten, Par 41 (S. 120f.).
 
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