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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 2): Schriften der Jahre 1524 - 1528 — Gütersloh, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.29139#0097
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SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528

annimpt, es sey in der schrifft oder uß der schrifft gegründet, das soll
man halten. Das seind die scharpffen Magistri nostri, das seind ire
scharpffen subtilen argument, gleich als ob die wore kirch Christi etwas
uß eygem gewalt oder in der schrifft nit gegründt, könde oder möchte
setzen oder zu glauben fürgeben. Also, was ein frummer, redlicher
Ammeister gebeütet, das soll ein yeder frummer bürger thun. Dahär
folget aber nit, was er heysse uß eygem gewalt oder beweren, es sey in
der Stattordnung begriffen und gemeynem nutz fürderlich oder nit, das
solchs ein frummer burger thun soll. Dann ein frummer redlicher
Ammeister nichts uß eygenem gewalt oder das gemeyner statt nit fürder-
lich sey und in der ordenung nit begriffen, yemants von der burgerschafft
gebyeten würt. Also auch, die wore christlich kirch kan den gottgläubi-
gen nichts dann gottes wort zu glauben fürgeben und gantz nichts uß
eygem gewalt. Und seitenmal in der schrifft alles guts begriffen ist, kan
noch mag sye nichs, dann was in göttlicher schrifft gegründt ist, zu
glauben fürgeben und das uß gewalt und befelch Christi ires gesponßen,
G 3 a und mit nichten uß | irem gewalt, Ja, sye redet es darzu nitt, sonder
der geist des vatters, so in ir ist. Matthei. x. [20].

Ja, dein arguieren ist eben, als so einer sagt: was ein frummer gerechter
mann sein weib heysset, das soll sye thun, ergo, was yn glusten mag.
Und so er sye heyessz zu einem andern man ligen, so soll sye es thun.
Wer würt dich nit verlachen mit solchen tölpischen, lammen zotten?
Ein yeder sagte, ist der mann frumm, so heysszt es sye nit was yn glusten
möcht oder zu einem andern mann zu ligen, sonder was recht und gött-
lich ist. Also die wore Kirch, dieweil die Gott glaubt und ym zu glauben
lernet, so mussz sye nit ir eygen, sonder Gottes wort allein und das uß
befelch Gottes zu glauben fürgeben. Alles aber, das Gott will geglaubt
haben, hat er in seiner schrifft ußgedruckt 147. Dann sye weiß machet
zur seligkeit, darumb sye nit kan ein gesponß Christi sein und etwas
nitt in der schrifft gegründet oder uß eygem gewalt zu glauben fürgeben.

Christgläubig nit Wir seind Gott und christgläubig, nit kirchgläubig, das dann wer, so
kirchgläubig wir iren und nit allein den blossen worten Gottes glaubten. Ach, du
armer Treger, was künde doch nit die kirch uff erden, sonder die im
hymmel zu dem thun, das in der schrifft klärlich und hell ist ußgedruckt ?
O glaubten wir dasselbig, wie frumm und heylig weren wir.

Zum dritten, das du für ungezweiffelt dargybst, der letst spruch in
sachen des glaubens sey der kirchen, das du in dem xxiiii. Paradoxo
daruß beweren wilt, die kirch möge in keim fal yrren, es solle ir auch
menigklich in allen dingen gehorsamen, ist zumal lächerlich. Dann du
als ein grosser dialecticus, dieweil uns das noch nitt bewert ist, soltest
es zuvor bewert haben. Symon war auch uff Christum gebawen unnd

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147. Vgl. 2 Tim 3,16.
 
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