Metadaten

Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 2): Schriften der Jahre 1524 - 1528 — Gütersloh, 1962

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29139#0108
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
HANDEL MIT CUNRAT TREGER

103

Die xxxii. Wunderred.

Sehent nun zu, wie gottloßlich sich ettlich yrren, ja mer wie eilend sye C. treger
ire muter, die überheylige kirch 171, die sye in Christo geporen hat, die
sye eeren solten, zezerren und zur schanden dar stellen o.

5 Die xxxiii. Wunderred.

Dann sye unbedachtlich schwetzen, sye häbe in der uffopferung des
leibs Christi so vil hundert jar mer dann ein laster der abgöttery begangen,
und blappern ußher mit vergiffter zungen, sye habe ser schandtlich
geyrret in annemung der sacramenten und andern sechshundert 171a für-
10 nemen geheymnüßen des glaubens.

Der Treger ist aber zornig, doch nit on ursach. dann er der Messz M. Butzer
gedenckt und Sacramenten, die seinem hauffen wol mer dann das halb
gut, so weit der Bapst ein herre ist, haben zubracht. Solt dann in solchem
geyrrt sein, möchten Fürsten, Edle und andere das groß gut als ynen
15 unbillich abgenommen und abgelogen wider wöllen haben, damit
müsten bettler wider zu bettlern werden, das thät wee. Ee solten solche
leüt neün Evangelia und Gott selb verleücken. Ich hab dir droben
wider die xxii. wunderred gesagt, Treger, die wore Kirch, das ist, die
gemeyn so uff Christum gegründt und befestet ist, yrre nit in haubt-
20 stücken und notwendigen artickeln des glaubens, nemmlich das die
schrifft Gottes wor seye und wie sye lernet, das wir durch Christum
allein uß gnaden frumm und selig werden, davon weicht sye nymmer.

Daneben aber ist vil von menschen yngefürt in der färlichen zeyt des
Widerchristischen reichs, do sein wort under der banck hatt müssen
25 ligen1 72, do geregiert haben die | leüt, die Paulus beschreibt, ii. Timoth. H4a.
iii. [2f.] die vil von yn selb halten, geytzig, stoltz, hochfertig, lesterer seind etc.,
die ein gestalt haben eins gottseligen wandels und aber sein krafft
verleücken, das Gott durch sein wunderbarlich urteyl seinen erwölten
hat lassen zum theyl verborgen sein, zum theyl ob sye es erkant haben,

30 den geist doch nit geben offentlich do wider zu reden.

Also mag sein, das vil lieber heyliger leüt haben Messz gehalten, wie Entschuldigung der alten
der Bäpstlich canon inhalt, haben auch Firmung, Ölung und beicht

o) lacerent et prostituant (Or).

171. Seit Cyprians bekannter Formulierung »Habere non potest Deum patrem,
qui ecclesiam non habet matrem« (De ecclesiae unitate 6) blieb die Bezeichnung der
Kirche als Mutter (der Christen) geläufig (vgl. etwa Augustin, MPL 32, 1336f.).

171a. »Sescenti« kann neben dem Zahlenwert auch »eine große Anzahl« bezeichnen.

172. Verachtet werden. Eine in der Reformationszeit geläufige Redensart, vgl.
Grimm I, 1107.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften