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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 2): Schriften der Jahre 1524 - 1528 — Gütersloh, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.29139#0266
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Einleitung

Der Ausbruch des Streites um Martin Bucers Übersetzung des Bugen-
hagenschen Psalmenkommentars (Näheres in der Einleitung, S. 175 ff.)
kam zumindest für Capito in Straßburg nicht unerwartet. Er hatte schon
nach der Beendigung des Druckes, am 6. Januar 1526, an Zwingli ge-
schrieben: Quam studium hominis (sc. Buceri) Wittenberga probatura
sit, experiemur brevi 1 2. Schon vorher hatte er Bucer geraten, seine eigene
Meinung über das Abendmahl den Lesern gesondert mitzuteilen. Aber
Bucer - rusticus noster - sei so töricht (stultus) gewesen, Bugenhagens
Freibrief für die Übersetzung ganz wörtlich zu nehmen; in Wirklichkeit
seien Bugenhagens Worte als Höflichkeitsfloskel (rhetorica figura) zu
verstehen gewesen, wie Capito am 26. September 1526 an Zwingli
schreibt 2.

Zwingli hatte Bucer sogar von der Übersetzung des Psalters Bugen-
hagens und der Kirchenpostille Luthers ganz abgeraten 3. Bucer
entschuldigt sich später bei Zwingli damit, die Übersetzung sei schon
zur Hälfte fertig gewesen, als die Mahnung eintraf 4.

Bis zum Sommer 1526 blieb Bucers Abendmahlsinterpretation im
deutschen Psalmenkommentar in Wittenberg unbekannt. Johann
Bugenhagen schildert in seiner Verteidigungsschrift, wie er von Bucers
Eigenmächtigkeit erfahren habe: Fast ein halbes Jahr nach dem Erschei-
nen der deutschen Übersetzung sei ein Augsburger Theologe - wahr-
scheinlich Frosch oder Stephan Agricola 5 - nach Wittenberg gekommen
und habe berichtet, daß die Lehre der Sakramentierer in die Psalter-
übersetzung eingeschoben worden sei. Zuerst sei er erstaunt gewesen.
Als jener dann sagte, man nehme nun an, die ganze Wittenberger
Schule denke so, habe er gelacht und geantwortet, wenn er, Pomeranus,
so schreibe, könne niemand daraus auf die ganze Schule schließen. Doch
dann seien ihm auch Bedenken gekommen, denn er habe selbst in der
Vorrede an den Kurfürsten in diesem Sinne geschrieben, und Luther
und Melanchthon hätten in zwei Vorreden den Psalmenkommentar
empfohlen. Darum sei er zu einer Richtigstellung gezwungen 6.

Martin Bucer erwartete zuerst nur eine gedruckte Entgegnung aus
der Feder Luthers. Am 9. Juli 1526 schreibt er an Zwingli, er sei nun
gleich ihm mit dem Unwillen der Wittenberger beladen. Pomeranus
- cuius psalterium veritate conspurvaci - drohe schrecklich und wolle

1. Vgl. CR 95, Zw 8, S. 477.

2. Vgl. CR 95, Zw 8, S. 724f.

3. Vgl. Amica exegesis, CR 92, Zw 5, S. 597.

4. Vgl. CR 96, Zw 9, S. 71.

5. W. Köhler I, S. 360, Anm. 2

6. Vgl. Oratio, S. A 4 b-A 5 a.
 
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