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SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528
Seboldt: Wer leugnets?
Arb.: Wie sagstu dann, das wir unseren verstandt nit gewiss machen ?
Ir bringt uns erst eyn newes, daß wir in auch leiblich im brodt heben
und essen sollen. Das steht euch nun zu beweren. Thut ir das nit, als
C 7 b irs nit vermögt, so sind wir euch nit schuldig zu glau-|ben, lassen ewer 5
ungewisses faren und bleiben bey unserm gewissen. Also so ir herfür-
bringend: wer von dem brot unwirdig isset, wirt schuldig am leib Christi
[I Cor 11,27], sagen wir, wer das Sacrament des leibs Christi verachtet,
das derselb den leib Christi selb verachtet, wie der Christum selb ver-
wirfft, der seine Apostel verwirfft 131. Ist dem also oder nit? 10
Seb.: Ich kans nit leugknen.
Arbo.: Ey, so ist unser ding gewiss und das ewer ungewiss. Also
sagt ir freilich selb, das brodt und wein seyen zeychen des leibs und
bluts Christi, das dann D. Luther selb offt geschriben hat. Darumb ist
in dem unser ding gewiss. 15
9 Wer auß quod quale mache und accidens neme für substantia.
Seboldt: Yetz x falt mir eyns zu, das wolt ich lengest gefragt haben. Du
bist auch auff der hohen Schul gewesen. Was ists, das die euwern quod
pro qualiter nemen, accidens pro substantia, wie sie D. Luther zeucht 132 ?
Arbo.: Er meynet, so die unsern auß den worten: welcher für euch 20
geben wirt [Lc 22,19] wöllen schliessen, das das brodt nit möge der leib
Christi leiblich sein und wesenlich, dann so der herr hynzugesetzet hab:
der für euch geben wirt, so müßte er leiblich da sein, wie er für uns geben
ist. Diß argument wil er dem gleich machen: »Der Schultheiß ist nit
mit seinen roten hoßen im bad, darumb ist er nit drinnen 133«. 25
Seb.: Wolan, da syhestu, wie die deinen felen.
C 8 a Arbo.: Beyta 134,Seboldt. Laß mich vor antworten. | Sag du mir:
Wenn ich sprech, sehe da, das ist mein mantel, den ich dir schencken
wil, würdest nit dadurch verstehn, ich wolte dir eben denselbigen mantel
schencken in seiner gestalt, form und farb, wie ich in dir zeyget und 30
bötte?
Seb.: Ja.
Arb.: Nun da der Herr sagt: Nemet, esset, das ist mein leib, der für euch
hyngegebeny wirt [I Cor 11,24], da hat er mit dem wörtlin >mein< und
dem wörtlin > welcher < die red eben auff denselbig leiblichen z, sterb- 35
lichen, tödtlichen leib, der am creutz für uns geben ist, gezogen und die
x) Yetzt B. - y) hyngeben B. - z) leiplichen B.
131. Vgl. Lc 10,16.
132. Vgl. WA 26, 301, 21-22.
133. Vgl. WA 26, 301, 25—26.
134. Warten.
SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528
Seboldt: Wer leugnets?
Arb.: Wie sagstu dann, das wir unseren verstandt nit gewiss machen ?
Ir bringt uns erst eyn newes, daß wir in auch leiblich im brodt heben
und essen sollen. Das steht euch nun zu beweren. Thut ir das nit, als
C 7 b irs nit vermögt, so sind wir euch nit schuldig zu glau-|ben, lassen ewer 5
ungewisses faren und bleiben bey unserm gewissen. Also so ir herfür-
bringend: wer von dem brot unwirdig isset, wirt schuldig am leib Christi
[I Cor 11,27], sagen wir, wer das Sacrament des leibs Christi verachtet,
das derselb den leib Christi selb verachtet, wie der Christum selb ver-
wirfft, der seine Apostel verwirfft 131. Ist dem also oder nit? 10
Seb.: Ich kans nit leugknen.
Arbo.: Ey, so ist unser ding gewiss und das ewer ungewiss. Also
sagt ir freilich selb, das brodt und wein seyen zeychen des leibs und
bluts Christi, das dann D. Luther selb offt geschriben hat. Darumb ist
in dem unser ding gewiss. 15
9 Wer auß quod quale mache und accidens neme für substantia.
Seboldt: Yetz x falt mir eyns zu, das wolt ich lengest gefragt haben. Du
bist auch auff der hohen Schul gewesen. Was ists, das die euwern quod
pro qualiter nemen, accidens pro substantia, wie sie D. Luther zeucht 132 ?
Arbo.: Er meynet, so die unsern auß den worten: welcher für euch 20
geben wirt [Lc 22,19] wöllen schliessen, das das brodt nit möge der leib
Christi leiblich sein und wesenlich, dann so der herr hynzugesetzet hab:
der für euch geben wirt, so müßte er leiblich da sein, wie er für uns geben
ist. Diß argument wil er dem gleich machen: »Der Schultheiß ist nit
mit seinen roten hoßen im bad, darumb ist er nit drinnen 133«. 25
Seb.: Wolan, da syhestu, wie die deinen felen.
C 8 a Arbo.: Beyta 134,Seboldt. Laß mich vor antworten. | Sag du mir:
Wenn ich sprech, sehe da, das ist mein mantel, den ich dir schencken
wil, würdest nit dadurch verstehn, ich wolte dir eben denselbigen mantel
schencken in seiner gestalt, form und farb, wie ich in dir zeyget und 30
bötte?
Seb.: Ja.
Arb.: Nun da der Herr sagt: Nemet, esset, das ist mein leib, der für euch
hyngegebeny wirt [I Cor 11,24], da hat er mit dem wörtlin >mein< und
dem wörtlin > welcher < die red eben auff denselbig leiblichen z, sterb- 35
lichen, tödtlichen leib, der am creutz für uns geben ist, gezogen und die
x) Yetzt B. - y) hyngeben B. - z) leiplichen B.
131. Vgl. Lc 10,16.
132. Vgl. WA 26, 301, 21-22.
133. Vgl. WA 26, 301, 25—26.
134. Warten.