9. Februar 2001
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sogenannten offenen Billards, also Systemen, in denen die Mikrowellenleistung durch
einzelne Zerfallskanäle (Antennen) oder ein Kontinuum (Billardwände mit einer end-
lichen Leitfähigkeit) ausgekoppelt wird. Hier wird schließlich nicht nur durch die
Messung der Eigenfrequenzen und der Resonanzbreiten, sondern auch der Eigenvek-
toren, d. h. der Verteilung der elektrischen Felder im Inneren von Billards besonders
in der Umgebung ausgezeichneter Punkte, die mathematisch Wurzelsingularitäten
(Verzweigungspunkte, die zwei Riemannsche Blätter im Komplexen verbinden) ent-
sprechen, die Leistungsfähigkeit von Experimenten zum Billardspiel mit Mikrowellen
nochmals eindeutig belegt.
Sitzung der Phil.-hist. Klasse
am 9. Februar 2001
Der Sekretär dankt vor Eintritt in die Tagesordnung Herrn Wolgast dafür, daß er seit
Oktober die Amtsgeschäfte für ihn wahrgenommen habe. Er begrüßt Herrn Volker
Sellin als neugewähltes Mitglied der Klasse.
1. Herr Wilhelm Kühlmann hält einen Vortrag: „Der Frühparacelsismus als wissen-
schaftliche Bewegung im Lichte seiner Gegner“
Unter ‘Paracelsismus’, einem bereits zeitgenössischen Begriff, haben wir eine histo-
risch weitreichende szientifische, zugleich gesellschafts- und wissenschaftskritische
Reformbewegung zu verstehen, die sich ab etwa 1560 in einer spektakulären Publika-
tionsoffensive Bahn brach. Innerhalb und außerhalb des Reiches wurden in Berufung
auf Paracelsus naturkundliche, darunter anthropologische, bald aber auch theosophi-
sche Theorieformationen systematisiert, die jenseits der konfessionalistischen Fronten
maßgeblichen Einfluß auf verpönte Gruppen des häretischen Protestantismus ausüb-
ten (Schwenkfeldianer, Weigelianer, Rosenkreuzer und Anhänger Jakob Böhmes).
Wesentliche Positionen der paracelsistischen „Partei“ (d. h. der „sectatores Paracelsi“)
lassen sich beschreiben
a) in der methodologischen, doxographischen und erkenntniskritischen Ablehnung
der akademischen (galenistischen) Medizin und der aristotelischen Naturdoktrin, d.h.
aber generell der humanistisch-textexegetischen ‘Naturphilologie’;
b) in der Begründung des eigenen spirituellen oder verhaltenstypischen Habitus im
Rechtfertigungskontext alchemisch-experimenteller Anstrengungen, zumeist begleitet
von geschichtstheologischen und sozialphilosophischen Legitimationsmodellen, nicht
selten zugleich in der Absicherung eines ganzheitlichen, auch kosmologisch gegrün-
deten Heilswissens. Die wissenschaftliche Moderne galt den Paracelsisten, auch unter
Berufung auf manche Pseudo-Paracelsica, als - immer wieder joachimitisch interpre-
tierte - Epoche sowohl einer Restauration des verlorenen Wissens als auch einer
Offenbarung adeptischer Weisheit, deren Dignität sich mit der Gründergestalt des
sagenhaften Hermes Trismegistos (also im Rückgriff auf den europäischen ‘Hermetis-
mus’) bestätigen ließ. Dies zeigte sich auch in der platonisierenden Spiritualisierung
des naturkundlichen Schrifttums, oft im Rahmen einer Physica Sacra, schließlich in der
Entwicklung einer spekulativen Theo-Alchemie, die im „lapis philosophorum“ das
Symbol einer endzeitlichen Perfektion der Materie, ja der Welt insgesamt erblickte.
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sogenannten offenen Billards, also Systemen, in denen die Mikrowellenleistung durch
einzelne Zerfallskanäle (Antennen) oder ein Kontinuum (Billardwände mit einer end-
lichen Leitfähigkeit) ausgekoppelt wird. Hier wird schließlich nicht nur durch die
Messung der Eigenfrequenzen und der Resonanzbreiten, sondern auch der Eigenvek-
toren, d. h. der Verteilung der elektrischen Felder im Inneren von Billards besonders
in der Umgebung ausgezeichneter Punkte, die mathematisch Wurzelsingularitäten
(Verzweigungspunkte, die zwei Riemannsche Blätter im Komplexen verbinden) ent-
sprechen, die Leistungsfähigkeit von Experimenten zum Billardspiel mit Mikrowellen
nochmals eindeutig belegt.
Sitzung der Phil.-hist. Klasse
am 9. Februar 2001
Der Sekretär dankt vor Eintritt in die Tagesordnung Herrn Wolgast dafür, daß er seit
Oktober die Amtsgeschäfte für ihn wahrgenommen habe. Er begrüßt Herrn Volker
Sellin als neugewähltes Mitglied der Klasse.
1. Herr Wilhelm Kühlmann hält einen Vortrag: „Der Frühparacelsismus als wissen-
schaftliche Bewegung im Lichte seiner Gegner“
Unter ‘Paracelsismus’, einem bereits zeitgenössischen Begriff, haben wir eine histo-
risch weitreichende szientifische, zugleich gesellschafts- und wissenschaftskritische
Reformbewegung zu verstehen, die sich ab etwa 1560 in einer spektakulären Publika-
tionsoffensive Bahn brach. Innerhalb und außerhalb des Reiches wurden in Berufung
auf Paracelsus naturkundliche, darunter anthropologische, bald aber auch theosophi-
sche Theorieformationen systematisiert, die jenseits der konfessionalistischen Fronten
maßgeblichen Einfluß auf verpönte Gruppen des häretischen Protestantismus ausüb-
ten (Schwenkfeldianer, Weigelianer, Rosenkreuzer und Anhänger Jakob Böhmes).
Wesentliche Positionen der paracelsistischen „Partei“ (d. h. der „sectatores Paracelsi“)
lassen sich beschreiben
a) in der methodologischen, doxographischen und erkenntniskritischen Ablehnung
der akademischen (galenistischen) Medizin und der aristotelischen Naturdoktrin, d.h.
aber generell der humanistisch-textexegetischen ‘Naturphilologie’;
b) in der Begründung des eigenen spirituellen oder verhaltenstypischen Habitus im
Rechtfertigungskontext alchemisch-experimenteller Anstrengungen, zumeist begleitet
von geschichtstheologischen und sozialphilosophischen Legitimationsmodellen, nicht
selten zugleich in der Absicherung eines ganzheitlichen, auch kosmologisch gegrün-
deten Heilswissens. Die wissenschaftliche Moderne galt den Paracelsisten, auch unter
Berufung auf manche Pseudo-Paracelsica, als - immer wieder joachimitisch interpre-
tierte - Epoche sowohl einer Restauration des verlorenen Wissens als auch einer
Offenbarung adeptischer Weisheit, deren Dignität sich mit der Gründergestalt des
sagenhaften Hermes Trismegistos (also im Rückgriff auf den europäischen ‘Hermetis-
mus’) bestätigen ließ. Dies zeigte sich auch in der platonisierenden Spiritualisierung
des naturkundlichen Schrifttums, oft im Rahmen einer Physica Sacra, schließlich in der
Entwicklung einer spekulativen Theo-Alchemie, die im „lapis philosophorum“ das
Symbol einer endzeitlichen Perfektion der Materie, ja der Welt insgesamt erblickte.