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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2001 — 2002

DOI chapter:
I. Das Geschäftsjahr 2001
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Gesamtsitzung am 14. Juli 2001
DOI article:
Kirchhof, Paul: Antrittsrede vom 14. Juli 2001
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https://doi.org/10.11588/diglit.66350#0090
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14. Juli 2001

101

2. Der Haushalt 2001 wird ohne Gegenstimme verabschiedet.
3. Der Bericht des Rechnungsprüfungsausschusses für das Jahr 2000 wird in Vertre-
tung von Herrn Laufs durch Herrn Bautz gegeben. Die Akademiemitglieder stim-
men dem Bericht zu. Der Vorstand wird entlastet.
4. Der Präsident berichtet
- über die Sitzung der Senatskommission der Union, in der unsere Projekte
„Luther-Register“, „Weltkarte der tektonischen Spannungen“ und „Cusanus-
Edition“ positiv verabschiedet wurden. Die Behandlung der „Radiometrie“
wurde vertagt, weil die Senatskommission nur eine Tischvorlage hierzu hatte.
- über Kommissionssitzungen seit der letzten Gesamtsitzung,
Wissenschaftliche Sitzung
Herr Paul Kirchhof hält seine Antrittsrede
Herr Präsident, meine Damen und Herren,
Sie haben mich zum ordentlichen Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissen-
schaften gewählt und geben mir damit Anlass, Ihnen einen herzlichen Dank zu sagen:
Für die Anerkennung, die in dieser Aufnahme in einen Kreis herausragender Gelehr-
ter zum Ausdruck kommt; für das Vertrauen, das Sie damit in meine Arbeit setzen; für
die Chance, im zukünftigen wissenschaftlichen Austausch mit Ihnen an Ihren
Erkenntnissen, Erfahrungen und Einsichten teilhaben zu dürfen.
1. Wenn ich Ihnen in einigen biografischen Bemerkungen andeuten darf, was mein
Fach, das Staatsrecht, zur Arbeit der Akademie beitragen kann, so verweise ich
zunächst auf die Wurzeln dieses Rechts in Geschichte, Philosophie und Sprache. Das
Grundgesetz ist das Gedächtnis der Demokratie, das historische Erfahrungen, erprob-
te Werte und bewährte Institutionen in Sprache begreift und verbindlich an die
Zukunft weitergeben will. Diese Verfassung enthält nicht nur eine programmatische
Staatskonzeption, sondern verbindliches Recht. Sie gibt jedem von der deutschen
Staatsgewalt betroffenen Menschen einklagbare Rechte und schafft eine eigene - die
dritte - Staatsgewalt, die dem Einzelnen gegenüber Parlament, Regierung und Verwal-
tung im Bundesverfassungsgericht Waffengleichheit zur Durchsetzung seiner indivi-
duellen Rechte gewährt. So gewinnt das Grundgesetz Gestaltungskraft und kann zu
einem Fundament unseres Staates und seiner Rechtsordnung werden.
Die Frage nach der Verbindlichkeit und Wirkungsmacht eines friedensstiftenden
und freiheitswahrenden Rechts beschäftigt mich, seit mir das Phänomen „Recht“
bewusst geworden ist. 1943 in Osnabrück geboren, hatte ich das Glück, in einer
großen Familie mit sechs Kindern aufzuwachsen, in der die Mutter sich gänzlich der
Erziehung ihrer Kinder widmet und ihnen damit bevorzugte Entfaltungschancen bie-
tet. Diese Familie erlebt, nachdem mein Vater seit der Gründung des Bundesgerichts-
hofes in Karlsruhe tätig und später Mitglied des zweiten Strafsenats geworden war, die
schönen Gründerjahre unseres Rechtsstaates in der Residenz des Rechts, war aber spä-
ter auch von den Bedrohungen des Rechts und seiner Organe mitbetroffen und auf
staatlichen Schutz angewiesen. Während wir Anfang der 50er Jahre als Kinder auf dem
kleinen Hügel, auf dem das Gerichtsgebäude steht, Schlitten gefahren sind, wurde die-
ses Gericht später eher eine Festung.
 
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