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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2001 — 2002

DOI Kapitel:
I. Das Geschäftsjahr 2001
DOI Kapitel:
Gesamtsitzung am 10. Februar 2001
DOI Artikel:
Honerkamp, Josef: Antrittsrede vom 10. Februar 2001
DOI Artikel:
Raible, Wolfgang: Wie neu sind die "Neuen Medien"?
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.66350#0031
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Sitzungen

von Planeten bezeichnen würden. Damit und mit dem darauf aufbauenden Werk von
Newton begann die Entwicklung der modernen Naturwissenschaften. Die Erzeugung
dieses Datenpools, aus dem Kepler seine Gesetze entwickelte, bedeutete für Tycho
Brahe ein Lebenswerk. Die heutigen Möglichkeiten der automatischen Mess- und
Syntheseverfahren unter kontrolliertesten Bedingungen führen das Maß der Beschleu-
nigung in unserer heutigen Zeit besonders deutlich vor Augen. Mit Hilfe mathemati-
scher Methoden, mit denen man aus einer solchen Datenfülle Information und Hypo-
thesen generieren und damit dann wieder Ordnung und Übersicht gewinnen kann,
wird wohl nicht eine neue Qualität wissenschaftlichen Denkens entstehen, wahr-
scheinlich aber eine verstärkte Anregung zu wissenschaftlichen Ansätzen und Ideen
geschehen.
Meine Damen und Herren, Sie haben mich in die Akademie aufgenommen. Ich
freue mich, einer solch interessanten und interdisziplinären Gemeinschaft angehören
zu dürfen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Herr Wolfgang Raible hält einen Vortrag: „Wie neu sind die ‘Neuen Medien’?“
Wenn wir Tageszeitungen aufschlagen, lesen wir permanent Formeln wie „immer
mehr... “, „immer weniger... “. Es handelt sich typischerweise um Extrapolationen,
die auf einer sehr schmalen Basis gemacht werden. Sie erweisen sich nur extrem selten
als realistisch: schon aus der Distanz von zehn oder 20 Jahren wirken sie eher erhei-
ternd.
Einen typischen Stein des Anstoßes für solche Extrapolationen bilden heute „die
neuen Medien“, also diejenigen Kommunikationsformen, die durch elektronische Trä-
germedien möglich geworden sind. Zu ihnen zählt insbesondere das Internet.
Statt in diesem Kontext den existierenden aufgeregten Theorien noch eine weitere
hinzuzufügen, ist es ratsam, sich der Geschichts-Konzeption von Fernand Braudel -
er war korrespondierendes Mitglied dieser Akademie - zu erinnern: was wir in der
Gegenwart beobachten, die conjonctures, sieht für uns immer aus wie das Auf und Ab
von Börsenkursen. Prognosen, die sich auf das hic et nunc stützen, sind hier seriöser-
weise nicht zu machen (Börsen-Analysten, die einen solchen Anspruch erheben, sind
eher Wahrsagern zu vergleichen).
Hinter einem sochen Auf und Ab kann bei einer distanteren Betrachtung jedoch
eine mittelfristige Entwicklung deutlich werden, die weniger exaltiert, sondern eher
stetig verläuft. Die mittelfristigen Prozesse überlagern ihrerseits langfristige, die über
Jahrhunderte gehen. Typischerweise treten sie überhaupt nicht in unser Bewusstsein;
dafür sind sie aber um so hartnäckiger und unerbittlicher.
Der Vortrag hatte zum Gegenstand, dass die Kommunikationsform des Internet
den derzeitigen Endpunkt einer solchen langfristigen Entwicklung darstellt, die unse-
re Schriftkultur namentlich im Bereich der Wissenschaft genommen hat. Das Grund-
problem besteht darin, dass die Zahl der wissenschaftlichen Publikationen steigt und
ihr Publikationsrhythmus zunimmt. Trotzdem sollen sie alle rezipiert werden; und
dass umgekehrt derjenige, der wissenschaftlich publiziert, mehr und schneller lesen
und seinerseits publizieren muss. Wie dieser Prozess seit dem 17. Jahrhundert verläuft,
lässt sich schön an (natur-)wissenschaftlichen Publikationen, insbesondere an wissen-
schaftlichen Zeitschriften verfolgen.
 
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