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Sitzungen
ster und PennState) zu folgen. Meine Leidenschaft gilt weiterhin der Hirnforschung,
der Frage, was wir als Nicht-Mediziner mithilfe nicht-invasiver bildgebender Verfah-
ren über Hirnfunktionen erfahren können, die der Vielfalt unseres Erlebens, Denkens
und Verhaltens zugrunde liegen. Diese Frage ist, geprägt duch die Konstanzer Beson-
derheit einer 1969 von Herrn Cohen eingerichteten Forschungsstation der Klinischen
Psychologie an einer Psychiatrischen Klinik, inzwischen untrennbar auch mit der
Zusatzfrage verbunden, welche Erkenntnisse wir mit unseren Methoden über verän-
derte Hirnfunktionen etwa bei verändertem Erleben und Verhalten im Zuge psychia-
trischer und neurologischer Störungen gewinnen können.
Ich hatte eingangs bereits auf die von mir angezweifelte Rechtfertigung einer Aus-
zeichnung als Akademie-würdige Wissenschaftlerin hingewiesen. Diese Zweifel wer-
den auch genährt dadurch, dass ich mich in Forschung, Lehre und universitärem
System als ein Rädchen in einem größeren Getriebe betrachte, einem System, an dem
viele beteiligt sind und in dem ich wahrhaftig nicht als Motor oder Zündung wirke,
sondern höchstens ab und zu als das Tröpfchen Öl, das das Getriebe schmiert und zum
Voranlaufen beiträgt.
Eine kleine inhaltliche Kostprobe von dem, was unser System produziert, werde ich
im Januar geben. Daher möchte ich Ihre Zeit und Geduld jetzt nicht weiter strapazie-
ren und mich noch einmal bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie mich in Ihrem Kreis
akzeptieren.
Herr Paul Leiderer hält seine Antrittsrede:
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Über die Aufnahme in die Akademie habe ich mich sehr gefreut. Gern nehme ich die
Gelegenheit heute wahr, mich Ihnen vorzustellen und Ihnen die wichtigsten Stationen
meines Lebenswegs zu schildern.
Geboren wurde ich am 9. April 1944 in Dorfen, einem kleinen Ort im Landkreis
Erding im Norden von München. Meine Eltern wohnten eigentlich in München,
meine Mutter war aber damals in diesen Kriegstagen evakuiert, und mein Vater war in
Russland. Im Alter von drei Jahren kam ich zurück nach München, bin dort aufge-
wachsen, zur Schule gegangen, und habe 1963 dort das Abitur gemacht. Dass ich
unbedingt Physik studieren wollte, war mir schon am Gymnasium klar, denn mich
faszinierte das Experimentieren und vor allem die Elektronik - dies war ja die Zeit, in
der das Basteln mit Transistoren in hoher Blüte stand. Ich habe daher an der TU Mün-
chen Physik studiert, und stand 1967 vor der entscheidenden Frage, auf welchem
Gebiet die Diplomarbeit zu machen sei. Entscheidend deswegen, weil das Thema der
Diplomarbeit häufig auf den weiteren Lebensweg ausstrahlt. So war es in der Tat.
Meine Wahl fiel auf eine Arbeitsgruppe, deren Leiter Ihnen wohlbekannt ist, denn er
ist Mitglied dieser Akademie: Klaus Dransfeld. Emer der Schwerpunkte seiner Grup-
pe war zu jener Zeit Helium und die Physik sehr tiefer Temperaturen nahe dem abso-
luten Nullpunkt, und sowohl meine Diplom- als auch meine Doktorarbeit haben des-
halb mit dieser Thematik zu tun. Beim Diplom ging es um den Josephsoneffekt in
suprafluidem Helium, ein Phänomen, bei dem Teilchen- und Wellencharakter der
Materie gleichzeitig eine entscheidende Rolle spielen. Gegenstand der Doktorarbeit
war festes Helium (hierzu muss man das Helium unter einen Druck von mindestens
Sitzungen
ster und PennState) zu folgen. Meine Leidenschaft gilt weiterhin der Hirnforschung,
der Frage, was wir als Nicht-Mediziner mithilfe nicht-invasiver bildgebender Verfah-
ren über Hirnfunktionen erfahren können, die der Vielfalt unseres Erlebens, Denkens
und Verhaltens zugrunde liegen. Diese Frage ist, geprägt duch die Konstanzer Beson-
derheit einer 1969 von Herrn Cohen eingerichteten Forschungsstation der Klinischen
Psychologie an einer Psychiatrischen Klinik, inzwischen untrennbar auch mit der
Zusatzfrage verbunden, welche Erkenntnisse wir mit unseren Methoden über verän-
derte Hirnfunktionen etwa bei verändertem Erleben und Verhalten im Zuge psychia-
trischer und neurologischer Störungen gewinnen können.
Ich hatte eingangs bereits auf die von mir angezweifelte Rechtfertigung einer Aus-
zeichnung als Akademie-würdige Wissenschaftlerin hingewiesen. Diese Zweifel wer-
den auch genährt dadurch, dass ich mich in Forschung, Lehre und universitärem
System als ein Rädchen in einem größeren Getriebe betrachte, einem System, an dem
viele beteiligt sind und in dem ich wahrhaftig nicht als Motor oder Zündung wirke,
sondern höchstens ab und zu als das Tröpfchen Öl, das das Getriebe schmiert und zum
Voranlaufen beiträgt.
Eine kleine inhaltliche Kostprobe von dem, was unser System produziert, werde ich
im Januar geben. Daher möchte ich Ihre Zeit und Geduld jetzt nicht weiter strapazie-
ren und mich noch einmal bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie mich in Ihrem Kreis
akzeptieren.
Herr Paul Leiderer hält seine Antrittsrede:
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Über die Aufnahme in die Akademie habe ich mich sehr gefreut. Gern nehme ich die
Gelegenheit heute wahr, mich Ihnen vorzustellen und Ihnen die wichtigsten Stationen
meines Lebenswegs zu schildern.
Geboren wurde ich am 9. April 1944 in Dorfen, einem kleinen Ort im Landkreis
Erding im Norden von München. Meine Eltern wohnten eigentlich in München,
meine Mutter war aber damals in diesen Kriegstagen evakuiert, und mein Vater war in
Russland. Im Alter von drei Jahren kam ich zurück nach München, bin dort aufge-
wachsen, zur Schule gegangen, und habe 1963 dort das Abitur gemacht. Dass ich
unbedingt Physik studieren wollte, war mir schon am Gymnasium klar, denn mich
faszinierte das Experimentieren und vor allem die Elektronik - dies war ja die Zeit, in
der das Basteln mit Transistoren in hoher Blüte stand. Ich habe daher an der TU Mün-
chen Physik studiert, und stand 1967 vor der entscheidenden Frage, auf welchem
Gebiet die Diplomarbeit zu machen sei. Entscheidend deswegen, weil das Thema der
Diplomarbeit häufig auf den weiteren Lebensweg ausstrahlt. So war es in der Tat.
Meine Wahl fiel auf eine Arbeitsgruppe, deren Leiter Ihnen wohlbekannt ist, denn er
ist Mitglied dieser Akademie: Klaus Dransfeld. Emer der Schwerpunkte seiner Grup-
pe war zu jener Zeit Helium und die Physik sehr tiefer Temperaturen nahe dem abso-
luten Nullpunkt, und sowohl meine Diplom- als auch meine Doktorarbeit haben des-
halb mit dieser Thematik zu tun. Beim Diplom ging es um den Josephsoneffekt in
suprafluidem Helium, ein Phänomen, bei dem Teilchen- und Wellencharakter der
Materie gleichzeitig eine entscheidende Rolle spielen. Gegenstand der Doktorarbeit
war festes Helium (hierzu muss man das Helium unter einen Druck von mindestens