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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2001 — 2002

DOI Kapitel:
I. Das Geschäftsjahr 2001
DOI Kapitel:
Gesamtsitzung am 10. Februar 2001
DOI Artikel:
Mülhaupt, Rolf: Antrittsrede vom 10. Februar 2001
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.66350#0025
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Sitzungen

tralen Forschung bei der Firma E.I. Du Pont de Nemours & Co. In Wilmington/
Delaware (USA). Dieses Unternehmen zählt zu den weltweit führenden Unternehmen
der Kunststoffindustrie. In Du Ponts Experimental Station hatte der Chemiker Caro-
thers in den dreißiger Jahren den Kunststoff Nylon entdeckt. Seit den Pioniertagen
hatte die Forschung in Du Ponts Experimental Station sehr hohes wissenschaftliches
Niveau und bot viele Freiheiten, wie sie eher für Universitäten typisch sind. Der enge
Kontakt mit vielen Pionieren der technischen Makromolekularen Chemie vermittelte
mir tiefe Einblicke in die Geschichte dieses Faches, die nicht aus Lehrbüchern zu
erschließen sind. Nach schnellen Erfolgen bei der Entwicklung von neuen Katalysato-
ren für die Ethylenpolymerisation wurde ich fest angestellt und mit einer „Green
Card“ versehen. Die Forschung gestaltete sich sehr abwechslungsreich. Die Arbeiten
über Katalysatoren und Olefinpolymerisation führten mich zu Werken in Canada,
Oklahoma und Texas. Durch den Zusammenschluss der Firmen Du Pont und Conoco
erhielt ich die Möglichkeit, das petrochemische Unternehmen Conoco näher kennen
zu lernen. Neben der Katalyse und Polyolefinchemie befasste ich mich im Corporate
Center of Membrane Technology mit der Entwicklung von Membranmaterialien für
die Gastrennung, z. B. für die Rückgewinnung von Kohlendioxid bei der Erdölförde-
rung.
Das Leben in Wilmington unweit von Philadelphia im Kreis der amerikanischen
Kollegen war sehr angenehm und bot viele kulturelle und touristische Attraktionen.
Als die Firma Du Pont in den achtziger Jahren den Ausstieg aus der Kunststoffchemie
und die Neuorientierung der Forschung in Richtung „Life Sciences“ ankündigte,
begann ich mich nach anderen beruflichen Möglichkeiten in der Industrie umzusehen.
Mein Weg führte 1985 zum Schweizer Unternehmen Ciba-Geigy AG. Im For-
schungszentrum der Kunststoff- und Additiv-Division befasste ich mich mit der Ent-
wicklung von Klebstoffen, insbesondere für die Autodindustrie. Im engen Verbund
mit Produkt-, Verfahrensentwicklung und Marketing galt es, technologische Lösun-
gen für die Probleme der Autoindustrie zu erarbeiten. Die Arbeiten über die Schlag-
zähmodifizierung von Epoxidharzen waren sehr erfolgreich und führten zu neuen
Entwicklungen, die bis heute kommerziell genutzt werden. Nach Erfahrungen im
Bereich der Standardkunststoffe bei Du Pont gewann ich bei Ciba-Geigy neue Erfah-
rungen mit den sogenannten formulierten Systemen, die für Lacke, Klebstoffe und
Verbundwerkstoffe anwendungsspezifisch maßgeschneidert werden und auf Reakti-
onsharzchemie basieren. Neues Feld waren Entwicklungen von in-situ-Stabilisatoren,
die bereits während der Polymerisation zugesetzt wurden. Einen Teil meiner Freizeit
nutzte ich, um die Aspekte der praxisnahen Forschung in die Lehre an der ETH
Zürich einzubringen, wo ich einen Lehrauftrag hatte.
Im Jahr 1989 nahm ich den Ruf auf die C4-Professur für Makromolekulare Chemie,
Nachfolge Professor Cantow, an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg an, wo
ich seit 1992 auch als geschäftsführender Direktor für das Freiburger Materialfor-
schungszentrum verantwortlich bin. Was hatte mich veranlasst, meine industrielle
Laufbahn und meine Gruppe bei Ciba-Geigy AG aufzugeben und nun doch eine aka-
demische Laufbahn einzuschlagen? Traditionspflege der Freiburger Makromolekula-
ren Chemie in Freiburg war sicher nicht ausschlaggebend. Anreiz war die neue Frei-
burger Forschungslandschaft und die damals angestrebte und schließlich 1990 reali-
sierte Einrichtung des Freiburger Materialforschungszentrums (FMF) durch die Uni-
versität und das Land Baden-Württemberg. Herausforderung war die interdisziplinä-
 
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