Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2001 — 2002

DOI chapter:
I. Das Geschäftsjahr 2001
DOI chapter:
Gesamtsitzung am 10. Februar 2001
DOI chapter:
Sitzung der Math.-net. Klasse am 28. April 2001
DOI article:
Honerkamp, Josef: Datengestützte Modellierung biologischer Systeme
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.66350#0036
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
28. April 2001

47

Ich möchte diese Unterscheidung nur ein klein wenig modifizieren, die Ziele nach
etwas anderen Gesichtspunkten ordnen. Geht man mit mathematischen Methoden an
die Auswertung der Daten heran, so ist die Automatisierung und Objektivierung eine
Selbstverständlichkeit. Ein anderer Unterschied drängt sich dann auf. Man kann wie in
Punkt 2) versuchen, die Daten im Rahmen eines mathematischen Modells zu verste-
hen. In diesem Fall haben wir es mit einer datengestützten Modellierung zu tun. Das
wird genau unser Thema sein.
Man kann es aber auch zunächst mit einer sogenannten explorativen Datenanalyse
versuchen. Hier fehlt der Modellierungsaspekt, die Daten werden einfach so verrech-
net, dass sich die Antwort auf die Fragestellung durch Inspektion ergibt. Methoden
wie die Spektralanalyse gehören zu diesem Kreis, oder auch die Aufgabe der Klassifi-
zierung. Eigentlich ist jede medizinische Diagnose eine Klassifizierung. Daraus ersieht
man, dass in vielen medizinischen Fragen schon eine explorative Datenanalyse, eine
Klassifikation, eine große Rolle spielt.
So sieht man in der Tabelle in der obersten Reihe nach rechts einzelne Ziele einer
mathematischen Datenanalyse aufgelistet, unterteilt in Ziele einer explorativen Daten-
analyse und einer modellgestützten Datenanalyse. Letztere kann auch datengestützte
Modellierung genannt werden, je nachdem, ob man die Daten oder die Modellierung
in den Vordergrund hebt. Hier kann man drei große Ziele unterscheiden, auf die ich
im Verlaufe des Vortrags eingehen werde. Natürlich ist die Einteilung nicht ganz dis-
junkt. Eine Modellidentifikation kann auch zur Klassifizierung dienen, bei den mei-
sten Methoden zur Klassifikation kann man auch Modelle einführen und die Klassifi-
kation als Modellidentifikation verstehen.
Die Tabelle zeigt, zu welchen konkreteren, mathematischen Zielen die bestimmten
vorläufigen biologischen Ziele zunächst führen. Eine solche Zuordnung stellt das erste
Problem dar, das sich bei der Konfrontation mit den biologischen Zielen ergibt.
Der intellektuelle Genuss bei der Verfolgung der mathematischen Ziele wächst von
links nach rechts in dieser Tabelle. Modellselektion ist so das höchste Ziel, eine Spek-
tralanalyse heutzutage dagegen eine Alltagsaufgabe, wenn auch nicht trivial bei sto-
chastischen bzw. „mischenden“ Prozessen. Man sieht aber, dass die Bedeutung der
biologischen Ziele keineswegs mit einer Bewertung im mathematischen Sinne korre-
liert. Die verlässliche Vorhersage eines Epilepsieanfalles wäre für den biologischen All-
tag eine Sensation, mathematisch ist es hur’ eine Klassifikationsaufgabe. So kann die
wissenschaftliche Herausforderung bei den Problemen mal eher mehr auf dem biolo-
gischen, mal eher mehr auf dem mathematischen Gebiet liegen.
2. Die Struktur eines Modells
Ich möchte Ihnen nun anhand dieser Beispiele demonstrieren, was die in der Tabelle
genannten mathematischen Ziele der datengestützten Modellierung bedeuten - prinzi-
piell und in Bezug auf das biologische Ziel - und was die dafür eingesetzten Methoden
leisten, wiederum zunächst prinzipiell und dann in Bezug auf das biologische Ziel.
Naturgemäß darf ich hier nicht zu technisch werden, deshalb rede ich vorrangig von
den Zielen auf den verschiedenen Ebenen, von den Ergebnissen und von der Lei-
stungsfähigkeit des methodischen Ansatzes. In Bezug auf die Methoden werde ich nur
zwei, allerdings zentrale Begriffe einführen. Mit dem ersten dieser Begriffe möchte ich
gleich herauskommen, indem ich erkläre, was ich unter einem mathematischen Modell
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften