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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2001 — 2002

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I. Das Geschäftsjahr 2001
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Sitzung der Math.-nat. Klasse am 30. Juni 2001
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Hassenstein, Bernhard: In der Natur der Menschen verankerte Verhaltens-Triebfedern, ihre Wirkungsweise und Evolution - abgehandelt an drei Beispielen
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https://doi.org/10.11588/diglit.66350#0085
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sagen dürfen, leider - die zuvor erwähnte, ursprüngliche durchaus sinnvolle Unter-
drückbarkeit durch Angst erhalten und wurde im Evolutionsprozeß nicht abgeschüt-
telt.
Beispiel III: „Female choice“ (weibliche Wahl) als Selektionsfaktor in der Evolution
menschlicher Verhaltens-Triebfedern (nach Neunhöffer, H. 1995, 2001). Schon Darwin
legte dar: Wo die Auswahl der zur Paarung kommenden Männchen nicht durch Riva-
lenkämpfe zwischen ihnen vor sich geht, sondern die Weibchen entscheiden können
und entscheiden, ob sie ein Männchen zur Paarung zulassen oder nicht, resultieren
besondere Richtungen der Selektion: Die Männchen entwickeln „soziale Auslöser“,
um die Weibchen mit Sinnesreizen, z. B. in der Balz, zu beeindrucken.
Vorfrage: Innerhalb welcher Epochen des evolutionären Eigenweges des Menschen
kann man mit biologischen Auswirkungen von Selektionsvorgängen rechnen? Dies
hängt u. a. von der Dauer der betreffenden Zeiträume ab:
1. Etwa 3 bis 5 Millionen Jahre: Erwerb des aufrechten Ganges, später Herstellung von
Werkzeug und Geräten. Zunahme des Hirnvolumens bis etwa 500 ccm.
2. Etwa 1,5 Millionen Jahre: Nutzung des Feuers, später auch dessen Erzeugung.
Zunahme des Hirnvolumens bis etwa 1000 ccm.
3. Etwa 400 000 Jahre: Entwicklung der Totenbestattung, Beginn der darstellenden
Kunst. Hirnvolumen bis etwa 1500 ccm.
Die oft als als „Jäger- und Sammler“-Zeit zusammengefaßten ersten 3 Epochen
waren insgesamt in der Größenordung mehr als 500 mal länger als die nun folgende:
4. Letzte 10 000 Jahre: Von der „neolithischen Revolution“ - Ackerbau, Viehhaltung,
Handel, Städte etc. - bis heute.
Facit: Mit biologischen Evolutonswirkungen von ökologischen und sozialen Selek-
tionsfaktoren ist wohl in den ersten 3 Perioden des Eigenweges des Menschen zu
rechnen, aber viel weniger während der verhältnismäßig überaus kurzen Zeit seit der
neolithischen Revolution.
Auf seinem Evolutions-Eigenweg entwickelte der Mensch eine Fülle von anatomi-
schen, physiologischen und verhaltensbiologischen Besonderheiten in der Form von
Unterschieden zu den entsprechenden Phänomen-Bereichen bei den anderen Prima-
ten. In verhaltensbiologischer Hinsicht bedeutsam sind unter anderem: Die um den
Faktor 2 verlängerte Lebensdauer, die beim Mann und der Frau unterschiedliche
Fruchtbarkeitsdauer, das Fehlen augenfälliger Fruchtbarkeitssignale der Frau („ver-
deckte Ovulation“), der Sexualdimorphismus der weiblichen und männlichen Stimm-
lage nach der Pubertät, ferner weiblich-männliche Differenzen, aber auch Überein-
stimmungen in der Emotionalität und in den überwiegenden Begabungsrichtungen.
Die damit aufgezählten Besonderheiten offenbaren auf den ersten Blick keine offen-
sichtliche Beziehung zueinander.
Ein funktionell kohärentes Bild entsteht jedoch, wenn man die sozialen Konse-
quenzen der Feuernutzung und die Möglichkeit der weiblichen Wahl (female choice)
in Betracht zieht. Dies kann an dieser Stelle nur skizziert, aber nicht hergeleitet werden:
Die Feuernutzung begünstigte eine sonst bei den höchstentwickelten Primaten
nicht vorkommende „geschlechts-dichotome“ Sozialstruktur, bestehend aus der
Gruppe der Männer, spezialisiert auf kooperative Jagd, und der Gruppe der Frauen
mit den Aufgaben: Nähren und Aufziehen der Kinder, Bewahren und Nutzen des
Feuers und Verteidigen des (wegen des Feuerhütens notwendigerweise meist sta-
tionären) Lagers gegen Raubtiere und andere Gefahren.
 
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