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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2001 — 2002

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I. Das Geschäftsjahr 2001
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Sitzung der Math.-nat. Klasse am 30. Juni 2001
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Hassenstein, Bernhard: In der Natur der Menschen verankerte Verhaltens-Triebfedern, ihre Wirkungsweise und Evolution - abgehandelt an drei Beispielen
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https://doi.org/10.11588/diglit.66350#0086
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30. Juni 2001

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Die Entwicklung und das Erhaltenbleiben dieser bei Primaten sonst nicht vorkom-
menden Sozialstruktur ging einher mit einer tiefgreifenden Neustrukturierung der
sozialen und sexuellen Beziehungen zwischen den Geschlechtern, einschließlich der
jeweils damit verknüpften zugrundeliegenden Verhaltens-Triebfedern: Keine von allen
männlichen Gruppengenossen wahrnehmbaren, zum Rivalenkampf um die sexuelle
Dominanz motivierenden weiblichen Fruchtbarkeits-Signale; Abnahme - bis zum
Verschwinden - des diesbezüglichen männlichen Kämpfens und Imponiergehabes;
soziales Zusammenhalten zwischen den kooperierenden weiblichen Gruppenmitglie-
dern und gemeinsame starke Position gegenüber den Männern; female choice bei der
Zulassung zum Sexualkontakt; weibliche Dominanz auch bei den ersten religiösen
Entwicklungen.
Diese in einem Jahrhunderttausende währenden Evolutionsgeschehen entstandene
und biologisch fundierte Sozialstruktur - durch das Jäger-Sammler-Dasein und die
Feuernutzung geprägt - änderte sich vor ungefähr 12 000 Jahren radikal durch die
Neuerungen der neolithischen Revolution. In vielen Bereichen, vor allem dem Sozial-
leben, gewannen neue Verhaltens-Triebfedern die Oberhand. Doch ist die seither ver-
gangene Zeit vermutlich viel zu kurz, als daß etwaige neue Sozial-Bedingungen als
Evolutions-(Selektions-)Faktoren eine ändernde Auswirkung auf die zuvor ent-
wickelte emotionale Struktur des Menschen hätten entfalten können. So ergaben sich
viele grundlegende Widersprüche zwischen den in der Natur des Menschen veranker-
ten Verhaltens-Triebfedern und den in fast allen Religonen und sonstigen Traditionen
enwickelten (und immer wieder geänderten) Verhaltens-Regulierungen für die Men-
schen, insbesondere auch hinsichtlich der Beziehungen zwischen den Geschlechtern.
Literatur:
Hammerstein, E.: Habitatprägung, Heimatbindung und Rückkehr. Hamburg (Verlag
Dr. Kovac) 1995
„Heimat“-Attachments and Return to the Native Place. In: Atzwanger et al.
(Hrsg.): New Aspects of Human Ethology, New York (Plenum Press) 1997
Hassenstein, B.: Verhaltensbiologie des Kindes. Heidelberg (Akademischer Verlag
Spektrum) 5. Aufl. 2001.
Neunhöffer, H.: Freie Frauen und ihre entscheidende Rolle in der Evolution des
Homo sapiens. Hamburg (Verlag Dr. Kovac) 1995
-: Theorie der weiblichen Partnerwahl beim vorgeschichtlichen Menschen. Unver-
öffentlichtes Manuskript 2001.
Die Veröffentlichung des Vortrags in den Schriften der Heidelberger Akademie ist
vorgesehen.
Bemerkung: Die Autoren der in den Abschnitten I und III besprochenen Beispiele,
Herr Dr. Elieser Hammerstein (Kyriat Tivon und Berlin) und Frau Hilde Neunhöffer
(Stuttgart), nahmen als Gäste an der Klassensitzung teil und beteiligten sich an der an-
schließenden Diskussion und den darauf folgenden Gesprächen.
 
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