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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2001 — 2002

DOI Kapitel:
I. Das Geschäftsjahr 2001
DOI Kapitel:
Sitzung der Math.-nat. Klasse am 24. November 2001
DOI Artikel:
Mülhaupt, Rolf: Dreidimensionales Drucken in Kunst, Technik und Medizin
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.66350#0117
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Grundlage der 3D-Drucktechnik ist die FFF („free-form fabrication“)-Fertigungs-
technologie, die im Unterschied zur traditionellen Kunststoffverarbeitung ohne auf-
wendigen Formenbau auskommt. Die 3D-Computerbilder werden in einzelne Schich-
ten zerlegt, die übereinander ausgedruckt werden, um so 3D-Objekte schichtweise
aufzubauen. Bekannte Verfahren für das „Rapid Prototyping“ sind selektives Laser-
sintern, laserunterstützte Stereolithographie, LOM („laminated object manufacturing“)
und FDM („fused deposition modeling“), die jedoch bei der Verarbeitung von Bio-
materialien deutliche Grenzen haben. Für biomedizinische Anwendungen bewähren
sich das „3D Printing®“, entwickelt am MIT, und das neue Freiburger Bioplotverfahren.
In den neunziger Jahren entwickelte das MIT ein 3D Druckverfahren, das beim
schichtweisen Konstruieren zunächst mit einem Tintenstrahldruckkopf Bindemittel
aufsprüht und dann Pulver aufträgt. Das Bindemittel bewirkt Verkleben der Pulver-
partikel und Aufbau einer kompakten Schicht. Bei den kommerziellen Maschinen der
Z-Corporation, einem Lizenznehmer des MIT, wird Wasser aufgesprüht, um Stärke-
bzw. Gipspulver schichtweise zu verfestigen. Gegenwärtig befasst sich der MIT-
Lizenznehmer Therics in Princeton/USA mit Anwendungen in der Biomedizin.
Durch dreidimensionales Positionieren von Arzneistoffen kann die Abgabe dieser
Stoffe gesteuert werden. Da bioabbaubare Polyesterpulver nicht mit Wasser verfesti-
gen, muß in der Regel ein organisches Bindemittel wie z.B. Chloroform eingesetzt
werden.
Im Unterschied zum Pulverdrucken kann das Freiburger Bioplotverfahren eine
große Vielzahl von Materialien als Lösungen, Pasten und Schmelzen verarbeiten.
Grundlage ist auch hier das schichtweise Fertigen durch computergesteuerte 3D Dosie-
rung. Die 3D Positionierung einer Düse ermöglicht die Fertigung von 3D Objekten aus
Strängen oder Mikrotröpfchen. Typischer Düsendurchmesser ist 100 pm. Neben kom-
pakten Objekten können auch Röhrchen oder Vliese gefertigt werden. Durch Plotten
in einem flüssigen Medium mit an das Material angepasster Dichte können komplexe
Architekturen aufgebaut werden. Konventionelle 3D Dosierung benötigt in der Regel
temporäre Stützstrukturen, um den Strukturkollaps durch Einwirkung der Gravitati-
onskraft zu vermeiden. Beim 3D Plotten kompensiert der Auftrieb die Gravitation.
Zudem kann das flüssige Medium als Reaktivmedium genutzt werden, um Flüssigkei-
ten zu verfestigen. Beispiel dafür sind das Abbinden von Fibrinogen durch enzymati-
sche Reaktion mit Thrombin sowie die Zementreaktion beim Aushärten z.B. von
Alginaten. Da keine Temperatur nötig ist, können auch Proteine und andere bioaktive
Komponenten in die Fertigung integriert werden. Erstmals gelang die 3D-Konstruk-
tion und -Fertigung von wässrigen Biosystemen (Hydrogelen). Dieser Fortschritt ist
von besonderer Bedeutung, berücksichtigt man die Tatsache, dass lebendes Gewebe zu
überwiegendem Anteil aus Wasser besteht. Drucken im sterilen Milieu ermöglicht
auch das Drucken von Zellen, die offensichtlich die Belastungen beim Druckprozess
überstehen können.
Gegenwärtig wird die Dosiertechnik des 3D Plotters weiter entwickelt, um gleich-
zeitig verschiedene Materialien und Komponenten, z.B. verschiedene Zelltypen, zu
drucken. Diese Dosiertechnik kombiniert mit Biomaterialdesign ist wichtige Grund-
lage für die Fertigung komplexer biofunktionaler Objekte. Diese Ziele werden in Frei-
burg im Rahmen des Freiburger Material- und Medizin-Forschungsverbundes
(FM&M) der Albert-Ludwigs-Universität interdisziplinär durch den Brückenschlag
zwischen Medizin, Bio- und Materialwissenschaften angegangen. Das 3D-Plotverfah-
 
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