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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2001 — 2002

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I. Das Geschäftsjahr 2001
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Jäger, Willi: Helmut Wielandt (19.12.1910 - 14.2.2001)
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https://doi.org/10.11588/diglit.66350#0148
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Helmut Wielandt

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(„subnormale Untergruppen“) die Analyse von Gruppen wesentlich voranzubringen.
Diese Untersuchung und seine späteren Arbeiten lieferten wichtige Beiträge zum
Thema der Auflösbarkeit von Gruppen. Auch seine Mitarbeit an der Preußischen
Akademie der Wissenschaften (1934-1938) in der Schriftleitung des Jahrbuchs über die
Fortschritte der Mathematik prägte das spätere Wirken von Wielandt. Er wurde 1952
Herausgeber eines der renommierten mathematischen Journale, der Mathematischen
Zeitschrift, deren Qualität er über Jahre mitbestimmte. Seine Tätigkeit als Assistent
und Dozent an der Universität Tübingen (1939-1946) unterbrach der Dienst bei der
Wehrmacht. In der Zeit von 1942-1945 wurde er wie einige andere Wissenschaftler an
das Kaiser-Wilhelm-Institut für Strömungsforschung in Göttingen abgeordnet. Diese
Abordnung beeinflusste auch seine wissenschaftliche Ausrichtung: Helmut Wielandt
begann in Göttingen mit Untersuchungen in der anwendungsorientierten Mathema-
tik, die zunächst mit Problemen der Strömungsmechanik verbunden waren, sich aber
zu einem weiten Bereich von Anwendungen öffneten. Er lieferte wichtige Beiträge zur
Theorie und Berechnung von Eigenwertproblemen, wie sie laufend bei konkreten
Anwendungen auftreten und auch nach wie vor wegen ihrer zentralen Bedeutung
Gegenstand der Forschung sind: es gilt Eigenwerte linearer Abbildungen abzuschät-
zen, einzuschließen und numerisch zu berechnen, wobei insbesondere höhere Eigen-
werte Schwierigkeiten bereiten. Wielandt trug mit seinen Beiträgen direkt und indirekt
bei zur Fortentwicklung der numerischen linearen Algebra. In der umfangreichen
Pubhkationsliste von Wielandt finden wir auch Beiträge zu gewöhnlichen und partiel-
len Differentialgleichungen, zu Integralgleichungen und deren Anwendungen in der
Tragflächentheorie.
Nach Kriegsende wirkte Wielandt zunächst als apl. Professor bis 1951 an der Uni-
versität Mainz und kehrte dann als ordentlicher Professor an die Universität Tübingen
zurück. Die Entwicklung der Mathematischen Fakultät in Tübingen ist stark durch
sein Wirken bestimmt worden. Er trug mit seinem hohen internationalen Ansehen
nicht nur zum Ruf Tübingens bei, sondern war auch einer der Kollegen, die durch ihre
wissenschaftliche und persönliche Ausstrahlung und durch zahlreiche Kontakte hal-
fen, das wissenschaftliche Ansehen Deutschlands in der Welt wiederherzustellen. Er
war frühzeitig Gastprofessor unter anderem am California Institute for Technology
in Pasadena. Wissenschaftlich kehrte er in Tübingen wieder stärker zu Ausgangsthe-
men seiner Forschung zurück. Er trug wesentlich bei, die „Entwicklungslinien in der
Strukturtheorie der endlichen Gruppen“ zu entdecken und zu verfolgen. Sein eingela-
dener Vortrag mit diesem Titel beim Internationalen Mathematiker-Kongress im Jahre
1958 gab sicherlich zahlreiche Impulse auch an die jüngeren Forscher und förderte die
starke Entwicklung dieses Forschungsgebietes. Zu seinen letzten Publikationen
gehören die Arbeiten „Nested bounds for the Perron root of a nonnegative matrix.
Linear Algebra Appl. 52-53, 235-251 (1983)“ und „Subnormalität in faktorisierten
endlichen Gruppen. J. Algebra 69, 305-311 (1981)“, deren Themen die zentralen
Zweige seiner Forschung aufweisen. Sie zeigen, dass er diese selbst nach seiner Emeri-
tierung weiter verfolgte. Seine gesammelten mathematischen Werke wurden von
B. Huppert und H. Schneider editiert und sind 1996 im Verlag Walter de Gruyter in
2 Bänden erschienen. Seinen Lebensabend verbrachte Helmut Wielandt mit seiner
Frau Annemarie Wielandt in Schliersee.
Die Heidelberger Akademie der Wissenschaften wird das Andenken an Helmut
Wielandt und sein vorbildliches Wirken pflegen.
 
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