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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2001 — 2002

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I. Das Geschäftsjahr 2001
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Putlitz, Gisbert zu: Heinz Bethge (15.11.1919 - 9.5.2001)
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https://doi.org/10.11588/diglit.66350#0155
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dingungen baute er sein Institut zielgerecht aus, das damit Mitte der siebziger Jahre
zu einem international anerkannten Zentrum wurde, in dem Physiker aus aller
Welt forschten und sich mit neuen Methoden bekannt machten. Der Erfolg der
Bethge’schen Forschung lässt sich vielleicht auch daran messen, dass seine Einrichtung
bereits im Januar 1992 zum Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik umgewan-
delt wurde und damit das erste Max-Planck-Institut in den neuen Bundesländern dar-
stellte.
Für die internationale Wissenschaft, vor allem aber für die Wissenschaft in den bei-
den geteilten deutschen Staaten hat Bethge in seinem Präsidentenamt der Leopoldina
von 1974 bis 1990 einmalige und herausragende Verdienste erworben. In seiner unan-
gefochtenen wissenschaftlichen Kompetenz ruhte seine Unabhängigkeit und Kraft.
Als erfahrener Wissenschaftler und Institutsdirektor war er bereits mit den Methoden
vertraut, wie man Schwierigkeiten umgehen konnte. „Das Präsidentenamt wie sein
Direktorat im Akademieinstitut formten den homo politicus Heinz Bethge“ (Benno
Parthier, 14.12.2001). Als Präsident der Leopoldina vermied er es, auf Konfrontati-
onskurs zum DDR-Regime zu gehen. Er sah seine Aufgabe vielmehr darin, dem
Druck geschickt auszuweichen und die älteste deutsche Akademie aus der politischen
Einflussnahme herauszusteuern. Es war ihm ein besonderes Anliegen, die Beziehun-
gen zwischen den Mitgliedern aus Ost- und Westdeutschland aufrechtzuerhalten. Das
ist ihm in vollem Umfang gelungen.
Es nimmt nicht wunder, dass ein Wissenschaftler mit den Verdiensten von Heinz
Bethge in nahezu allen deutschen und vielen internationalen Akademien Ehrenmit-
glied oder korr. Mitglied war. Hervorzuheben ist, dass er diese Mitgliedschaften ernst
nahm und auch die westdeutschen Akademien regelmäßig besuchte. Damit gab er uns
die Möglichkeit, Informationen über die Probleme der Wissenschaft in der DDR aus
erster Hand zu erhalten.
Bethges Bedeutung kommt in den Worten von Gotthard Schettler in der Geburts-
tagsrede für ihn im Jahre 1993 zum Ausdruck: „Die famosen Präsidenten der Leopol-
dina, Kurt Mothes und Heinz Bethge, welche die Akademie in den Stürmen und
Anfechtungen des gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Lebens der damaligen
DDR immer auf Kurs hielten, sorgten für die ungefährdete Position dieser weltälte-
sten Akademie in der internationalen Wissenschaft. Für viele hochangesehene interes-
sierte Wissenschaftler war die Leopoldina immer die Heimstatt der deutschen Kultur.“
Diese große Wirkung hat Heinz Bethge mit seinem pragmatischen und unkonventio-
nellen Auftreten, seiner Sensibilität und seinem Fingerspitzengefühl oft unbemerkt
von der Außenwelt erreicht. Unser Heidelberger Mitglied Hans Mohr bezeichnete
Heinz Bethge in einer Laudatio (1995) als: “... grundgescheit, wie es sich für einen
Top-Physiker gehört, klug wie einen Kardinal und schlau wie einen Spitzenpolitiker“.
Dem lässt sich nichts hinzufügen.
Wir gedenken seiner in großer Dankbarkeit.
 
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