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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2001 — 2002

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I. Das Geschäftsjahr 2001
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Roquette, Peter: Albrecht Fröhlich (22.5.1916 - 8.11.2001)
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Albrecht Fröhlich

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durchaus an die Traditionen in Deutschland der zwanziger und dreißiger Jahre an, die
gekennzeichnet sind durch die Namen Artin, Hasse, Emmy Noether und van der
Waerden. In einem Nachruf auf Fröhlich in der London Times heißt es: „... he went
on to transform modern algebraic number theory in Britain“.
Einer seiner ersten wesentlichen Beiträge dazu war die Konzeption und Durch-
führung einer internationalen wissenschaftlichen Konferenz in Brighton 1965, unter
der Schirmherrschaft der London Mathematical Society, in welcher Experten über die
modernen Grundlagen der sogenannten Klassenkörpertheorie referierten. Mit Hilfe
dieser Theorie lassen sich die arithmetischen Eigenschaften der Erweiterungen des
gewöhnlichen Zahlensystems besser verstehen. Diese Konferenz und ihre gedruckten
Abhandlungen haben eine nachhaltige Wirkung auf den akademischen Nachwuchs
ausgeübt; die Abhandlungen gelten heute als Standard-Referenzwerk.
Das wissenschaftliche Werk Fröhlichs ist außerordentlich vielseitig und umfang-
reich; seine Würdigung muss späteren Biographen vorbehalten bleiben. Jedoch kann
seine Hauptleistung hier nicht unerwähnt bleiben, nämlich die Entdeckung des
Zusammenhangs zwischen zwei verschiedenen Symmetrien in der Zahlentheorie: der
Symmetriestruktur der ganzen algebraischen Zahlen auf der einen Seite, und derjeni-
gen der analytischen £-Funktionen auf der anderen. Diese Entdeckung kam für die
wissenschaftliche Welt völlig unerwartet. Für Fröhlich wurde sie möglich durch die
Zusammenführung seiner Ergebnisse aus äußerlich scheinbar ganz verschiedenen
Arbeitsrichtungen, in denen er jedoch die internen Zusammenhänge erkannte.
Diese, von der Fachwelt als Sensation empfundene Entdeckung führte in ihrer
Folge zu einer ganzen Reihe von weiteren, für die Forschung bedeutsamen Ergebnis-
sen. Es begann eine besonders fruchtbare Arbeitsperiode für Fröhlich; sein Rat und
seine Meinung wurden weltweit gesucht und geschätzt. Außere Anerkennung blieb
nicht aus: Fröhlich wurde 1976 Mitglied der Royal Society; ihm wurde der Senior
Berwick Preis der London Mathematical Society zuerkannt, und er erhielt 16 Jahre
später die höchste mathematische Auszeichnung in England, nämlich die De Morgan-
Medaille. Die Universität Bordeaux verlieh ihm die Ehrendoktorwürde, und in
Deutschland erhielt er den Alexander von Humboldt-Preis.
Fröhlich führte eine umfangreiche Korrespondenz; er informierte gern über seine
neuesten Resultate und Ideen. Er war freigebig mit seinem Rat und seiner Kritik. Seine
liebenswürdige, informelle Art gewann ihm viele Freunde, und überall in der Welt
wurde er von seinen Kollegen und Schülern geschätzt. Trotz der schmerzlichen Erfah-
rungen in seiner Jugendzeit (oder vielleicht gerade deswegen) hat Fröhlich enge Kon-
takte zu Deutschland und zu Mathematikern in Deutschland gepflegt. Er nahm regel-
mäßig an mathematischen Fachtagungen in Oberwolfach teil und hat solche auch
selbst geleitet; er war öfter als Gastprofessor an deutschen Universitäten tätig, auch in
Heidelberg. Er hat durch diese Kontakte nicht unwesentlich Einfluß auf die zahlen-
theoretische Forschung in Deutschland genommen.
Nach seiner Emeritierung wurde er zum Senior Research Fellow am Imperial
College in London gewählt, und ebenfalls zum Fellow am Robinson’s College, Cam-
bridge. Er siedelte mit seiner Frau nach Cambridge um, wo die häufigen Besucher in
seinem gastlichen Hause eine stets interessante und anregende Atmosphäre vorfanden.
Albrecht Fröhlich ist em hervorragendes Gegenbeispiel zu dem von dem englischen
Mathematiker Hardy verkündenten Dictum, dass der Höhepunkt der schöpferischen
Arbeit eines Mathematikers in seinen Jugendjahren zu finden sei. In der Tat: Nach sei-
 
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