15. Mai 2004 | 35
auch andernorts mit der Frage beschäftigt, wie das Gespräch zwischen Politik und
Wissenschaft geführt werden müßte, damit das Gemeinwesen einen größeren Nutzen
daraus zieht. Daß der Besuch beim Landtag nicht zuletzt dem Zweck diente, im
Parlament unseres Landes überhaupt erst bewußt zu machen, daß Baden-Württem-
berg eine Akademie der Wissenschaften hat, verschweige ich auch und gerade in
Gegenwart des Herrn Ministerpräsidenten nicht. Ich bin deshalb sehr froh darüber,
daß der Herr Landtagspräsident am Ende des Stuttgarter Abends meinte, er könne
sich vorstellen, daß Landtag und Akademie sich in Zukunft mit einer gewissen
Regelmäßigkeit begegneten.
Da die Andeutung, nicht jedem Landespolitiker sei die Existenz einer baden-
württembergischen Akademie der Wissenschaften geläufig, mißverstanden werden
könnte, füge ich sogleich hinzu: Die Akademie erfreut sich trotz der gewissen
Distanz zwischen Heidelberg und Stuttgart der durch das Wissenschaftsministerium
vermittelten verläßlichen Unterstützung des Landes. Wir sind sehr dankbar dafür.
Die Unterstützung des Landes braucht die baden-württembergische Akademie
der Wissenschaften, um am Ende dieses kurzen Berichts die aktuellen akademiepo-
litischen Debatten wenigstens noch zu streifen, auch bei ihren Bemühungen, im
Verein mit den Schwesterakademien der Union die Diskussion um eine nationale
Akademie der Wissenschaften, die der Wissenschaftsrat in Gang gesetzt hat, auf ein
vernünftiges Ergebnis hinzusteuern. Der Wissenschaftsrat hat bekanntlich im Januar
in einem merkwürdig unentschlossenen Votum einerseits die Gründung einer natio-
nalen Akademie der Wissenschaften für ein eher schmales Segment spezifischer Auf-
gaben empfohlen, andererseits aber auch auf die Frage, wie sie denn aussehe, wie sie
gebildet werden solle, zu verstehen gegeben, eine Akademie der Wissenschaften solle
es eigentlich doch nicht sein. Vernünftig ist es aus unserer Sicht, nachdem dieses
Votum nun einmal vorhegt, sich die Aufgabenbeschreibung des Wissenschaftsrates für
die zu schaffende Institution zu eigen zu machen, die institutionelle Antwort dann
aber konsequent von dieser Aufgabenbeschreibung her zu entwickeln und dabei zu
bedenken, daß der Baugrund keine tabula rasa ist. Zu bedenken, heißt das nicht
zuletzt, daß unsere bundesstaatliche Ordnung die Zuständigkeit für die Wissenschaft
prinzipiell den Ländern zuweist. Die Union wird einen Vorschlag vorlegen, der
genau diesen Maximen entspricht. Für ihn werden wir zuvörderst um politische
Unterstützung durch unsere Sitzländer werben.
Unfreundliche Beobachter sehen in den Kontroversen, die die Empfehlung des
Wissenschaftsrates auslösen mußte, nichts als Hahnenkämpfe konkurrierender Insti-
tutionen. Wir begreifen sie als Suche nach systemkompatiblen Lösungen, die der
Wissenschaft in Deutschland dienlich sind. Organisationsstrukturen sind nur Mittel
zum Zweck. Wie immer die Akademien in Deutschland verfaßt sein werden, ent-
scheidend für ihre Zukunft ist, daß sie in ihrer Arbeit und durch ihre Arbeit auf die
Frage, wozu sie denn gut seien, eine j edenfalls für unvoreingenommene Frager ein-
sichtige Antwort geben. Das bleibt auch der Heidelberger Akademie der Wissen-
schaften aufgegeben.
Wilhelm von Humboldt hat die Akademien als „die höchste und letzte Frei-
statt der Wissenschaft“ definiert. Was könnte das heute bedeuten? Die Räume, in
auch andernorts mit der Frage beschäftigt, wie das Gespräch zwischen Politik und
Wissenschaft geführt werden müßte, damit das Gemeinwesen einen größeren Nutzen
daraus zieht. Daß der Besuch beim Landtag nicht zuletzt dem Zweck diente, im
Parlament unseres Landes überhaupt erst bewußt zu machen, daß Baden-Württem-
berg eine Akademie der Wissenschaften hat, verschweige ich auch und gerade in
Gegenwart des Herrn Ministerpräsidenten nicht. Ich bin deshalb sehr froh darüber,
daß der Herr Landtagspräsident am Ende des Stuttgarter Abends meinte, er könne
sich vorstellen, daß Landtag und Akademie sich in Zukunft mit einer gewissen
Regelmäßigkeit begegneten.
Da die Andeutung, nicht jedem Landespolitiker sei die Existenz einer baden-
württembergischen Akademie der Wissenschaften geläufig, mißverstanden werden
könnte, füge ich sogleich hinzu: Die Akademie erfreut sich trotz der gewissen
Distanz zwischen Heidelberg und Stuttgart der durch das Wissenschaftsministerium
vermittelten verläßlichen Unterstützung des Landes. Wir sind sehr dankbar dafür.
Die Unterstützung des Landes braucht die baden-württembergische Akademie
der Wissenschaften, um am Ende dieses kurzen Berichts die aktuellen akademiepo-
litischen Debatten wenigstens noch zu streifen, auch bei ihren Bemühungen, im
Verein mit den Schwesterakademien der Union die Diskussion um eine nationale
Akademie der Wissenschaften, die der Wissenschaftsrat in Gang gesetzt hat, auf ein
vernünftiges Ergebnis hinzusteuern. Der Wissenschaftsrat hat bekanntlich im Januar
in einem merkwürdig unentschlossenen Votum einerseits die Gründung einer natio-
nalen Akademie der Wissenschaften für ein eher schmales Segment spezifischer Auf-
gaben empfohlen, andererseits aber auch auf die Frage, wie sie denn aussehe, wie sie
gebildet werden solle, zu verstehen gegeben, eine Akademie der Wissenschaften solle
es eigentlich doch nicht sein. Vernünftig ist es aus unserer Sicht, nachdem dieses
Votum nun einmal vorhegt, sich die Aufgabenbeschreibung des Wissenschaftsrates für
die zu schaffende Institution zu eigen zu machen, die institutionelle Antwort dann
aber konsequent von dieser Aufgabenbeschreibung her zu entwickeln und dabei zu
bedenken, daß der Baugrund keine tabula rasa ist. Zu bedenken, heißt das nicht
zuletzt, daß unsere bundesstaatliche Ordnung die Zuständigkeit für die Wissenschaft
prinzipiell den Ländern zuweist. Die Union wird einen Vorschlag vorlegen, der
genau diesen Maximen entspricht. Für ihn werden wir zuvörderst um politische
Unterstützung durch unsere Sitzländer werben.
Unfreundliche Beobachter sehen in den Kontroversen, die die Empfehlung des
Wissenschaftsrates auslösen mußte, nichts als Hahnenkämpfe konkurrierender Insti-
tutionen. Wir begreifen sie als Suche nach systemkompatiblen Lösungen, die der
Wissenschaft in Deutschland dienlich sind. Organisationsstrukturen sind nur Mittel
zum Zweck. Wie immer die Akademien in Deutschland verfaßt sein werden, ent-
scheidend für ihre Zukunft ist, daß sie in ihrer Arbeit und durch ihre Arbeit auf die
Frage, wozu sie denn gut seien, eine j edenfalls für unvoreingenommene Frager ein-
sichtige Antwort geben. Das bleibt auch der Heidelberger Akademie der Wissen-
schaften aufgegeben.
Wilhelm von Humboldt hat die Akademien als „die höchste und letzte Frei-
statt der Wissenschaft“ definiert. Was könnte das heute bedeuten? Die Räume, in