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NACHRUFE
für die klinische Forschung auch in Marburg und Tübingen. Manchem von uns
schien eine gewisse Diskrepanz zwischen dem straffen Klinikbetrieb und der eher
legeren Wissenschaftsorganisation zu bestehen. Vieles blieb den Aktivitäten des ein-
zelnen überlassen. Dass es vermieden wurde, Wissenschaft als Selbstzweck zum
raschen Weiterkommen in der Klinikhierarchie, in der akademischen Karriere und
im Erlangen eigener Positionen zu betreiben, ist einem wachen Konkurrenzbewusst-
sein der einzelnen Teams wie einzelner Mitarbeiter zu danken. Konformismus war
und ist die Ausnahme in der Bock’schen Mannschaft. Es fanden sich zahlreiche Indi-
vidualisten ein, welche sich einer anciennitätsbezogenen Hackordnung mehr oder
weniger geschickt entzogen. Natürlich gab es Spannungen, Reibungen und auch
manche größeren oder kleineren Explosionen. Aber die Gruppe erhielt sich als
Ganzes und hat in allen Zeiten ihren Stil und ihre Kennzeichen bewahrt“.
Im Mittelpunkt des Lebenswerkes von H. E. Bock stand der „ganze, kranke
Mensch“ wie er es in einer Ansprache vor der „Therapiewoche“ in Karlsruhe (die
er über Jahrzehnte hinweg geprägt und geleitet hat) bei seinem 90. Geburtstag selbst
ausdrückte. Er war in aller erster Lime der rastlos engagierte Arzt, der em Meister
war der „prima vista“- Diagnose. In der hier angeführten Ansprache äußerte sich
H. E. Bock u. a. kritisch über die Überbetonung der Technik. „Der Herr Doktor
Computer ist ein kenntnisreicher und gedächtnisstarker Kollege. Leider ist er sprach-
los, wenn alle Räder stillstehen oder wenn Krankheit am unrechten Ort auftritt. Der
Computer erwartet eine Fütterung mit einer Fülle von Daten „selbst da, wo em
guter Arzt schon längst mit der Diagnose und auch mit der Verdauung grober diffe-
rentialdiagnostischer Brocken fertig wäre“.
Von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften wurde er am 18. 11. 1967
zum ordentlichen Mitglied gewählt. In der Laudatio für diese Zuwahl heißt es u.a.:
,,... es würde eine außerordentliche Bereicherung der mathematisch-naturwissen-
schaftlichen Klasse bedeuten, wenn die Stimme der klinischen Medizin jetzt wieder
stärker zur Geltung gebracht werden könnte“. Dieses war in der Tat der Fall. In den
Sitzungen der Akademie meldete er sich immer dann zu Wort, wenn es darum ging,
die Sicht des wissenschaftlich fundierten Arztes im besten Sinne des Wortes einzu-
bringen.
Der Umfang dieses Nachrufes des „mit dem Herzen sehenden“ Arztes Hans
Erhard Bock (von unzählbaren dankbaren Patienten), des akademischen Lehrers (von
vielen Schülern, die innerhalb und außerhalb der Universität Führungspositionen
einnahmen und nehmen) und des fachlich breit fundierten klinischen Forschers
(ausgewiesen in nahezu 400 Publikationen) würde gesprengt werden, wollte man
seine vielen Ehrungen und Ehrenämter im einzelnen aufzählen und würdigen. Den-
noch seien hier hervorgehoben: die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Univer-
sität Marburg 1968, die Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes, der Ernst-
von-Bergmann-Plakette, der Paracelsus-Medaille der Deutschen Ärzteschaft sowie
der Paul-Martini-Medaille in Gold (1982).
So soll dieser Nachruf schließen mit den Worten, die er uns als Dank des
85jährigen hinterlassen hat und die seine Arzt-Persönlichkeit in besonderer Weise
charakterisieren:
NACHRUFE
für die klinische Forschung auch in Marburg und Tübingen. Manchem von uns
schien eine gewisse Diskrepanz zwischen dem straffen Klinikbetrieb und der eher
legeren Wissenschaftsorganisation zu bestehen. Vieles blieb den Aktivitäten des ein-
zelnen überlassen. Dass es vermieden wurde, Wissenschaft als Selbstzweck zum
raschen Weiterkommen in der Klinikhierarchie, in der akademischen Karriere und
im Erlangen eigener Positionen zu betreiben, ist einem wachen Konkurrenzbewusst-
sein der einzelnen Teams wie einzelner Mitarbeiter zu danken. Konformismus war
und ist die Ausnahme in der Bock’schen Mannschaft. Es fanden sich zahlreiche Indi-
vidualisten ein, welche sich einer anciennitätsbezogenen Hackordnung mehr oder
weniger geschickt entzogen. Natürlich gab es Spannungen, Reibungen und auch
manche größeren oder kleineren Explosionen. Aber die Gruppe erhielt sich als
Ganzes und hat in allen Zeiten ihren Stil und ihre Kennzeichen bewahrt“.
Im Mittelpunkt des Lebenswerkes von H. E. Bock stand der „ganze, kranke
Mensch“ wie er es in einer Ansprache vor der „Therapiewoche“ in Karlsruhe (die
er über Jahrzehnte hinweg geprägt und geleitet hat) bei seinem 90. Geburtstag selbst
ausdrückte. Er war in aller erster Lime der rastlos engagierte Arzt, der em Meister
war der „prima vista“- Diagnose. In der hier angeführten Ansprache äußerte sich
H. E. Bock u. a. kritisch über die Überbetonung der Technik. „Der Herr Doktor
Computer ist ein kenntnisreicher und gedächtnisstarker Kollege. Leider ist er sprach-
los, wenn alle Räder stillstehen oder wenn Krankheit am unrechten Ort auftritt. Der
Computer erwartet eine Fütterung mit einer Fülle von Daten „selbst da, wo em
guter Arzt schon längst mit der Diagnose und auch mit der Verdauung grober diffe-
rentialdiagnostischer Brocken fertig wäre“.
Von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften wurde er am 18. 11. 1967
zum ordentlichen Mitglied gewählt. In der Laudatio für diese Zuwahl heißt es u.a.:
,,... es würde eine außerordentliche Bereicherung der mathematisch-naturwissen-
schaftlichen Klasse bedeuten, wenn die Stimme der klinischen Medizin jetzt wieder
stärker zur Geltung gebracht werden könnte“. Dieses war in der Tat der Fall. In den
Sitzungen der Akademie meldete er sich immer dann zu Wort, wenn es darum ging,
die Sicht des wissenschaftlich fundierten Arztes im besten Sinne des Wortes einzu-
bringen.
Der Umfang dieses Nachrufes des „mit dem Herzen sehenden“ Arztes Hans
Erhard Bock (von unzählbaren dankbaren Patienten), des akademischen Lehrers (von
vielen Schülern, die innerhalb und außerhalb der Universität Führungspositionen
einnahmen und nehmen) und des fachlich breit fundierten klinischen Forschers
(ausgewiesen in nahezu 400 Publikationen) würde gesprengt werden, wollte man
seine vielen Ehrungen und Ehrenämter im einzelnen aufzählen und würdigen. Den-
noch seien hier hervorgehoben: die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Univer-
sität Marburg 1968, die Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes, der Ernst-
von-Bergmann-Plakette, der Paracelsus-Medaille der Deutschen Ärzteschaft sowie
der Paul-Martini-Medaille in Gold (1982).
So soll dieser Nachruf schließen mit den Worten, die er uns als Dank des
85jährigen hinterlassen hat und die seine Arzt-Persönlichkeit in besonderer Weise
charakterisieren: