II. Wissenschaftliche Vorträge
zu bewerten) diktieren. Es lässt sich an den in den populären Medien publizier-
ten Bildern erkennen, dass es klare Regeln gibt, Intimität „richtig“ und „falsch“
darzustellen. Auch lässt sich zeigen, dass immer wieder neue Wege, diese zu visu-
alisieren, gefunden werden, die alte Typen überschreiben, dass damit aber nicht
notwendigerweise die visuelle Erinnerung an alte Typen verlorengeht und diese
damit weiterwirken in die jeweilige historische Gegenwart. In dieser Zusammen-
fassung meiner Ausführungen zeige ich, wie Intimität in frühen chinesischen
Printmedien (1900er-1930er) als Thema etabliert wird, um dann in einem zwei-
ten Teil die manchmal vielleicht unerwarteten Veränderungen zu beschreiben, die
wir seit den 1940ern, mit der kommunistischen Machtübernahme, und bis heute
in ihrer Darstellung beobachten können. Dabei stelle ich die Frage: Was können
uns die Printmedien lehren über sich verändernde „Politiken der Berührung“
und gelingt es ihnen, Konzepte (und Praktiken) von Intimität auch langfristig zu
verändern?
1. Materialisierung - Intimität in frühen chinesischen Printmedien (1900er- 1930er)
Ich betrachte Bilder aus unterschiedlichen Medien - Tageszeitungen, Frauen-
und Filmzeitschriften, Bildzeitungen, Satirezeitschriften - die seit dem Ende des
19. Jahrhunderts in China eingeführt wurden und dazu beigetragen haben, visu-
elles Erleben zu „demokratisieren.“ Selbst wenn so manch’ ein Bild von Intimi-
tät, das hier erschien, dem chinesischen Publikum gar nicht völlig unbekannt sein
mochte, aus Erotika, Liebesfibeln und ähnlichem, so war es etwas völlig Neues,
dass und wie ein solches Bild nun - für jeden sichtbar - in aller Öffentlichkeit
erscheinen konnte. Eine Reihe von visual mindmaps, erlauben es zu erkennen, was
einem historischen Publikum verfügbar war als visuelle Erfahrung von Intimität.
Machen wir einen synchronen Schnitt in den 1930er Jahren so sehen wir, dass eine
ikonische Darstellung in der visual mindmap dieser Zeit die des intimen, gleich-
berechtigten Paars (Abb. 1) ist. Unterschiedlichste Produkte von Kaffee Hag zu
Tinkturen gegen Pickel, Zigaret-
ten oder Tafelwasser, werden mit
eben diesem ikonischen Bild be-
worben (Abb. 2 und 3) - sie er-
zählen die Geschichte einer zu-
nehmenden Offenheit zwischen
Männern und Frauen, zeigen
auch einen wachsenden gegen-
seitigen Respekt und vor allem
letzteres ist im visuellen Reper-
toire des chinesischen Publikums
Abb. 1: Shenbao 21.1.1937 etwas Neues.
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zu bewerten) diktieren. Es lässt sich an den in den populären Medien publizier-
ten Bildern erkennen, dass es klare Regeln gibt, Intimität „richtig“ und „falsch“
darzustellen. Auch lässt sich zeigen, dass immer wieder neue Wege, diese zu visu-
alisieren, gefunden werden, die alte Typen überschreiben, dass damit aber nicht
notwendigerweise die visuelle Erinnerung an alte Typen verlorengeht und diese
damit weiterwirken in die jeweilige historische Gegenwart. In dieser Zusammen-
fassung meiner Ausführungen zeige ich, wie Intimität in frühen chinesischen
Printmedien (1900er-1930er) als Thema etabliert wird, um dann in einem zwei-
ten Teil die manchmal vielleicht unerwarteten Veränderungen zu beschreiben, die
wir seit den 1940ern, mit der kommunistischen Machtübernahme, und bis heute
in ihrer Darstellung beobachten können. Dabei stelle ich die Frage: Was können
uns die Printmedien lehren über sich verändernde „Politiken der Berührung“
und gelingt es ihnen, Konzepte (und Praktiken) von Intimität auch langfristig zu
verändern?
1. Materialisierung - Intimität in frühen chinesischen Printmedien (1900er- 1930er)
Ich betrachte Bilder aus unterschiedlichen Medien - Tageszeitungen, Frauen-
und Filmzeitschriften, Bildzeitungen, Satirezeitschriften - die seit dem Ende des
19. Jahrhunderts in China eingeführt wurden und dazu beigetragen haben, visu-
elles Erleben zu „demokratisieren.“ Selbst wenn so manch’ ein Bild von Intimi-
tät, das hier erschien, dem chinesischen Publikum gar nicht völlig unbekannt sein
mochte, aus Erotika, Liebesfibeln und ähnlichem, so war es etwas völlig Neues,
dass und wie ein solches Bild nun - für jeden sichtbar - in aller Öffentlichkeit
erscheinen konnte. Eine Reihe von visual mindmaps, erlauben es zu erkennen, was
einem historischen Publikum verfügbar war als visuelle Erfahrung von Intimität.
Machen wir einen synchronen Schnitt in den 1930er Jahren so sehen wir, dass eine
ikonische Darstellung in der visual mindmap dieser Zeit die des intimen, gleich-
berechtigten Paars (Abb. 1) ist. Unterschiedlichste Produkte von Kaffee Hag zu
Tinkturen gegen Pickel, Zigaret-
ten oder Tafelwasser, werden mit
eben diesem ikonischen Bild be-
worben (Abb. 2 und 3) - sie er-
zählen die Geschichte einer zu-
nehmenden Offenheit zwischen
Männern und Frauen, zeigen
auch einen wachsenden gegen-
seitigen Respekt und vor allem
letzteres ist im visuellen Reper-
toire des chinesischen Publikums
Abb. 1: Shenbao 21.1.1937 etwas Neues.
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