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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 2): Schriften der Jahre 1524 - 1528 — Gütersloh, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.29139#0087
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SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528

wisse regel des glaubens hye uff erden sein und das sey die kirch. Des
ersten ursach soll sein, dann wo keine were uff erden so möchte etwan
der weggenger gezwungen werden, etwas falsch zu glauben. Des andern,
das die kirch solche regel sey, gibt er kein ursach. dann er hat kein,
wiewol er etlich sprüch anzeücht, die christlicher Gemeyn zugehörig 5
seind und sye preisen, doch machen sye sye kein regel des glaubens.
Durch den weggenger, verstadt er ein yeden christen, der uff dem weg
des ewigen lebens godt. dann hye dasselbig keiner erreycht anders dann
durch den glauben, als Paulus fein anzeygt Philipp, iii. [12 ff.]. Wo nun
nit ein gewisse regel hye uff erden were, spricht der Treger, so möcht 10
es sich begeben, das ein solcher gedrungen würde anzunemen, das
unserm glauben entgegen were. Und als ob man seinen blossen worten
glauben müste, setzet er dißes weder ursach noch schrifft hynzu, wie
aller Papisten art ist. Aber was wolt er für schrifft oder ursach geben,
so doch diße seine meynung stracks wider die schrifft ist? Dann Isa. 15
F 2 b liiii. [13] und Joh. vi. [45] stot: | Sye werden alle von Gott gelernet. und
i. Cor. iii. [7]: Der do prediget, ist nichts, sonder Gott, der es wachsen
macht, ists alles. Ob dann schon die christen, so weyt von einander
weren, das keiner künde wissen, was der ander glaubet, ich schweig, das
derselbigen gemeyne etwas künde richten oder anzeygen, und ob darzu 20
auch kein göttlich schrifft were uff erden, noch möcht es nit möglich
sein, das der weggenger, das ist der gläubig, der do vergisset was do
hynden ist und strecket sich, wie Paulus 109, als hynfürt zum fürgesetzten,
das er nun durch den glauben erkant hat, gedrungen oder gebunden
möchte werden, in etwas zu verwilligen oder einigs anzunemen, das dem 25
glauben entgegen oder falsch were.

Dann so er glaubt, leret yn Gott, der doch allein der recht wore lerer
ist. Der lasset yn nit zuschanden werden. Er förchtet ja den herren, da-
rumb leret er yn seinen ußerwölten weg. des Herren geheymnüß und
bundt würt yn offenbart, Psal. xxv. [14]. Darzu seitenmal er glaubt, hat 30
yn der sun gefreyet, und ist worlich frey und mag zu keinem bösen ge-
drungen werden. Welche kirch leret den frummen Abel? wer Noe? wer
Abraam ? die alle on schrifft offt under den ergsten leüten gelebt haben.

O wie geist und schrifftloß ist das volck, wie reden sye so gar yrdisch
von sachen. Nun ist doch, wie gemeldet, alles, das uff erden von ussen 35
geschehen mag, nitt me, dann Paulus und Apollo den Corinthiern thon
haben, nemmlich die eüsserlich predig 110, welche noch für nichts zu rechen
ist gegen der inwendigen leer Gottes.

Aber als wir yetzt von Gott versehen seind, so haben wir uff erden
Welchs die gewisse regel ein gewisse regel, die ist aber die göttlich schrifft und nit die Kirch. 40
unsers glauben: Das es die schrifft sey, ist klar uß dem, das Paulus sagt, sye underweise

109. Vgl. Phil 3,13.

110. Vgl. 1 Cor 3,5 ff.
 
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