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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 2): Schriften der Jahre 1524 - 1528 — Gütersloh, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.29139#0100
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HANDEL MIT CUNRAT TREGER

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verworffen hat, die doch als ettlicher Apostel dargeben wurden, und
angenommen, die nitt Aposteln geschriben haben, als die Evangelia
Marci und Luce. Daruß schleüsszt er dann, das die Kirch zu richten
hab auch über die Apostolischen schrifften, also das nichts gelten soll,

5 was sye nitt annimpt, wie sye dann über alles ist. Wo die Kirch uff des
Tregers weiß in einem gemeynen Concilio versamlet ettlich Evangelia
haben angenommen, ettliche verworffen, wolt ich gern von ym bericht
werden, dann das dist. xv. ein canon Gelasii hat 152, das ist gar lang Gelasii canon
härnaher gesetzet worden, do schon das Register oder Canon der ge-
10 wissen bücher des newen Testaments bey allen Christen wol bekant
war. Auch so ist Gelasius kein Kirch gewesen.

In der hystory Eusebii 153, die under allen christlichen hystorien für Eusebius von christlichen
die gewissest gehalten würt, im iii. buch am xxvi. cap. ist gesetzet, der alt bücheren
canon und register der ungezweifelten h bücher des newen Testaments,

15 welches seind, die fyer Evangelienbücher Matthei, Marci, Luce und
Johannis, die geschicht der Apostel, die Episteln Pauli, Johannis die
erst, Petri auch die erst, diß seind die, von denen nye kein zweifel gewesen
ist. Nach dißen aber werden gezelet die offenbarung Johannis, die
Epistel Jacobi auch Jude und die ander Petri und auch die ander und dritt
20 Johannis, sye sey joch Johannis des Evangelisten oder eins andern, der des
nammens gewesen sey, und von dißen haben etlich zweifelt. Disen nach
werden gehalten die schrifft, so man heysszt die geschicht Pauli und das
buch des Hyrten genannt und die offenbarung Petri. | und von dißen G 4 b
hat man ser grossen zweifel. Man hat auch gehebt die Epistel Barnabe
25 und das Evangelion der Hebreer, aber in der gemeyn würt yn wider-
sprochen. Dem allen nach zeygt Eusebius an, das von ketzern under

h) ungezweifelten.

152. Decretum Gratiani Pars I, dist. XV, c. 3 (Corpus Iuris Canonici, ed. Friedberg,
I, S. 36 ff.). - Das Decretum Gratiani hat vom Decretum Gelasianum nur c. IV
(Verzeichnis der anerkannten Autoritäten) und c. V. (Apokryphenliste), sowie eine
Verordnung über die kirchlichen Lektionen auf genommen, die mit dem ursprünglichen
Gelasianum nichts zu tun hat, aber bereits im 11. Jahrhundert von der Überlieferung
damit in Zusammenhang gebracht worden ist. Nach der herkömmlichen Tradition
geht das Gelasianum auf Papst Gelasius I. (492/496) zurück, läßt sich aber aus sach-
lichen Gründen weder als Papstbrief noch als Konzilsdekret in dieser Zeit unterbringen.
Wahrscheinlich ist es eine gelehrte Privatarbeit aus der ersten Hälfte des 6. Jahr-
hunderts. Vgl. die eingehende Untersuchung von F. Dobschütz: Das Decretum
Gelasianum, 1912.

153. B. hält sich allerdings nicht im einzelnen an den Wortlaut der von ihm zitierten
Eusebstelle (He III, 25, 1-5). Im Gegensatz zu B.s Wiedergabe begnügt sich Euseb,
die »heilige Vierzahl« der Evangelien zu nennen, während er andererseits im An-
schluß an den Barnabasbrief die »Didache« erwähnt. Desgleichen vermißt man bei
B. die von Euseb gebotene, sehr abwägende und nuancierende Beurteilung der Auto-
rität und Anerkennung der einzelnen kanonischen und apokryphen Schriften.
 
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