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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 2): Schriften der Jahre 1524 - 1528 — Gütersloh, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.29139#0436
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MESSGUTACHTEN

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kanten immer wieder eine öffentliche Disputation mit ihren Gegnern
und setzen immer aufs Neue - schriftlich wie mündlich - ihr Leben als
Unterpfand für die Schriftgemäßheit ihrer Forderung ein, ja entbieten
sich zu jeder beliebigen Todesart. Die übrigen Straßburger Praedi-
kanten folgten hierin dem Vorgehen Martin Bucers, der seit seiner
Weißenburger Wirksamkeit immer wieder seine Bereitschaft bekundete,
für seine Lehre mit seinem Leben einzustehen. Das hat auf Bürger und
Magistrat den stärksten Eindruck gemacht.

Wenn nun die Messe als derart greuliche Abgötterei erkannt ist, so
muß mit allen Mitteln auf ihre Beseitigung hingearbeitet werden. Der
Bürger hat dies durch Fernbleiben, Gebet und Eingaben bei der
Obrigkeit zu tun. Die Obrigkeit aber hat die Messen zu verbieten. Denn
sie hat ihr Amt von Gott und muß daher seinen Ordnungen gemäß
vorgehen. Ihr müssen die frommen alttestamentlichen Herrscher Vor-
bilder sein. Keine noch so gefahrvolle politische Lage ist zu scheuen,
denn man müsse Gott mehr achten als die Menschen. Würde denn der
Stadtmagistrat nicht auch der Duldung des doch viel harmloseren
Venuskultes Widerstand leisten? Wieviel mehr ist also hier ihr Ein-
greifen nötig, wo es doch um die Ehre Gottes geht!

Daher hat sich die Obrigkeit in jedem Religionsstreit aus der Schrift
über den wahren Willen Gottes belehren zu lassen. Sollte sie dann jedoch
die als greuliche Gotteslästerung erwiesene Messe nicht abstellen, so
muß unzweifelhaft der erschreckliche Zorn Gottes über die Stadt
kommen. Zudem ist die Duldung beider Teile nicht möglich, ohne die
politische Einheit der Stadt aufs schwerste zu gefährden.

Selbstverständlich haben aber bei Abschaffung der Messe die Kirchen
nicht leerzustehen. Daher wird ein neuer, schriftgemäßer und also Gott
wohlgefälliger Kirchendienst sehr sorgfältig erörtert, geplant und
schließlich eingeführt.
 
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