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Sitzungen
Ein erstes wichtiges Problem ist nun, bei gegebenem Modell und bei gegebenen
Daten die Parameter des Modells zu schätzen. Das ist ein wohl studiertes, aber nicht
immer triviales Problem, dessen Lösung einige schöne algorithmische Kniffe verlangt.
Meistens sind aber aus biologischen Gründen mehrere Modelle denkbar und man
kann auch in allen diesen Modellen die Parameter gut schätzen. Die Frage, die sich
dann stellt, ist: Welches Modell passt besser zu den Daten?
Das Problem der Modellselektion stellt sich also bei der Diskussion der sogenann-
ten ‘gating-schemes’ für die Konfigurationsänderungen von Proteinen, die als lonen-
kanäle fungieren. In einer Zusammenarbeit mit der Angewandten Physiologie in Ulm
betrachten Mitarbeiter meiner Abteilung für Zeitreihenanalyse die Patch-Clamp-Mes-
sungen an Natrium-Kanälen, die aus einer menschlichen embryonischen Leberzell-
Linie gewonnen werden können.
Dabei bringt man den Kanal durch Anlegen einer äußeren Spannung in einen
geschlossenen Zustand. Nach einer Depolarisation kann der Kanal in andere Zustän-
de übergehen, darunter muss auch ein offener Zustand sein, wie man an einzelnen Tri-
als sieht. Eine der Hypothesen der Physiologen ist, dass das entsprechende ‘gating-
scheme’ wie in Fig. 2 aussieht.
C| C2 C3 o
\ z
I
Fig. 2: Gating-scheme, wie aufgrund der Struktur des lonenkanals vermutet.
Dabei bedeuten Cj bzw. C2, C3 wieder jeweils einen geschlossenen Zustand, O einen
offenen, und I einen inaktiven Zustand, d.h. einen, in dem der Kanal verharrt, wenn
keine äußeren Einflüsse stattfinden, aus dem also in Normalfall keine Übergänge statt-
finden.
Es gibt aber eine Fülle von anderen ‘gating-schemes’, die aus physiologischen
Gründen nicht ausgeschlossen werden können. Diese stellen verschiedene mathemati-
sche Modelle für den verborgenen Prozess dar. Man kann nun für alle diese Modelle
jeweils die Parameter des Modells schätzen, und dann aber mit bestimmten statisti-
schen Testverfahren die Modelle gegeneinander testen, um heraus zu finden, welches
der Modelle aufgrund der Daten als am wahrscheinlichsten vorliegend anzusehen ist.
Man erhält dann zunächst ein anderes als in Fig. 2 angegebenes Modell.
Hier lernt man nun aber auch, wie wichtig es ist, mit der Beobachtungsgleichung
die Beziehung des Messsignals zum dynamischen Zustand, hier der Konfiguration des
Proteins, richtig abzubilden.
In allen elektronischen Messgeräten gibt es Filter, die das Rohsignal, das der Expe-
rimentator meistens gar nicht zu Gesicht bekommt, noch weiter „vorverarbeiten , um
gewisse störende Einflüsse auszuschalten. Dabei ergeben sich aber immer auch
Nebenwirkungen, die den Zufallscharakter des endgültigen Messsignals betreffen.
Man müsste in der Beobachtungsgleichung dieses Filter noch berücksichtigen, d. h.
Sitzungen
Ein erstes wichtiges Problem ist nun, bei gegebenem Modell und bei gegebenen
Daten die Parameter des Modells zu schätzen. Das ist ein wohl studiertes, aber nicht
immer triviales Problem, dessen Lösung einige schöne algorithmische Kniffe verlangt.
Meistens sind aber aus biologischen Gründen mehrere Modelle denkbar und man
kann auch in allen diesen Modellen die Parameter gut schätzen. Die Frage, die sich
dann stellt, ist: Welches Modell passt besser zu den Daten?
Das Problem der Modellselektion stellt sich also bei der Diskussion der sogenann-
ten ‘gating-schemes’ für die Konfigurationsänderungen von Proteinen, die als lonen-
kanäle fungieren. In einer Zusammenarbeit mit der Angewandten Physiologie in Ulm
betrachten Mitarbeiter meiner Abteilung für Zeitreihenanalyse die Patch-Clamp-Mes-
sungen an Natrium-Kanälen, die aus einer menschlichen embryonischen Leberzell-
Linie gewonnen werden können.
Dabei bringt man den Kanal durch Anlegen einer äußeren Spannung in einen
geschlossenen Zustand. Nach einer Depolarisation kann der Kanal in andere Zustän-
de übergehen, darunter muss auch ein offener Zustand sein, wie man an einzelnen Tri-
als sieht. Eine der Hypothesen der Physiologen ist, dass das entsprechende ‘gating-
scheme’ wie in Fig. 2 aussieht.
C| C2 C3 o
\ z
I
Fig. 2: Gating-scheme, wie aufgrund der Struktur des lonenkanals vermutet.
Dabei bedeuten Cj bzw. C2, C3 wieder jeweils einen geschlossenen Zustand, O einen
offenen, und I einen inaktiven Zustand, d.h. einen, in dem der Kanal verharrt, wenn
keine äußeren Einflüsse stattfinden, aus dem also in Normalfall keine Übergänge statt-
finden.
Es gibt aber eine Fülle von anderen ‘gating-schemes’, die aus physiologischen
Gründen nicht ausgeschlossen werden können. Diese stellen verschiedene mathemati-
sche Modelle für den verborgenen Prozess dar. Man kann nun für alle diese Modelle
jeweils die Parameter des Modells schätzen, und dann aber mit bestimmten statisti-
schen Testverfahren die Modelle gegeneinander testen, um heraus zu finden, welches
der Modelle aufgrund der Daten als am wahrscheinlichsten vorliegend anzusehen ist.
Man erhält dann zunächst ein anderes als in Fig. 2 angegebenes Modell.
Hier lernt man nun aber auch, wie wichtig es ist, mit der Beobachtungsgleichung
die Beziehung des Messsignals zum dynamischen Zustand, hier der Konfiguration des
Proteins, richtig abzubilden.
In allen elektronischen Messgeräten gibt es Filter, die das Rohsignal, das der Expe-
rimentator meistens gar nicht zu Gesicht bekommt, noch weiter „vorverarbeiten , um
gewisse störende Einflüsse auszuschalten. Dabei ergeben sich aber immer auch
Nebenwirkungen, die den Zufallscharakter des endgültigen Messsignals betreffen.
Man müsste in der Beobachtungsgleichung dieses Filter noch berücksichtigen, d. h.