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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2001 — 2002

DOI Kapitel:
I. Das Geschäftsjahr 2001
DOI Kapitel:
Gesamtsitzung am 10. Februar 2001
DOI Kapitel:
Sitzung der Math.-net. Klasse am 28. April 2001
DOI Artikel:
Honerkamp, Josef: Datengestützte Modellierung biologischer Systeme
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.66350#0042
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28. April 2001

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lichkeit des Modells mit den experimentellen Daten, die in das Cytoplasma zurückge-
schleusten STAT-5 Monomere können erneut den Signalweg durchlaufen. Ein alterna-
tives Modell, in dem das im Kern dephosphorilierte STAT-5 im Kern verbleibt (t = °°)
oder zwar exportiert wird, aber nicht zurück in den Kreislauf gerät, ist nicht mit den
Daten verträglich.
Man kann nun auf der Basis dieses Modells konkrete Fragen stellen. Was passiert,
wenn man den Export aus dem Kern teilweise blockiert? Im Modell kann man
das sofort dadurch simulieren, dass man die entsprechende Übergangsrate gleich
Null setzt. Ein Experiment zu dieser Frage ist gerade durchgeführt worden und
war ein harter Test für das Modell, ob die Vorhersagen mit den experimentellen Daten
auch unter diesen modifizierten Bedingungen übereinstimmen. Der Test wurde
bestanden.
Damit stellt dieses Projekt einen Prototyp für das Studium der zellulären Signal-
wege dar. Man kennt die Ebene der biologischen Modelle, diese ist schon weit ent-
wickelt. In Datenbanken liegen genügend Modelle als Hypothesen für bestimmte Sig-
nalwege. Daraus abzuleiten wäre die Ebene der mathematischen Modelle, und zwar
zunächst die der Systemgleichungen, dann aber auch, abhängig von den experimentel-
len Gegebenheiten, die Beobachtungsgleichungen inklusive der gemessenen Werte.
Auf der Basis solcher Information ließen sich dann die Parameter in den Modellen
schätzen und biologisch interpretieren. Die biologische Plausibilität der geschätzten
Parameterwerte könnte so überprüft werden und damit auch die Gültigkeit des
Modells selbst. Viele biologische Modelle würden damit auf den quantitativen Prüf-
stand kommen.
5. Schätzer
Sind so nun schon zwei mathematische Ziele, nämlich Modellidentifikation und
Modellselektion, erklärt und in den Zusammenhang mit den biologischen Zielen
gesetzt, möchte ich nun zu den Begriffen und Methoden kommen, die man zur Errei-
chung der mathematischen Ziele einführen muss. Der zentrale Begriff ist der des
Schätzers. Ein Schätzer ist eine Funktion auf den Daten, die für jeden Datensatz eben
eine Schätzung für die gesuchten Parameter einschließlich der Vertrauensintervalle lie-
fert. Solche Schätzer können nicht rigoros abgeleitet werden, sondern müssen mehr
oder weniger gut motivierbar konstruiert werden. Es gibt für eine jede zu schätzende
Größe mehrere Schätzer, mit unterschiedlichen statistischen Eigenschaften. Wichtig
wird damit das Studium der Eigenschaften des konstruierten Schätzers. Ich will mich
hier auf einen Schätzertyp konzentrieren, der durch die Modellstruktur, die wir hier
immer unterstellt haben, besonders nahe gelegt wird.
Um einen Schätzer einzuführen, muss man erst einmal akzeptieren, dass ein jedes
realistische Modell, das auch den Messfehler mit berücksichtigt, zu einer Wahrschein-
lichkeitsdichte führt. Seien a die gesuchten Parameter oder Funktionen, durch die also
das Modell bei gegebener Modellstruktur vollständig definiert ist, so ist durch System-
gleichung und Beobachtungsgleichung immer die Dichte p(yla) bestimmt, d.h. bei
gegeben Parametern a ist die Wahrscheinlichkeit der Daten berechenbar. Nun kommt
ein wesentlicher Schritt. Man kann die Parameter a auch als Realisierungen von
Zufallsvariablen interpretieren, und somit auch von der gemeinsamen Dichte Q(y,a)
sprechen, insbesondere auch das berühmte Bayessche Theorem benutzen, um p(aly),
 
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