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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2001 — 2002

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I. Das Geschäftsjahr 2001
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Jahresfeier in der Alten Aula der Universität am 19. Mai 2001
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Darstellung der Arbeiten der Preisträger
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Karl-Freudenberg-Preis
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Meyer
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https://doi.org/10.11588/diglit.66350#0064
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19. Mai 2001

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Ein prominentes Beispiel für ein Enzym mit zwei Metallzentren ist die Urease, die
zwei Nickelatome in ihrem aktiven Zentrum verwendet. Die Urease kommt in Pflan-
zen sowie in vielen Algen, Pilzen und Bakterien vor. Sie katalysiert die Reaktion von
Harnstoff mit Wasser, d. h. die hydrolytische Zersetzung des Harnstoffs zu Kohlen-
dioxid und Ammoniak. Diese Reaktion ist von außerordentlicher Wichtigkeit: die Bil-
dung von verwertbarem Ammoniak ermöglicht es den Pflanzen und Mikroorganismen,
Harnstoff als Nährstoffquelle zu nutzen. In ganz anderer Weise macht sich die patho-
gene Spezies H. pylori, die für die Entstehung von Magengeschwüren verantwortlich
ist, die Urease -Reaktion zunutze: erst die massenhafte Freisetzung des basischen
Ammoniaks erlaubt es dem Bakterium, die Magensäure abzupuffern und unser unwirt-
liches Magenmilieu zu kolonisieren. Die Frage, wie der Harnstoff im aktiven Zentrum
des Urease-Enzyms eingefangen und durch das Zusammenwirken der zwei Nickelato-
me umgewandelt wird, ist demnach nicht nur von grundsätzlichem Interesse, sondern
könnte letztlich auch bei der Entwicklung von Inhibitoren für die Urease hilfreich sein.
Mit Hilfe der neuen Gerüstmoleküle ließ sich nun erstmals eine gleichzeitige, ver-
brückende Anbindung des Harnstoffs an zwei benachbarte Nickelatome nachweisen,
und dies wird derzeit auch als wahrscheinliche Bindungsweise des Substrats im natür-
lichen Vorbild postuliert. Des weiteren konnte am synthetischen System ein neuer
Abbauweg des in solcher Weise von den zwei Nickelatomen in den Griff genommenen
Harnstoffs verfolgt werden. Es scheint also sogar möglich, in der Zukunft eine Urease-
analoge Reaktivität durch kleine Modellverbmdungen nachzuahmen.
Chemische Reaktionen sind häufig mit der Übertragung von Elektronen zwischen
zwei Reaktionspartnern verknüpft, man spricht dabei von Oxidations- bzw. Redukti-
onsreaktionen. Metalle wie Kupfer - das nach Eisen und Zink das dritthäufigste Über-
gangsmetall-Element im menschlichen Körper ist - können sehr leicht einzelne Elek-
tronen aufnehmen und abgeben und sind daher bei zahlreichen Oxidations- und
Reduktionsreaktionen, u. a. beim biochemischen Sauerstoffmetabolismus, als Vermitt-
ler der Elektronenübertragung von zentraler Bedeutung. Wenn bei einer katalysierten,
chemischen Reaktion gleich mehrere Elektronen übertragen werden müssen, dann
nutzt die Natur hierfür in vielen Fällen das vereinte Wirken mehrerer, benachbarter
Kupferatome. So z. B. im Enzym Catechol-Oxidase, das in Pflanzen weitverbreitet ist
und nach derzeitigen Erkenntnissen eine wichtige Rolle im pflanzlichen Abwehr-
system spielt: werden die Pflanzenzellen beschädigt, dann gelangt das Enzym mit
seinen natürlichen, zuvor in der Zellvakuole gespeicherten Substraten und mit Luft-
sauerstoff in Kontakt. Es kommt zur enzymvermittelten Oxidation des Substrats
durch den Sauerstoff, was schließlich zur Melaninbildung und zur Bräunungsreaktion
führt, die für gealterte Früchte typisch ist.


Bräunung eines aufgeschnittenen Apfels:
eine natürliche Enzymreaktion, bei der zwei
benachbarte Kupferatome von Bedeutung sind.
 
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