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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2004 — 2004

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I. Das Geschäftsjahr 2004
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Antrittsreden
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Altherr, Rainer: Antrittsrede vom 11. Dezember 2004
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https://doi.org/10.11588/diglit.66960#0128
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ANTRITTSREDEN

irgendwie infiziert haben, denn bis heute habe ich insgesamt mehr als drei Jahre mei-
nes Lebens in der Ägäis verbracht. Was mich an dieser Region noch immer faszi-
niert, ist nicht nur die unmittelbar erlebbare Geodynamik, sondern auch die enge
Verzahnung geologischer Prozesse mit der Entwicklung menschlicher Kultur. Es war
daher nicht zufällig, dass ich meine Diplomarbeit auf der Insel Kos vor dem türki-
schen Festland durchführte, wo ich die Mineralreaktionen studierte, die in zunächst
kalten Sedimentgesteinen während der Aufheizung durch ein intrudiertes heißes
Magma abgelaufen waren.
Promoviert wurde ich 1975 an der Universität Freiburg mit einer Dissertation
über die Zone Badenweiler-Lenzkirch im Schwarzwald, einer Zone, in der während
der variszischen Gebirgsbildung vor ungefähr 330 Mill. Jahren heiße, partiell
geschmolzene Gesteinspartien sehr schnell über Sedimentgesteine geschoben wur-
den. Mein Doktorvater war Wolfhard Wimmenauer.
Zum 1. August 1975 trat ich an der Technischen Universität Clausthal die Stelle
eines wissenschaftlichen Assistenten an. Der Wechsel vom beschwingten alemanni-
schen Leben in Freiburg und seiner vielfältigen Umgebung zur kleinstädtischen
Atmosphäre im Oberharz kam für mich einem Kulturschock nahe. Nachdem ich
mich dann nicht entscheiden konnte, ob einige Schneeflocken, die im Juni 1976 in
Clausthal vom Himmel fielen, noch dem gerade vergangenen oder aber bereits dem
kommenden Winter zuzurechnen seien, entschloß ich mich, auf eine mir angebote-
ne Assistentenstelle an der Technischen Universität Braunschweig zu wechseln. Dort
gab es eine Wissenschaftlergruppe um Martin Okrusch, die in der von mir so gelieb-
ten Ägäis petrologisch-geologische Forschungen, vor allem an metamorphen Gestei-
nen, durchfuhrte. Ich selbst beschäftigte mich damals in erster Lime mit der Entste-
hung geologisch junger, nur 9 bis 15 Mill. Jahre alter Granit-Intrusionen auf den
Kykladen-Inseln.
1979 erhielt ich em Stipendium des DAAD, um für em Jahr an die University
of Chicago zu gehen, damals neben der Australian National University wohl das
bekannteste Zentrum für experimentelle Petrologie. In den Labors von Peter J.
Wyllie und Robert C. Newton wollte ich Experimente zum Schmelz- und Kristalli-
sationsverhalten granitischer Systeme bei erhöhten Drücken und Temperaturen
durchführen. Ich werde nie das Glücksgefühl vergessen, das mich ergriff, als ich die
Produkte meines ersten Experiments unter dem Lichtmikroskop betrachtete und
unter anderem wunderschön ausgebildete Granatkristalle in einer Matrix aus Glas
erkannte. Mir war es gelungen, diese Kristalle wachsen zu lassen! Allerdings wurde
meine Euphorie einige Wochen später etwas gedämpft, als ich bei der weiteren
Untersuchung der experimentellen Produkte unter dem Rasterelektronenmikroskop
bemerkte, daß alle Granatkristalle in ihrem Kern jeweils ein winziges Magnetitkörn-
chen enthielten. Dies bedeutete, daß sich das untersuchte System während des Expe-
riments durch heterogene Keimbildung wohl nicht in Richtung eines stabilen
Gleichgewichts entwickelt hatte. Unabhängig von meiner experimentellen Arbeit war
die Zeit in Chicago in einer vielseitig anregenden Atmosphäre von enormem Wert
für die Erweiterung meines Bewußtseins. Ich nahm mir auch sechs Wochen Zeit, um
den landschaftlich und geologisch so aufregenden Westen der USA kennen zu lernen.
 
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