23. November 2010 | 191
Sicht möchte ich in der gebotenen Kürze drei Lösungsansätze vorstellen, wie sie
gegenwärtig diskutiert werden.
Der erste, heute in dieser Form allgemein aufgegebene Lösung kann man als
den exklusiven Lösungsansatz bezeichnen. Er geht davon aus, dass schon das Alte
Testament mit dem Glauben an den einen und einzigen Gott sich gegen die Ver-
ehrung anderer Götter wendet. Es hat in dieser Frage — so wie es heutige Exegese
sieht — im Alten Testament wohl eine Entwicklung gegeben. Aber die Entwicklung
führte aufgrund der inneren Logik des Jahwe-Glaubens zu einem exklusiven Mono-
theismus, wie er besonders im ersten Gebot des Dekalogs zum Ausdruck kommt:
„Du sollst neben mir keine anderen Götter haben“ (Ex 20,3; Dtn 5,7—10). Die alt-
testamentlichen Propheten haben diesen Em-Gottglauben immer wieder einge-
schärft. Nach dem Propheten Jesaia sind die Götzen schlicht Nichtse (Jes 41,29).Jesus
bestätigte den alttestamentlichen Glauben an den einen und einzigen Gott (Mk
12,29—32; vgl.Joh 17,3; 1 Kor 8,5 f). So gehört zur Taufe von Anfang und bis heute
die Absage gegenüber den Götzen und die Bekehrung zu dem einen lebendigen
wahren Gott (1 Thess 1,9).
Paulus machte den Heiden zum Vorwurf, sie hätten Gott zwar erkannt aber ihn
nicht anerkannt; sie hätten vielmehr die Wahrheit niedergehalten und seien so Nich-
tigkeiten verfallen (Röm 1,18—21). Die Kirchenväter haben entsprechend vom
Irr- und Aberglauben in den heidnischen Religionen gesprochen. Das alles sind
Aussagen des Alten und Neuen Testaments, welche für die christliche Theologie bis
heute Bedeutung haben und die jeden religiösen Relativismus, Indifferentismus und
Synkretismus ausschließen. Insofern hat diese exklusive Theorie auch heute noch
Bedeutung.
Wir sehen heute allerdings, dass diese exklusiven Aussagen nur die eine Hälfte
der Wahrheit sind. Neben den exklusiven Aussagen stehen schon in der Bibel selbst
auch andere Aussagen, welche man heute als inklusiv bezeichnet. Schon die Bibel
kennt sogenannte heilige Heiden: Abel. Henoch, Melchisedek, Job. Die Apostelge-
schichte im Neuen Testament sagt, dass bei Gott jeder in jedem Volk willkommen
ist, der ihn fürchtet und tut, was recht ist (Apg 10,34). Paulus spricht vom Gewissen
und sagt, dass den Heiden das Gesetz ms Herz geschrieben ist und ihr Gewissen
davon Zeugnis gibt (Röm 2, 15). Nach dem Johannesevangelium leuchtet das Licht,
das in Jesus Christus offenbar geworden ist, jedem Menschen (Job 1,9). Deshalb
haben frühe Kirchenväter, die so genannten Apologeten, schon im zweiten Jahrhun-
dert von den Wahrheitskörnern bzw. Wahrheitsfragmenten (Xoyoi (JTTcOllG.TLZOl)
gesprochen, die sich in den Kulturen und Religionen der Heiden finden.12
Augustinus hat von der Kirche gesprochen, welche sich „ab Abel msto“, also
seit Anbeginn der Welt durch die ganze Geschichte hindurch zieht.13 Thomas von
Aquin hat diese universale Sicht der Kirche an vielen Stellen seines Werkes aufge-
12 Vgl. Justin, 1 Apol. 46; 2 Apol 7; 10; 13 u. a.
13 Augustinus, Sermo 341, 9, 11; En. In Ps 90,1; De civ Die XVIII, 51. Auch das II.Vatikanum hat
diese Aussage ausdrücklich aufgenommen (LG 2).Y. Congar, Ecclesia ab Abel, in: Abhandlungen
über Theologie und Kirche (FS K. Adam), Düsseldorf 1952, 79-108.
Sicht möchte ich in der gebotenen Kürze drei Lösungsansätze vorstellen, wie sie
gegenwärtig diskutiert werden.
Der erste, heute in dieser Form allgemein aufgegebene Lösung kann man als
den exklusiven Lösungsansatz bezeichnen. Er geht davon aus, dass schon das Alte
Testament mit dem Glauben an den einen und einzigen Gott sich gegen die Ver-
ehrung anderer Götter wendet. Es hat in dieser Frage — so wie es heutige Exegese
sieht — im Alten Testament wohl eine Entwicklung gegeben. Aber die Entwicklung
führte aufgrund der inneren Logik des Jahwe-Glaubens zu einem exklusiven Mono-
theismus, wie er besonders im ersten Gebot des Dekalogs zum Ausdruck kommt:
„Du sollst neben mir keine anderen Götter haben“ (Ex 20,3; Dtn 5,7—10). Die alt-
testamentlichen Propheten haben diesen Em-Gottglauben immer wieder einge-
schärft. Nach dem Propheten Jesaia sind die Götzen schlicht Nichtse (Jes 41,29).Jesus
bestätigte den alttestamentlichen Glauben an den einen und einzigen Gott (Mk
12,29—32; vgl.Joh 17,3; 1 Kor 8,5 f). So gehört zur Taufe von Anfang und bis heute
die Absage gegenüber den Götzen und die Bekehrung zu dem einen lebendigen
wahren Gott (1 Thess 1,9).
Paulus machte den Heiden zum Vorwurf, sie hätten Gott zwar erkannt aber ihn
nicht anerkannt; sie hätten vielmehr die Wahrheit niedergehalten und seien so Nich-
tigkeiten verfallen (Röm 1,18—21). Die Kirchenväter haben entsprechend vom
Irr- und Aberglauben in den heidnischen Religionen gesprochen. Das alles sind
Aussagen des Alten und Neuen Testaments, welche für die christliche Theologie bis
heute Bedeutung haben und die jeden religiösen Relativismus, Indifferentismus und
Synkretismus ausschließen. Insofern hat diese exklusive Theorie auch heute noch
Bedeutung.
Wir sehen heute allerdings, dass diese exklusiven Aussagen nur die eine Hälfte
der Wahrheit sind. Neben den exklusiven Aussagen stehen schon in der Bibel selbst
auch andere Aussagen, welche man heute als inklusiv bezeichnet. Schon die Bibel
kennt sogenannte heilige Heiden: Abel. Henoch, Melchisedek, Job. Die Apostelge-
schichte im Neuen Testament sagt, dass bei Gott jeder in jedem Volk willkommen
ist, der ihn fürchtet und tut, was recht ist (Apg 10,34). Paulus spricht vom Gewissen
und sagt, dass den Heiden das Gesetz ms Herz geschrieben ist und ihr Gewissen
davon Zeugnis gibt (Röm 2, 15). Nach dem Johannesevangelium leuchtet das Licht,
das in Jesus Christus offenbar geworden ist, jedem Menschen (Job 1,9). Deshalb
haben frühe Kirchenväter, die so genannten Apologeten, schon im zweiten Jahrhun-
dert von den Wahrheitskörnern bzw. Wahrheitsfragmenten (Xoyoi (JTTcOllG.TLZOl)
gesprochen, die sich in den Kulturen und Religionen der Heiden finden.12
Augustinus hat von der Kirche gesprochen, welche sich „ab Abel msto“, also
seit Anbeginn der Welt durch die ganze Geschichte hindurch zieht.13 Thomas von
Aquin hat diese universale Sicht der Kirche an vielen Stellen seines Werkes aufge-
12 Vgl. Justin, 1 Apol. 46; 2 Apol 7; 10; 13 u. a.
13 Augustinus, Sermo 341, 9, 11; En. In Ps 90,1; De civ Die XVIII, 51. Auch das II.Vatikanum hat
diese Aussage ausdrücklich aufgenommen (LG 2).Y. Congar, Ecclesia ab Abel, in: Abhandlungen
über Theologie und Kirche (FS K. Adam), Düsseldorf 1952, 79-108.