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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2010 — 2011

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I. Das Geschäftsjahr 2010
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Antrittsreden
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Schäfer, Thomas: Antrittsrede von Herrn Thomas Schäfer an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 17. April 2010
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https://doi.org/10.11588/diglit.55658#0199
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Thomas Schäfer | 215

ich nicht nur in den Museen den Grundstein für mein Studium legte, sondern auch
tief in Kultur und Politik Italiens der frühen 70er Jahre eintauchte. Gleichzeitig
begann ich, schon mit 18 Jahren, als Reiseleiter auf „Bildungsreisen“ in Italien und
Sizilien Geld zu verdienen. Dies war gewissermaßen ein erster Versuch, auf der kom-
munikativen Schiene Wissen weiter zu vermitteln.
Ich studierte an zahlreichen Universitäten, Göttingen, Bonn, Hamburg und
Heidelberg und sah mich in sehr unterschiedhchen Disziplinen um. Wesentlich war
mir dabei das durchaus unterschiedliche Fachverständnis der Dozenten. Dazu nur
zwei Worte: Von Paul Zänker mit seiner damals ganz modernen, von politischen und
sozialen Fragestellungen bestimmten Archäologie kam ich nach Bonn zu Nikolaus
Himmelmann, bei dem Formanalyse und Stil im Vordergrund standen. Walter Hatto
Gross in Hamburg hielt eine unvergessliche Vorlesung über das griechische Privatle-
ben, Hans Peter Laubscher führte mich in die Spätantike ein. Hans v. Steuben ver-
danke ich Lehrveranstaltungen zur Topographie von Griechenland und zum antiken
Athen, an die sich eine mitreißende Exkursion anschloss, Hanns Gabelmann das Ver-
ständnis für nichtzentrale antike Kulturen.
Auf der Suche nach mir selbst sowie vor allem nach einem komplexen, her-
meneutischen System im Hinblick auf die Beschäftigung mit der Antike beschloss
ich dann 1975, nach Heidelberg zu wechseln. Hier, glaubte ich, würden sich die
richtigen Zutaten für meine spezifische Interessenslage konkretisieren. Dies war in
der Tat stärker der Fall, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich erinnere mich an die unge-
mein intensive, bis weit nach Mitternacht reichende Arbeitsatmosphäre des Archäo-
logischen Instituts in den späten 70er Jahren. In ganz besonderer Weise prägend
wurde für mich die Person von Tonio Hölscher, hinzu kam sehr bald Geza Alföldy
in meinem Nebenfach der Alten Geschichte. Rückblickend ist mir klar, dass sich in
dieser Heidelberger Atmosphäre mein Fachverständnis konkretisiert hat, dass aber
auch der mehrfache Wechsel der Universitäten und die Wirkung sehr unterschied-
licher akademischer Lehrer für mich wichtig waren. Daraus ergab sich ein sehr brei-
ter und integraler Ansatz, der nach dem Gesamtbild einer antiken Gesellschaft fragt,
wie sie sich nach innen und außen versteht und darstellt, und das natürlich in ihrer
historischen Bedingtheit und Einbindung.
Daraus ergab sich fast zwangsläufig em passendes Dissertationsthema: Auf Höl-
schers Anregung beschäftigte ich mich mit den Insignien römischer Magistrate,
ihrem Amtsstuhl, der Sella curulis als Ausweis ihrer Auctontas und den Fasces, die
ihnen zum Zeichen ihrer exekutiven Gewalt von den Liktoren vorangetragen wur-
den. Diese Abzeichen der senatorischen und munizipalen Würdenträger wurden in
der römischen Republik zu semantischen Zeichen von erheblicher defimtorischer
Kraft und finden sich daher als primäres distinguens im Rahmen der Selbstdarstellung
dieser Gesellschaftsschichten auf ihren Grabbauten. Sie konstituierten auf visueller
Ebene gewissermaßen eine corporate identity dieses Standes, die als Bildzeichen
ganz unabhängig von der Grabinschrift den cursus honorum des Verstorbenen
bezeichnet.
Em Stipendium des DAAD ermöglichte es mir, diese Arbeit weitgehend in der
Bibliothek des DAI in Rom zu recherchieren und zu schreiben. Dieser Aufenthalt
 
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