Peter Krammer
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meine Doktorarbeit wichtig, um den Kontakt zum Basel Institute for Immunology
(BII) herzustellen, das von Hoffmann La Roche finanziert wurde und von dem
Dänen Niels Jerne geleitet wurde. Nachdem ich dieses Institut besucht hatte, war für
mich klar, dass dies der Platz für mich sein musste, an dem ich meine wissenschaftli-
che Ausbildung weiterführen wollte. Jerne hatte es geschafft, dieses Institut zum
Mekka der Immunologie zu machen und gleichzeitig einen Geist der akademischen
Freiheit und Kreativität zu etablieren, der weltweit einzigartig war. Trotz meiner wis-
senschaftlichen Jugend bekam ich die Chance, an diesem Institut zu arbeiten und
habe seinen Geist in vollen Zügen eingeatmet. Ich war damals das jüngste wissen-
schaftliche Mitglied des BII und habe dort einige Jahre gearbeitet, in einer Zeit, die
man am Nachhinein als die „Goldene“ bezeichnen kann, da dieses Institut und drei
seiner Mitarbeiter Nobelpreise erhalten haben. Hier hatte ich Gelegenheit, die
bedeutendsten Wissenschaftler der Welt kennen zu lernen, weil sie dieses Institut
besuchten. Noch heute wünsche ich mir oft die Atmosphäre des BII zurück, in dem
schon am Morgen die Wogen der Diskussionen über wissenschaftliche Themen
hochschlugen. So war es zum Beispiel über Monate ein Thema, welches Repertoire
in Bezug auf die V-Gene von Immunglobulin ein Frosch hat, der ä la Gurdon aus
einem TNP spezifischen Froschlymphozyten entstanden ist. Macht dieser Frosch nur
Anti-TNP-Antikörper oder hat er ein diverses Repertoire? Ich würde mir wün-
schen, dass heute wissenschaftliche Diskussionen mit ähnlicher Intensivität geführt
würden wie damals und nicht allzu oft in politischer Verflachung enden.
Nach einem Jahr am Freiburger Max-Planck-Institut für Immunbiologie bin
ich 1976 an das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg umgezogen und
bin hier mit Unterbrechungen durch Auslandsaufenthalte noch immer tätig. Emer
meiner Auslandsaufenthalte führte mich als Gastprofessor an die Universität von
Texas in Dallas. Dort habe ich in Zusammenarbeit mit den dortigen Wissenschaft-
lern entdeckt, wie es so genannte B-Lymphozyten anstellen, von der Produktion
eines Immunglobulintyps zum anderen zu switchen. Dies war eine wichtige Ent-
deckung für die Immunologie und hat viele Aspekte der normalen Immunologie
und der Pathophysiologie immunologischer Erkrankungen beeinflusst. Der Aufent-
halt in Dallas war besonders angenehm, weil ich jeden Morgen von einer pech-
schwarzen Texanerin mit den Worten „Good mormng, sweetheart“ begrüßt wurde.
Dass diese freundliche Dame gleichzeitig Mitglied einer Bande war, die die Com-
puter aus den Büros der Wissenschaftler stahl und diese auf dem Schwarzmarkt ver-
kaufte, habe ich allerdings erst später erfahren.
Anfang der 80er Jahre hat mich und meine Kollegen die Hypothese besonders
aufgeregt, dass Tumorzellen vielleicht Wachstumsfaktoren produzieren, mit denen sie
sich quasi füttern und am Leben und Wachsen halten. Schnell war daher die Idee
geboren, dass man Tumorzellen am Wachsen hindern könnte, wenn man die Rezep-
toren auf den Tumorzellen für solche Wachstumsfaktoren durch monoklonale Anti-
körper blockiert. Nach langjährigen Versuchen und vielen frustranen Ansätzen
gelang es uns schließlich, einen Antikörper zu finden, der in der Tat das Wachstum
von Tumorzellen komplett abschalten konnte. Dieser Antikörper war nicht nur in
der Lage, das Wachstum von Tumorzellen abzuschalten, sondern diese Tumorzellen
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meine Doktorarbeit wichtig, um den Kontakt zum Basel Institute for Immunology
(BII) herzustellen, das von Hoffmann La Roche finanziert wurde und von dem
Dänen Niels Jerne geleitet wurde. Nachdem ich dieses Institut besucht hatte, war für
mich klar, dass dies der Platz für mich sein musste, an dem ich meine wissenschaftli-
che Ausbildung weiterführen wollte. Jerne hatte es geschafft, dieses Institut zum
Mekka der Immunologie zu machen und gleichzeitig einen Geist der akademischen
Freiheit und Kreativität zu etablieren, der weltweit einzigartig war. Trotz meiner wis-
senschaftlichen Jugend bekam ich die Chance, an diesem Institut zu arbeiten und
habe seinen Geist in vollen Zügen eingeatmet. Ich war damals das jüngste wissen-
schaftliche Mitglied des BII und habe dort einige Jahre gearbeitet, in einer Zeit, die
man am Nachhinein als die „Goldene“ bezeichnen kann, da dieses Institut und drei
seiner Mitarbeiter Nobelpreise erhalten haben. Hier hatte ich Gelegenheit, die
bedeutendsten Wissenschaftler der Welt kennen zu lernen, weil sie dieses Institut
besuchten. Noch heute wünsche ich mir oft die Atmosphäre des BII zurück, in dem
schon am Morgen die Wogen der Diskussionen über wissenschaftliche Themen
hochschlugen. So war es zum Beispiel über Monate ein Thema, welches Repertoire
in Bezug auf die V-Gene von Immunglobulin ein Frosch hat, der ä la Gurdon aus
einem TNP spezifischen Froschlymphozyten entstanden ist. Macht dieser Frosch nur
Anti-TNP-Antikörper oder hat er ein diverses Repertoire? Ich würde mir wün-
schen, dass heute wissenschaftliche Diskussionen mit ähnlicher Intensivität geführt
würden wie damals und nicht allzu oft in politischer Verflachung enden.
Nach einem Jahr am Freiburger Max-Planck-Institut für Immunbiologie bin
ich 1976 an das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg umgezogen und
bin hier mit Unterbrechungen durch Auslandsaufenthalte noch immer tätig. Emer
meiner Auslandsaufenthalte führte mich als Gastprofessor an die Universität von
Texas in Dallas. Dort habe ich in Zusammenarbeit mit den dortigen Wissenschaft-
lern entdeckt, wie es so genannte B-Lymphozyten anstellen, von der Produktion
eines Immunglobulintyps zum anderen zu switchen. Dies war eine wichtige Ent-
deckung für die Immunologie und hat viele Aspekte der normalen Immunologie
und der Pathophysiologie immunologischer Erkrankungen beeinflusst. Der Aufent-
halt in Dallas war besonders angenehm, weil ich jeden Morgen von einer pech-
schwarzen Texanerin mit den Worten „Good mormng, sweetheart“ begrüßt wurde.
Dass diese freundliche Dame gleichzeitig Mitglied einer Bande war, die die Com-
puter aus den Büros der Wissenschaftler stahl und diese auf dem Schwarzmarkt ver-
kaufte, habe ich allerdings erst später erfahren.
Anfang der 80er Jahre hat mich und meine Kollegen die Hypothese besonders
aufgeregt, dass Tumorzellen vielleicht Wachstumsfaktoren produzieren, mit denen sie
sich quasi füttern und am Leben und Wachsen halten. Schnell war daher die Idee
geboren, dass man Tumorzellen am Wachsen hindern könnte, wenn man die Rezep-
toren auf den Tumorzellen für solche Wachstumsfaktoren durch monoklonale Anti-
körper blockiert. Nach langjährigen Versuchen und vielen frustranen Ansätzen
gelang es uns schließlich, einen Antikörper zu finden, der in der Tat das Wachstum
von Tumorzellen komplett abschalten konnte. Dieser Antikörper war nicht nur in
der Lage, das Wachstum von Tumorzellen abzuschalten, sondern diese Tumorzellen