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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2010 — 2011

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I. Das Geschäftsjahr 2010
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Jäger, Willi: Hermann Witting (29. 5. 1927 – 5. 10. 2010)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55658#0221
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Hermann Witting | 237

dieser Zeit in Deutschland nur unzureichend vertretenen, aber in vielen Bereichen
der Wissenschaft und der Anwendungen enorm wichtigen Disziplin.
Nach kürzeren Stationen an der Universität Freiburg, der TH Karlsruhe und
der ETH Zürich, übernahm er 1962 eine ordentliche Professur an der Universität
Münster, an der em starkes, international anerkanntes Institut für Mathematische
Statistik aufbaute. Im Jahr 1972 folgte er einem Ruf an die Universität Freiburg, wo
er seine Konzepte in Forschung und Lehre mit großem Erfolg umsetzte. Er war
einer der Initiatoren des Freiburger Zentrums für Datenanalyse und Modellbildung.
Auch nach seiner Emeritierung 1992 blieb er wissenschaftlich aktiv.
Hermann Witting setzte sich voll für die Stärkung insbesondere der Mathema-
tik und ihrer Anwendungen in Deutschland ein, die noch Jahre nach Ende des
Krieges und des nationalsozialistischen Regimes an dem durch diese verursachten
Aderlass litten. Er bestimmte international die Entwicklung seines Fachgebiets
wesentlich mit. Seine wichtigsten wissenschaftlichen Beiträge überdecken em weites
Spektrum der Stochastik und der mathematischen Statistik und reichen von der
parametrischen Statistik über asymptotische und verteilungsabhängige Verfahren bis
zur Versuchsplanung und Sequentialanalyse. Er betrachtete statistische Verfahren als
Lösung von Optimierungsproblemen und unterstrich so den mathematischen Cha-
rakter der Statistik, dies im Unterschied zu deren sehr empirischen Orientierung in
den angelsächsischen Ländern. Seine Lehrbücher gehören zur Standardliteratur und
beeinflussten die Entwicklung der mathematischen Statistik. 15 Professoren und
insgesamt 28 Doktoren kommen aus seiner Schule, und verfolgen in Wissenschaft
und Lehre und einem breiten Feld von Anwendungen Konzepte, die von ihm stark
geprägt wurden.
Hermann Witting engagierte sich sehr erfolgreich in vielen wissenschaftlichen
Organisationen, so unter anderem als Vorsitzender der Deutschen Mathematiker Ver-
einigung (1978—1990) und als Mitglied von Gremien der Deutschen Forschungs-
gemeinschaft. Er war insbesondere einer der Wissenschaftler, die das international
herausragende Mathematische Forschungsinstitut in Oberwolfach aktiv mitgestaltet
und gefordert haben. In Anerkennung seiner Verdienste und seiner wissenschaft-
lichen Leistungen wählte das Institute of Mathematical Statistics Hermann Witting
als Fellow und verlieh ihm die Universität Münster die Ehrendoktorwürde.
Hermann Witting hat durch sein vorbildliches Wirken die Mathematik und die
Wissenschaften gefördert und das Ansehen insbesondere der Universität Freiburg
und der Heidelberger Akademie der Wissenschaften gemehrt.

WILLI JÄGER und GERHARD DZIUK
 
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