Harald von Petrikovits | 239
museum tätig, das er von 1958 bis 1973 als Direktor leitete. Er machte aus diesem
Museum eine Institution, die damals europaweit als eines der wichtigsten Zentren
für die römische Archäologie galt. Er selbst und seine Mitarbeiter führten zahlreiche
erfolgreiche Ausgrabungen durch; er selbst machte sich als Ausgräber vor allem durch
die Erforschung des römischen Legionslagers Novaesium (Neuß), der Colonia Ulpia
Traiana (Xanten) und des römischen Bergbaugebietes von Berg von Nideggen ver-
dient. Er baute anstelle des im Zweiten Weltkrieg zerstörten alten Gebäudes das neue
Museum auf, das 1967/69 eröffnet wurde und mit seinen Ausstellungen viele Besu-
cher anzog. Schon lange bevor das Computerzeitalter ausbrach, hatte er die Inventa-
risierung des im Museum gelagerten Fundmaterials komputerisieren lassen. Ebenfalls
schon in einer Zeit, als die Notwendigkeit der Kooperation von Geistes- und Natur-
wissenschaften noch nicht so selbstverständlich war wie heute, sorgte er für die Nut-
zung des Magnetometers bei Ausgrabungen, und mit der Zeitschrift „Archaeo-
Physica“ rief er eine Bahn brechende neue wissenschaftliche Richtung ms Leben.
Er förderte jedoch auch ganz andere Forschungsrichtungen. Die von ihm begrün-
dete Schriftenreihe „Epigraphische Studien“ diente nicht nur der Veröffentlichung
neuer Inschriftenfunde aus dem Rheinland, sondern wurde ein internationales
Publikationsorgan, in dem auch historisch-epigraphische Monographien erscheinen
konnten. Daneben hielt er sehr sorgfältig vorbereitete Lehrveranstaltungen an der
Bonner Universität und betreute intensiv seine Schüler. Er war streng und verlang-
te ebenso von seinen Schülern wie von seinen Mitarbeitern wie von sich selbst sehr
viel, war jedoch stets hilfsbereit. Mich hatte er im Jahre 1965 als politischen Flücht-
ling aus Ungarn sofort angestellt (mit der Aufgabe, die unpublizierten Inschriften des
Museums zu veröffentlichen und em Lapidarium einzurichten, was für mich ein
„Traumjob“ war), und zusammen mit seiner Frau las und korrigierte er meine
ManuskripteWort für Wort.
Der Wissenschaftler Harald von Petrikovits blieb in Deutschland, wo es
zwischen Archäologen und Althistorikern lange Zeit eine ziemliche Kluft gab, mit
seiner Vielseitigkeit der guten alten österreichischen Tradition treu und erwies sich
in seiner Forschungsarbeit als ein universaler Altertumswissenschaftler. Seine Gra-
bungspublikationen in den Bonner Jahrbüchern sind ebenso musterhafte archäolo-
gische Studien wie sein Führer über Novaesium, und sein Buch „Das römische
Rheinland. Archäologische Forschungen seit 1945“ ist eine Einführung in die
Militär-, Siedlungs-, Wirtschafts- und Religionsgeschichte des römischen Nieder-
germanien, auf die sich die Forschung bis heute stützt. Erst nach seiner Pensionie-
rung legte er im Sammelwerk „Rheinische Geschichte“ seine große Synthese
“Altertum“ vor, in der er die Geschichte des Rheinlandes von der Urzeit bis zum
5. Jahrhundert n. Chr. aufgrund einer Zusammenschau archäologischer, literarischer
und inschriftlicher Quellen mit einem Umfang von nicht viel weniger als 400 Sei-
ten beschrieb. Mit seinem Buch über die Innenbauten der römischen Legions-
festungen bereicherte er nicht nur die römische Militärarchäologie um ein Hand-
buch, sondern u. a. auch die römische Sozialgeschichte, indem er durch den Nach-
weis der unterschiedlichen Unterbringungsmöglichkeiten der verschiedenen
Rangstufen vom einfachen Soldaten bis zum Truppenkommandeur sozusagen einen
museum tätig, das er von 1958 bis 1973 als Direktor leitete. Er machte aus diesem
Museum eine Institution, die damals europaweit als eines der wichtigsten Zentren
für die römische Archäologie galt. Er selbst und seine Mitarbeiter führten zahlreiche
erfolgreiche Ausgrabungen durch; er selbst machte sich als Ausgräber vor allem durch
die Erforschung des römischen Legionslagers Novaesium (Neuß), der Colonia Ulpia
Traiana (Xanten) und des römischen Bergbaugebietes von Berg von Nideggen ver-
dient. Er baute anstelle des im Zweiten Weltkrieg zerstörten alten Gebäudes das neue
Museum auf, das 1967/69 eröffnet wurde und mit seinen Ausstellungen viele Besu-
cher anzog. Schon lange bevor das Computerzeitalter ausbrach, hatte er die Inventa-
risierung des im Museum gelagerten Fundmaterials komputerisieren lassen. Ebenfalls
schon in einer Zeit, als die Notwendigkeit der Kooperation von Geistes- und Natur-
wissenschaften noch nicht so selbstverständlich war wie heute, sorgte er für die Nut-
zung des Magnetometers bei Ausgrabungen, und mit der Zeitschrift „Archaeo-
Physica“ rief er eine Bahn brechende neue wissenschaftliche Richtung ms Leben.
Er förderte jedoch auch ganz andere Forschungsrichtungen. Die von ihm begrün-
dete Schriftenreihe „Epigraphische Studien“ diente nicht nur der Veröffentlichung
neuer Inschriftenfunde aus dem Rheinland, sondern wurde ein internationales
Publikationsorgan, in dem auch historisch-epigraphische Monographien erscheinen
konnten. Daneben hielt er sehr sorgfältig vorbereitete Lehrveranstaltungen an der
Bonner Universität und betreute intensiv seine Schüler. Er war streng und verlang-
te ebenso von seinen Schülern wie von seinen Mitarbeitern wie von sich selbst sehr
viel, war jedoch stets hilfsbereit. Mich hatte er im Jahre 1965 als politischen Flücht-
ling aus Ungarn sofort angestellt (mit der Aufgabe, die unpublizierten Inschriften des
Museums zu veröffentlichen und em Lapidarium einzurichten, was für mich ein
„Traumjob“ war), und zusammen mit seiner Frau las und korrigierte er meine
ManuskripteWort für Wort.
Der Wissenschaftler Harald von Petrikovits blieb in Deutschland, wo es
zwischen Archäologen und Althistorikern lange Zeit eine ziemliche Kluft gab, mit
seiner Vielseitigkeit der guten alten österreichischen Tradition treu und erwies sich
in seiner Forschungsarbeit als ein universaler Altertumswissenschaftler. Seine Gra-
bungspublikationen in den Bonner Jahrbüchern sind ebenso musterhafte archäolo-
gische Studien wie sein Führer über Novaesium, und sein Buch „Das römische
Rheinland. Archäologische Forschungen seit 1945“ ist eine Einführung in die
Militär-, Siedlungs-, Wirtschafts- und Religionsgeschichte des römischen Nieder-
germanien, auf die sich die Forschung bis heute stützt. Erst nach seiner Pensionie-
rung legte er im Sammelwerk „Rheinische Geschichte“ seine große Synthese
“Altertum“ vor, in der er die Geschichte des Rheinlandes von der Urzeit bis zum
5. Jahrhundert n. Chr. aufgrund einer Zusammenschau archäologischer, literarischer
und inschriftlicher Quellen mit einem Umfang von nicht viel weniger als 400 Sei-
ten beschrieb. Mit seinem Buch über die Innenbauten der römischen Legions-
festungen bereicherte er nicht nur die römische Militärarchäologie um ein Hand-
buch, sondern u. a. auch die römische Sozialgeschichte, indem er durch den Nach-
weis der unterschiedlichen Unterbringungsmöglichkeiten der verschiedenen
Rangstufen vom einfachen Soldaten bis zum Truppenkommandeur sozusagen einen