HANDEL MIT CUNRAT TREGER
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und sage, die sey der recht alt brieff, mit der beweiß ich, das alle gott-
seligen, wie wir predigen, vor zwey, drey tausent jaren, ja von anfang
der welt här geglaubt haben. Zeyg mer an, was in den Evangelien und
andern schrifften von eüch und ewer grewlichen zeyten weissagt ist,
5 nemmlich, das ettlich wurden vom glauben abweichen und den yrrigen
geistern und teüffels leeren anhangen. Nun aber so ir bekennent, die
kirch könd nit yrren und häb die schrifft als gotts wort angenommen,
so müsszt ir die schrifft uns auch bleiben lassen. Und ob ir schon lang
sagen, wir krümmen und byegen die schrifft uff unseren yrrthumb 131,
10 sobald uns der ungefelscht verstandt höret und syht die schrifft selb an,
dunckt yn, als man künde nit wol die schrifft anders verston, dann wie
sye ligt und wir sye fürgeben. Wo bleibt dann dein einige unyrrige regel,
dein unbefleckte kirch? Hat sye so vil macht, die warheit fürzugeben,
helff sye dem einfältigen ungefelschten verstandt zu rugen, das er die
15 warheit on zweyfel fasse und behalte. Darumb, wer der warheit nit
fälen und seins glaubens will gewissz sein, der geb sich zum gesatz und
den propheten, Isaie viii. [19 f.]. Zur schrifft, zum gotts wort dahyn
weißet das gesatz, Christus und die Apostelen und gedencken aber
nyenen 132, das man solle uff die kirch sehen.
20 Also, so du die leüt wilt von der hellen schrifft uff die Kirch weisen,
thustu eben, als so einer ein gerad winckelmessz, das gewissz were und
das er wol brauchen künde, in der handt hette und ein ander sagte zu ym:
Nit hawe den stein dem messz nach, du möchtest fälen, gee aber in die
statt, da seind etelich heüßer, deren stein seind noch dißem messz
25 gehawen, dieselbigen syh an und haw deinen stein darnach. Und so
der gut schweyssz 133 hyngieng, und wolte solche stein besehen, das
dann einer spräche: syh, diß ist derselben stein einer; der ander saget,
neyn, syh dißer ist darnach gehawen. Wie müsste nun dißer thun?
Müsste er nit sein messz wider in die handt nemen und sein stein darnoch
30 hawen, wolte er anders nit nichts schaffen und für ein narren in der statt
umblauffen ? | Nun sych du armer mensch, die Kirch, die recht christ- G 1 a
lich Gemeyn, wie sye durch den geist Gottes geregiert würt, also lebet
sye dem wort gemäß und würt durch das wort gereguliert. Dann wofür
prediget man sunst ir täglich das wort Gottes? Ja, durch das wort ist
35 sye geporen, nit durch das wort der eüsserlichen predig oder schrifft
allein, sonder durch das lebendig wort, das Gott ins herzt redet. Das
lautet aber nit anders, dann diß ußwendig, ja, ist eben ein wort, allein,
das es Gott im hertzen hat lebendig gemacht, das es nitt allein im buch,
uff der zungen, in oren mer ist, sonder es lebt im hertzen. Und ist wor,
131. Vgl. S. 45, Z. 3—4; ähnlich Vermanung fo E 1 a.
132. nusquam vgl. Par 42, unten S. 122
133. Armer Kerl, der hart arbeitet und wenig verdient, vgl. Götze, s. v.
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und sage, die sey der recht alt brieff, mit der beweiß ich, das alle gott-
seligen, wie wir predigen, vor zwey, drey tausent jaren, ja von anfang
der welt här geglaubt haben. Zeyg mer an, was in den Evangelien und
andern schrifften von eüch und ewer grewlichen zeyten weissagt ist,
5 nemmlich, das ettlich wurden vom glauben abweichen und den yrrigen
geistern und teüffels leeren anhangen. Nun aber so ir bekennent, die
kirch könd nit yrren und häb die schrifft als gotts wort angenommen,
so müsszt ir die schrifft uns auch bleiben lassen. Und ob ir schon lang
sagen, wir krümmen und byegen die schrifft uff unseren yrrthumb 131,
10 sobald uns der ungefelscht verstandt höret und syht die schrifft selb an,
dunckt yn, als man künde nit wol die schrifft anders verston, dann wie
sye ligt und wir sye fürgeben. Wo bleibt dann dein einige unyrrige regel,
dein unbefleckte kirch? Hat sye so vil macht, die warheit fürzugeben,
helff sye dem einfältigen ungefelschten verstandt zu rugen, das er die
15 warheit on zweyfel fasse und behalte. Darumb, wer der warheit nit
fälen und seins glaubens will gewissz sein, der geb sich zum gesatz und
den propheten, Isaie viii. [19 f.]. Zur schrifft, zum gotts wort dahyn
weißet das gesatz, Christus und die Apostelen und gedencken aber
nyenen 132, das man solle uff die kirch sehen.
20 Also, so du die leüt wilt von der hellen schrifft uff die Kirch weisen,
thustu eben, als so einer ein gerad winckelmessz, das gewissz were und
das er wol brauchen künde, in der handt hette und ein ander sagte zu ym:
Nit hawe den stein dem messz nach, du möchtest fälen, gee aber in die
statt, da seind etelich heüßer, deren stein seind noch dißem messz
25 gehawen, dieselbigen syh an und haw deinen stein darnach. Und so
der gut schweyssz 133 hyngieng, und wolte solche stein besehen, das
dann einer spräche: syh, diß ist derselben stein einer; der ander saget,
neyn, syh dißer ist darnach gehawen. Wie müsste nun dißer thun?
Müsste er nit sein messz wider in die handt nemen und sein stein darnoch
30 hawen, wolte er anders nit nichts schaffen und für ein narren in der statt
umblauffen ? | Nun sych du armer mensch, die Kirch, die recht christ- G 1 a
lich Gemeyn, wie sye durch den geist Gottes geregiert würt, also lebet
sye dem wort gemäß und würt durch das wort gereguliert. Dann wofür
prediget man sunst ir täglich das wort Gottes? Ja, durch das wort ist
35 sye geporen, nit durch das wort der eüsserlichen predig oder schrifft
allein, sonder durch das lebendig wort, das Gott ins herzt redet. Das
lautet aber nit anders, dann diß ußwendig, ja, ist eben ein wort, allein,
das es Gott im hertzen hat lebendig gemacht, das es nitt allein im buch,
uff der zungen, in oren mer ist, sonder es lebt im hertzen. Und ist wor,
131. Vgl. S. 45, Z. 3—4; ähnlich Vermanung fo E 1 a.
132. nusquam vgl. Par 42, unten S. 122
133. Armer Kerl, der hart arbeitet und wenig verdient, vgl. Götze, s. v.