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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 2): Schriften der Jahre 1524 - 1528 — Gütersloh, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.29139#0431
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SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528

Mit neuen Versprechungen versuchte es der Bischof zu verhindern, daß
der Meßhandel vom Magistrat vor die Schöffen gebracht würde. Da
brachte der Beschluß vom 30. November, daß die gewaltsame Ab-
schaffung der Messe nicht in die Kompetenz des Rates falle und den
Praedikanten die Rede zu verbieten sei, die Abschaffung der Messe sei
Sache der Obrigkeit, neuen Zündstoff in die gespannte Lage.

Auf den Kanzeln wurde gegen die Messe gepredigt, immer neue Ein-
gaben und Stellungnahmen - auch einzelner Prediger - dem Magistrate
zugestellt, die Bürger und selbst die Frauen versuchten mit allen Mitteln
die Suspendierung der Messen zu erreichen. Die Berner Abschaffung
der Messe vom 27. 1. 1528, die unter der Mitwirkung von Bucer und
Capito erfolgt war, gab neuen Auftrieb. Eine neue Supplikation von
sechs Bürgern folgte 16. Als der Magistrat den vier Stiften eine Gottes-
dienstordnung übergab, die am 31. 5. 1528 hätte in Kraft treten sollen,
wichen die drei noch mehrheitlich katholischen Stifte (das Hochstift,
Jung- und Alt-St. Peter) aus, das evangelische St. Thomas-Kapitel aber
lehnte sie deshalb ab, weil in ihr nicht die Abschaffung der Messe ge-
fordert sei.

Am 29.6. 1528 forderte der kaiserliche Gesandte und Vizekanzler
Balthasar Merkel von Waldkirch vor einer Ratsdeputation die Bei-
behaltung der Messe, erhielt aber zur Antwort, man habe bisher dem
Gewissen gemäß gehandelt, sei in weltlichen Dingen dem Kaiser mehr
noch als die Vorfahren ergeben, hoffe aber, wenn man in Sachen, die
die Seele belangten, schriftgemäß verfahre, sich dadurch unverhört
keine Ungnade zuzuziehen.

Inzwischen hatten auch die Praedikanten neuerlich die Ablösung der
Messe durch gottgefälligen Gottesdienst (»Predicanten Bericht«, »Der
Predicanten Ordnung «) gefordert. Die Bürger aber beschlossen nun, ihre
Sache durch alle 20 Zünfte vertreten zu lassen, die auch am 3. 8. 1528
um die Abschaffung der Messe baten 17. Die noch am gleichen Tage mit

16. Vgl. Adam, S. 137.

17. Supplicatio der Zünfft Jn Straßburg. Vmb abschaffung der Meß: Anno 1528.
vbergeben, 2 da post Vincula Petrj (3. 8. 1528). Straßburg, Thomas-Archiv, Varia
ecclesiastica VIII, 4.

Ehrsamer, weyser Herr, wir haben eüch angesucht vff Sontag nechst vor S. Johanns
tag vnd befolhen, das Ihr vnser zunfft halben vor ein Ehrsamen Rhatt, vnseren
Gnädigen Herren, vnser anligen der Meß halb gleich am Montag hernach anbringen
wollen, die gewißlich wider Gott Ist vnd gemeine Burgerschafft gegen einander jn
vnwillen bringt, darauffnoch kein anttwortt gefallen Ist vnd auch gar nichts gehandelt
würdt: Ist also vnser fründtlich bitt an ein Ehrsamen Rhat vnserthalb vffs vnder-
thänigst anzubringen diese nachvolgende Meinung vndt anttwortt. Daß ein gemeine
Burgerschafft der warheitt bericht seye vndt ein hochs abschühen trag ab der Meß,
die gericht ist wider Glaub vnd Lieb, vnd darumb vnderthäniglich vndt ernstlich
begeren, das solch Gottslösterung von Ihnen alß vnseren herren abgethan werde.
 
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