23. Juli 2010 | 101
bedeutet, dass wirtschaftswissenschaftliche Theorien durch zielgerichtetes Handeln
ausgelöste Rückkopplungseffekte berücksichtigen müssen. Dies ist der Hauptunter-
schied zwischen naturwissenschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Theorien
großer Systeme.
Die berühmteste und immer noch sehr erfolgreiche Theorie des kollektiven
Verhaltens großer Zahlen von Marktteilnehmern ist die vor allem auf Leon Walras,
Kenneth Arrow und Gerard Debreu zurückgehende Walrasianische Gleichge-
wichtstheorie. Diese Theorie besagt, dass die einem System von Märkten unterlie-
genden Fundamentalwerte Marktpreise bestimmen, die Angebot und Nachfrage von
Gütern, Dienstleistungen und Wertpapieren in Einklang bringen, und dass jede
Änderung der Fundamentalwerte die Gleichgewichtspreise so verändert, dass jede
Marktteilnehmerin die von ihr gewünschten Transaktionen jeder Zeit tätigen kann.
Diese Theorie ist ungemein erfolgreich in der Erklärung einer großen Anzahl
von Marktprozessen, von Märkten für Verbrauchsgüter über den Arbeitsmarkt bis hm
zu Wertpapiermärkten. Em prominentes Beispiel in der Großen Finanzkrise stellte
der Markt für Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps, CDS) dar, deren
Preise ein wichtiger und weithin beachteter Indikator für die Gefährdung von Fir-
men inner- und außerhalb des Finanzsektors waren. Im Falle von Lehman versagte
allerdings auch dieser Markt.
Die Theorie, die ich in diesem Vortrag skizzieren möchte, beruht auf einem
anderen Paradigma als dem Walrasiamschen und ist spieltheoretischer Natur. Die
Spieltheorie baut auf den fundamentalen Arbeiten von John von Neumann (1927)
und John Nash (1951) auf, die das Ergebnis von Interaktionen intelligenter Indivi-
duen durch Stabilitätsaussagen in Bezug auf das Optimierungsverhalten der Teilneh-
mer charakterisiert. Die Entwicklung der Theorie ist vom Beispiel der Gesellschafts-
spiele inspiriert worden - von Neumanns Arbeit trägt den Titel „Zur Theorie der
Gesellschaftsspiele“ und Nashs Dissertation behandelt als Anwendung eine verein-
fachte Version des Pokerspieles. Deswegen hat die Theorie, trotz ihrer heute für weite
Bereiche der Sozialwissenschaften grundlegenden Bedeutung, ihren „spielerischen“
Namen behalten.
Em Nash Gleichgewicht eines strategischen Spieles ist eine Situation, in der das
Verhalten jedes einzelnen Teilnehmers optimal ist, gegeben das Verhalten aller ande-
ren Teilnehmer. Anders als die Walrasianische Gleichgewichtstheorie setzt die spiel-
theoretische Analyse von Märkten nicht die Existenz von Preisen voraus, die das
individuelle Verhalten der einzelnen Marktteilnehmer aggregieren und ihr Verhalten
lenken. Die spieltheoretische Analyse ist in diesem Sinne allgemeiner, und spieltheo-
retische Gleichgewichte haben nicht immer die erstaunlichen Optimalitätseigen-
schaften der traditionellen Walrasianischen Gleichgewichtstheorie, die das Gleichnis
von der unsichtbaren Hand weithin bekannt gemacht hat. Die Tatsache, dass
spieltheoretische Gleichgewichte nicht gesamtwirtschaftlich optimal sein müssen,
macht die Spieltheorie insbesondere für Krisensituation zu einem wichtigen
Analyseinstrument.
Um die jüngste Krise der Finanzmärkte analysieren zu können, ist es nötig, die
Aktivität von Investitionsbanken zu verstehen, genauer gesagt der Institutionen, die
bedeutet, dass wirtschaftswissenschaftliche Theorien durch zielgerichtetes Handeln
ausgelöste Rückkopplungseffekte berücksichtigen müssen. Dies ist der Hauptunter-
schied zwischen naturwissenschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Theorien
großer Systeme.
Die berühmteste und immer noch sehr erfolgreiche Theorie des kollektiven
Verhaltens großer Zahlen von Marktteilnehmern ist die vor allem auf Leon Walras,
Kenneth Arrow und Gerard Debreu zurückgehende Walrasianische Gleichge-
wichtstheorie. Diese Theorie besagt, dass die einem System von Märkten unterlie-
genden Fundamentalwerte Marktpreise bestimmen, die Angebot und Nachfrage von
Gütern, Dienstleistungen und Wertpapieren in Einklang bringen, und dass jede
Änderung der Fundamentalwerte die Gleichgewichtspreise so verändert, dass jede
Marktteilnehmerin die von ihr gewünschten Transaktionen jeder Zeit tätigen kann.
Diese Theorie ist ungemein erfolgreich in der Erklärung einer großen Anzahl
von Marktprozessen, von Märkten für Verbrauchsgüter über den Arbeitsmarkt bis hm
zu Wertpapiermärkten. Em prominentes Beispiel in der Großen Finanzkrise stellte
der Markt für Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps, CDS) dar, deren
Preise ein wichtiger und weithin beachteter Indikator für die Gefährdung von Fir-
men inner- und außerhalb des Finanzsektors waren. Im Falle von Lehman versagte
allerdings auch dieser Markt.
Die Theorie, die ich in diesem Vortrag skizzieren möchte, beruht auf einem
anderen Paradigma als dem Walrasiamschen und ist spieltheoretischer Natur. Die
Spieltheorie baut auf den fundamentalen Arbeiten von John von Neumann (1927)
und John Nash (1951) auf, die das Ergebnis von Interaktionen intelligenter Indivi-
duen durch Stabilitätsaussagen in Bezug auf das Optimierungsverhalten der Teilneh-
mer charakterisiert. Die Entwicklung der Theorie ist vom Beispiel der Gesellschafts-
spiele inspiriert worden - von Neumanns Arbeit trägt den Titel „Zur Theorie der
Gesellschaftsspiele“ und Nashs Dissertation behandelt als Anwendung eine verein-
fachte Version des Pokerspieles. Deswegen hat die Theorie, trotz ihrer heute für weite
Bereiche der Sozialwissenschaften grundlegenden Bedeutung, ihren „spielerischen“
Namen behalten.
Em Nash Gleichgewicht eines strategischen Spieles ist eine Situation, in der das
Verhalten jedes einzelnen Teilnehmers optimal ist, gegeben das Verhalten aller ande-
ren Teilnehmer. Anders als die Walrasianische Gleichgewichtstheorie setzt die spiel-
theoretische Analyse von Märkten nicht die Existenz von Preisen voraus, die das
individuelle Verhalten der einzelnen Marktteilnehmer aggregieren und ihr Verhalten
lenken. Die spieltheoretische Analyse ist in diesem Sinne allgemeiner, und spieltheo-
retische Gleichgewichte haben nicht immer die erstaunlichen Optimalitätseigen-
schaften der traditionellen Walrasianischen Gleichgewichtstheorie, die das Gleichnis
von der unsichtbaren Hand weithin bekannt gemacht hat. Die Tatsache, dass
spieltheoretische Gleichgewichte nicht gesamtwirtschaftlich optimal sein müssen,
macht die Spieltheorie insbesondere für Krisensituation zu einem wichtigen
Analyseinstrument.
Um die jüngste Krise der Finanzmärkte analysieren zu können, ist es nötig, die
Aktivität von Investitionsbanken zu verstehen, genauer gesagt der Institutionen, die