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SITZUNGEN
ganzes Jahrzehnt erforderte, kann die nun auf dem Markt befindliche nächste Gene-
ration von Sequenziergeräten diese Aufgabe im Wochentakt erledigen. Neben einer
eigenen Anlage im BioQuant werden im Rahmen des ICGC (Internationales Krebs-
genom-Konsortium)-Forschungsverbundes eine große Menge an Genomdaten
anfallen. Im deutschen Beitrag zum ICGC-Programm sollen u. a. die molekularge-
netischen Ursachen von Hirntumoren bei Kindern (DKFZ) und Prostatatumoren
(NCT) erforscht werden. Dazu werden 600 Tumorproben und die gleiche Anzahl
von gesunden Proben derselben Patienten sequenziert, um tumorspezifische Ver-
änderungen erkennen zu können. Jede Position im Genom wird dabei dreimal
sequenziert, um Fehler auszumerzen, so dass eine Information von etwa drei Tera-
byte pro Sequenz generiert wird. Die von den zahlreichen Mikroskopie- und
Sequenziersystemen gelieferten Daten werden in einer der europaweit größten
Anlagen zur Datenspeicherung in den Lebenswissenschaften mit einer Gesamtkapa-
zität von 10 Petabyte (10 Millionen Gigabyte) gespeichert. Diese Anlage wurde von
einem der Gründungsdirektoren (Roland Eils) am BioQuant-Zentrum aufgebaut.
Wie bereits eingangs erwähnt, schleust das Virus bei einer viralen Infektion
zunächst einen genetischen Bauplan in die Wirtszelle ein und nutzt die zelluläre
Maschinerie des Wirtes aus, um neue Viruspartikel zu produzieren. Im Rahmen des
FORSYS-Projektes ViroQuant wird nun für verschiedene Viren wie HIV (dem
Erreger von AIDS), dem Hepatitis-C-Virus sowie der tumorindizierten Papilloma-
Viren untersucht, wie gut sie sich jeweils nach Ausschaltung eines ihrer Wirtsgene
noch vermehren können, und es werden mathematische Modelle für die genaue
Beschreibung der Virusvermehrung in der Zelle und der zellulären Immunantwort
auf die Infektion entwickelt. Dabei konnten verschiedene Schlüsselsubstanzen ermit-
telt werden, die Ansätze für eine therapeutische Intervention bieten. Daneben erlaubt
die Technologieplattform des BioQuant eine direkte Verfolgung einzelner Viren bei
ihrem Eindringen in die Zellen über das Andocken an bestimmte Zellrezeptoren,
Überwindung der Zellmembran und die Nutzung der intrazellulären Transport-
systeme mit Hilfe hochauflösender Mikroskopie und digitaler Bildverarbeitung.
Will man die in Hochdurchsatzverfahren identifizierten Gene zu molekularen
Netzwerken zusammensetzen, so müssen wie in einem sehr große Puzzle zahlreiche
Bausteine zu einem Bild zusammengefügt werden. Dabei werden Algorithmen des
maschinellen Lernens benutzt, ähnlich wie in den Ingenieurwissenschaften, wo ein-
zelne Komponenten in einem unbekannten Schaltkreis gestört werden, um aus den
beobachteten Effekten Informationen zu erhalten, wie der Schaltkreis insgesamt
funktioniert. Die ViroQuant-Nachwuchsgruppe von Lars Kaderah konnte auf diese
Weise durch Zusammenarbeit mit dem Virologen Ralf Bartenschlager ein Modell
gekoppelter Differentialgleichungen erstellen, das die Vermehrung des Hepatitis C-
Virus in der Zelle räumlich und zeitlich aufgelöst in hoher Übereinstimmung mit
experimentell gemessenen Daten simuliert. Dabei zeigt sich, dass nach etwa 8 Stun-
den ein explosiver Anstieg der Konzentration viraler RNA in der Zelle zu beob-
achten ist, der etwa nach 30 Stunden einen stationären Zustand erreicht. Die virale
RNA in der Zelle wird im RIG-I Signalweg als zentraler Bestandteil der angebore-
nen Immunantwort erkannt und führt über die Aktivierung verschiedener Kinasen
SITZUNGEN
ganzes Jahrzehnt erforderte, kann die nun auf dem Markt befindliche nächste Gene-
ration von Sequenziergeräten diese Aufgabe im Wochentakt erledigen. Neben einer
eigenen Anlage im BioQuant werden im Rahmen des ICGC (Internationales Krebs-
genom-Konsortium)-Forschungsverbundes eine große Menge an Genomdaten
anfallen. Im deutschen Beitrag zum ICGC-Programm sollen u. a. die molekularge-
netischen Ursachen von Hirntumoren bei Kindern (DKFZ) und Prostatatumoren
(NCT) erforscht werden. Dazu werden 600 Tumorproben und die gleiche Anzahl
von gesunden Proben derselben Patienten sequenziert, um tumorspezifische Ver-
änderungen erkennen zu können. Jede Position im Genom wird dabei dreimal
sequenziert, um Fehler auszumerzen, so dass eine Information von etwa drei Tera-
byte pro Sequenz generiert wird. Die von den zahlreichen Mikroskopie- und
Sequenziersystemen gelieferten Daten werden in einer der europaweit größten
Anlagen zur Datenspeicherung in den Lebenswissenschaften mit einer Gesamtkapa-
zität von 10 Petabyte (10 Millionen Gigabyte) gespeichert. Diese Anlage wurde von
einem der Gründungsdirektoren (Roland Eils) am BioQuant-Zentrum aufgebaut.
Wie bereits eingangs erwähnt, schleust das Virus bei einer viralen Infektion
zunächst einen genetischen Bauplan in die Wirtszelle ein und nutzt die zelluläre
Maschinerie des Wirtes aus, um neue Viruspartikel zu produzieren. Im Rahmen des
FORSYS-Projektes ViroQuant wird nun für verschiedene Viren wie HIV (dem
Erreger von AIDS), dem Hepatitis-C-Virus sowie der tumorindizierten Papilloma-
Viren untersucht, wie gut sie sich jeweils nach Ausschaltung eines ihrer Wirtsgene
noch vermehren können, und es werden mathematische Modelle für die genaue
Beschreibung der Virusvermehrung in der Zelle und der zellulären Immunantwort
auf die Infektion entwickelt. Dabei konnten verschiedene Schlüsselsubstanzen ermit-
telt werden, die Ansätze für eine therapeutische Intervention bieten. Daneben erlaubt
die Technologieplattform des BioQuant eine direkte Verfolgung einzelner Viren bei
ihrem Eindringen in die Zellen über das Andocken an bestimmte Zellrezeptoren,
Überwindung der Zellmembran und die Nutzung der intrazellulären Transport-
systeme mit Hilfe hochauflösender Mikroskopie und digitaler Bildverarbeitung.
Will man die in Hochdurchsatzverfahren identifizierten Gene zu molekularen
Netzwerken zusammensetzen, so müssen wie in einem sehr große Puzzle zahlreiche
Bausteine zu einem Bild zusammengefügt werden. Dabei werden Algorithmen des
maschinellen Lernens benutzt, ähnlich wie in den Ingenieurwissenschaften, wo ein-
zelne Komponenten in einem unbekannten Schaltkreis gestört werden, um aus den
beobachteten Effekten Informationen zu erhalten, wie der Schaltkreis insgesamt
funktioniert. Die ViroQuant-Nachwuchsgruppe von Lars Kaderah konnte auf diese
Weise durch Zusammenarbeit mit dem Virologen Ralf Bartenschlager ein Modell
gekoppelter Differentialgleichungen erstellen, das die Vermehrung des Hepatitis C-
Virus in der Zelle räumlich und zeitlich aufgelöst in hoher Übereinstimmung mit
experimentell gemessenen Daten simuliert. Dabei zeigt sich, dass nach etwa 8 Stun-
den ein explosiver Anstieg der Konzentration viraler RNA in der Zelle zu beob-
achten ist, der etwa nach 30 Stunden einen stationären Zustand erreicht. Die virale
RNA in der Zelle wird im RIG-I Signalweg als zentraler Bestandteil der angebore-
nen Immunantwort erkannt und führt über die Aktivierung verschiedener Kinasen