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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2010 — 2011

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I. Das Geschäftsjahr 2010
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Sitzung der Math.-nat. Klasse am 23. Juli 2010
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Wolfrum, Jürgen: Bioquant: ein neues Zentrum für Systembiologie an der Universität Heidelberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.55658#0101
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23. Juli 2010

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zur Phosphorylierung des Proteins IRF-3, welches einen dimeren Komplex bildet
und in den Zellkern wandert. Dort aktiviert IRF-3 die Transkription antiviraler
Gene, die sowohl die Virusreplikation in der Zelle stören als auch benachbarte Zel-
len vor der Infektion warnen. Die Hepatitis C-Viren interferieren nun mit diesen
Immunprozessen, indem sie versuchen, diesen Signalweg zu unterbrechen und so der
Immunantwort der Zelle zu entgehen.
Die detaillierte mikroskopische Analyse und mathematische Simulation der-
artiger Signalwege ist ein weiteres wichtiges Arbeitsgebiet im BioQuant. Dabei kann
man durch Anwendung der Einzelmolekülspektroskopien (Dirk-Peter Herten) ent-
scheidende experimentelle Fortschritte erzielen. So lässt sich durch Einzelmolekül
Förster-Resonanz-Energie-Transfer (spFRET) Experimente das Andocken eines
Signalmoleküls an den Rezeptor in der Zellmembran örtlich und zeitlich aufgelöst
verfolgen. Die genaue Zahl der im Signalweg jeweils beteiligten Biomoleküle kann
über das photon-antibunching, d. h. die statistische Ermittlung des Auftretens von
simultan emittierten Photonenpaaren ermittelt werden. Die durch Aktivierung des
Signalweges auftretende mRNA lässt sich durch sogenannte „smart probes“ (kom-
plementäre haarnadelformige fluoreszenzmarkierte DNA) mit Einzelmolekülemp-
findlichkeit auch außerhalb des Zellkerns nachweisen.
Die Aktivierung von Zellrezeptoren muss oft über einen sehr großen Dyna-
mikbereich möglich sein, z.B. bei der Neubildung von roten Blutkörperchen mit
Hilfe des Erythropoetinrezeptors bei starkem Blutverlust. Hier muss ein Anstieg der
Ligandenkonzentration (Epo) von drei Größenordnungen verarbeitet werden. Die
Arbeitsgruppe von Ursula Klingmüller undVerena Becker konnte durch quantitative
Analyse und mathematische Modellierung des Signalweges zeigen, dass dies durch
Bereitsstellung neuer Rezeptoren aus einem intrazellulären Pool und raschen Abbau
aktivierter Rezeptoren ermöglicht wird. Durch Einsatz von Optimierungskonzepten
in Zusammenarbeit nut der Arbeitsgruppe von Hans-Georg Bock kann der zeitliche
Ablauf derartiger Experimente so gestaltet werden, dass kinetische Parameter mit
gleicher Genauigkeit, aber einem um den Faktor 20 reduzierten Versuchsaufwand
erhalten werden.
Insgesamt zeigt sich, dass durch quantitative Analyse und mathematische Simu-
lation das Wunder des Lebens keineswegs kleiner, sondern zu unserem Erstaunen
immer größer wird.
 
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