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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2010 — 2011

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I. Das Geschäftsjahr 2010
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Gesamtsitzung am 30. Oktober 2010
DOI Artikel:
Kind, Matthias: Stoffströme in Natur und Technik
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https://doi.org/10.11588/diglit.55658#0124
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140 | SITZUNGEN
der Strömungsmechanik auf viskose, turbulente und instationäre Strömungen erwei-
tert, indem unter anderem Reibungskräfte und Turbulenzmodelle in den Impulser-
haltungssatz mit aufgenommen und die Haftbedingung an der Phasengrenze einge-
führt wurden. Mit Hilfe der Grenzschichttheorie können bestimmte Strömungsfälle
als Kopplung einer reibungsfreien mit einer viskosen Strömung beschrieben werden.
Nur durch diese Erweiterungen kann die Impulsübertragung von einem Fluid
über seine Phasengrenze hinweg auf ein anderes Fluid erklärt und beschrieben wer-
den. In der Natur überträgt sich beispielsweise der Impuls der steten Passat-Winde
auf das Meerwasser und erzeugt die großen atlantischen und pazifischen Äquatorial-
ströme, die ihrerseits Ursache für das nordatlantische Golfstromsystem und den pazi-
fischen Humboldtstrom sind, siehe Abb. 4. Auch ist die Strömungsgeschwindigkeit
von Flüssen durch den Impulsaustausch mit dem Flussbett begrenzt.
In vielen technischen Anwendungen ist es unerlässlich, die viskosen Eigen-
schaften der betrachteten Fluide zu berücksichtigen. Nur so können Druckverluste
in Rohrleitungen und Widerstandskräfte auf umströmte Körper erklärt werden.
In Abb. 1 ist die Strömung des Rheins als ein natürlicher Stoffstrom eingetra-
gen, bei dem die viskose Natur der Fluids (hier Wasser) bedeutsam ist. Als Stoffströme
in der Technik sind die Strömungen eines der Haupttriebwerke der Trägerrakete
ARIANE und die viskose Strömung des komprimierten Erdgases in der in Bau
befindlichen North-Stream Gaspipeline durch die Ostsee eingetragen. Zunächst mag
erstaunen, dass die Stoffstromdichte des Rheins in der gleichen Größenordnung wie
diese technischen Strömungen ist. Dies liegt daran, dass es sich im einen Fall um eine
Flüssigkeitsströmung handelt, deren Fluid eine vielfach höhere Dichte als die Fluide
der genannten technischen Gasströmungen aufweist.
Dichteveränderliche Strömung
Eine in der Natur besonders wichtige Ursache von Stoffströmen ist Abhängigkeit
der Fluiddichte von der Temperatur und der Zusammensetzung. Nach John W
Strutt, dem späteren 3. Baron Rayleigh (1842—1919) führen Temperaturunterschie-
de in Fluiden dann zu einer Konvektionsströmung, wenn sie durch Wärmeleitung
nicht ausreichend ausgeglichen werden können. Dies ist sowohl bei den durch die
Sonneneinstrahlung angetriebenen Windsystemen der Erde wie auch bei der Kon-
vektion des Magmas im Erdmantel der Fall. In Abb. 1 sind diese Ströme eingetragen
und man erkennt ihr besonderes Ausmaß in Verhältnis zu den anderen in diesem
Diagramm eingetragenen Stroffströmen. Auch in der Technik treten konvektive
Strömungen aufgrund von Dichteunterschieden auf, so zum Beispiel beim Betrieb
von Warmwasser-Heizkörpern in Wohnungen, bei offenen Kaminen oder bei den
großen Kraftwerks-Kühltürmen. Ihre Stoffstromdichte ist jedoch im Vergleich zu
erzwungenen Strömungen gering.

Stoffströme durch Diffusion
Besondere Verdienste um die wissenschaftliche Durchdringung von Diffusionsvor-
gängen haben sich unter anderen Adolf Fick (1829—1901) und Thomas Sherwood
 
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