230 | ANTRITTSREDEN
meinem Team entdeckt, dass genetisch veränderte lonenkanäle diverse Muskel-
krankheiten verursachen können. lonenkanäle sind Eiweißmoleküle, die lonenselek-
tive Poren in der Zellmembran bilden und mit Spannungssensoren und Toren,
welche die Pore öffnen und verschließen können, ausgestattet sind. Sie sind für die
elektrische Erregbarkeit von Muskelzellen essentiell. Wir haben den Begriff‘channel
disease’ oder ‘channelopathies’ geprägt, der inzwischen auch für Kanalopathien ande-
rer Organsysteme international verwendet wird. Sie sind die Ursache von plötzlich
auftretenden Koordinationsstörungen, Migränekopfschmerzen mit Halbseitenläh-
mung, epileptischen Anfällen, Muskelkraftverlust, Herzrhythmusstörungen und ggf.
tödlichen Narkosezwischenfällen. Jede dieser Krankheiten ist selten und daher bei
Ärzten und in der Öffentlichkeit relativ unbekannt.
Nach der Facharzt-Ausbildung folgte zusammen mit meiner Familie ein für
Freundschaften und wissenschaftliche Kontakte sehr wichtiger Forschungsaufenthalt
an der Mayo Clinic in Rochester, Minnesota und am Institut für „Veterinary Biolo-
gy“ der University of Minnesota in Minneapolis/St. Paul. Ich wurde eingeladen, um
einen dort verfügbaren Tierstamm mit einer Muskelkanalopathie näher zu charakte-
risieren, wobei ich dabei die von mir entwickelte Technik benützen konnte, um die
lonenströme durch die Muskelzellmembran zu untersuchen. Dazu habe ich meine
elektronischen Geräte, die zum Teil selbst gebaut waren, über em ‘Carnet’ hin- und
zurücktransportiert.
Nach der Rückkehr wurde ich klinischer Oberarzt in der Neurologie der TU
München. Neben reichlich klinischer Tätigkeit habe ich weiterhin viel geforscht, was
mir ermöglichte, mich 1991 auf den 2. Lehrstuhl für Physiologie in Ulm zu bewer-
ben. Alternativ zu Ulm hatte ich einen Ruf auf einen Lehrstuhl für Neurologie an
der Universität Göttingen. Aber ich habe mich für die Forschung und Lehre an der
Universität Ulm entschieden.
Als junger Lehrstuhlinhaber bekommt man von seiner Fakultät die Chance,
Verbünde zu koordinieren. So war ich viele Jahre Sprecher eines BMBF-geförderten
interdisziplinären Zentrums für klinische Forschung (iZKF), eines DFG-Graduier-
tenkollegs zur molekularen Medizin und eines DFG/DAAD-geförderten Interna-
tionalen Promotionsprogrammes. Zusätzlich habe ich zwei europäische Netzwerke
zur elektromechanischen Kopplung der Muskulatur koordiniert, in denen jeweils 10
europäische Labors kooperiert haben. Dem ungarischen Kooperationspartner habe
ich die Ehrendoktorwürde der Universität Debrecen zu verdanken.
Mit diesen wichtigen Erfahrungen der Forschungsorganisation widme ich
mich seit einigen Jahren wieder mehr der eigenen Forschung, bei der ich Grund-
lagenforschung mit krankheitsorientierter Forschung und Therapie verbinde. Früher
nannte man das Grundlagenforschung mit klinischem Anwendungsbezug, heute
nennt man das Translationsforschung. Innerhalb meines Instituts, das weitgehend
selbständige Arbeitsgruppen hat, betreue ich mit einem relativ kleinen Team mehre-
re Tausend Patienten mit seltenen Erkrankungen der Muskulatur und des Nerven-
systems und erforsche deren Krankheitsentstehung und mögliche Therapien. Dieses
kleine Team ist sehr gut eingespielt und sehr kreativ und wird, sobald meine Nach-
folge in der Institutsleitung geregelt ist, mit mir als Hertie-Seniorforschungsprofes-
meinem Team entdeckt, dass genetisch veränderte lonenkanäle diverse Muskel-
krankheiten verursachen können. lonenkanäle sind Eiweißmoleküle, die lonenselek-
tive Poren in der Zellmembran bilden und mit Spannungssensoren und Toren,
welche die Pore öffnen und verschließen können, ausgestattet sind. Sie sind für die
elektrische Erregbarkeit von Muskelzellen essentiell. Wir haben den Begriff‘channel
disease’ oder ‘channelopathies’ geprägt, der inzwischen auch für Kanalopathien ande-
rer Organsysteme international verwendet wird. Sie sind die Ursache von plötzlich
auftretenden Koordinationsstörungen, Migränekopfschmerzen mit Halbseitenläh-
mung, epileptischen Anfällen, Muskelkraftverlust, Herzrhythmusstörungen und ggf.
tödlichen Narkosezwischenfällen. Jede dieser Krankheiten ist selten und daher bei
Ärzten und in der Öffentlichkeit relativ unbekannt.
Nach der Facharzt-Ausbildung folgte zusammen mit meiner Familie ein für
Freundschaften und wissenschaftliche Kontakte sehr wichtiger Forschungsaufenthalt
an der Mayo Clinic in Rochester, Minnesota und am Institut für „Veterinary Biolo-
gy“ der University of Minnesota in Minneapolis/St. Paul. Ich wurde eingeladen, um
einen dort verfügbaren Tierstamm mit einer Muskelkanalopathie näher zu charakte-
risieren, wobei ich dabei die von mir entwickelte Technik benützen konnte, um die
lonenströme durch die Muskelzellmembran zu untersuchen. Dazu habe ich meine
elektronischen Geräte, die zum Teil selbst gebaut waren, über em ‘Carnet’ hin- und
zurücktransportiert.
Nach der Rückkehr wurde ich klinischer Oberarzt in der Neurologie der TU
München. Neben reichlich klinischer Tätigkeit habe ich weiterhin viel geforscht, was
mir ermöglichte, mich 1991 auf den 2. Lehrstuhl für Physiologie in Ulm zu bewer-
ben. Alternativ zu Ulm hatte ich einen Ruf auf einen Lehrstuhl für Neurologie an
der Universität Göttingen. Aber ich habe mich für die Forschung und Lehre an der
Universität Ulm entschieden.
Als junger Lehrstuhlinhaber bekommt man von seiner Fakultät die Chance,
Verbünde zu koordinieren. So war ich viele Jahre Sprecher eines BMBF-geförderten
interdisziplinären Zentrums für klinische Forschung (iZKF), eines DFG-Graduier-
tenkollegs zur molekularen Medizin und eines DFG/DAAD-geförderten Interna-
tionalen Promotionsprogrammes. Zusätzlich habe ich zwei europäische Netzwerke
zur elektromechanischen Kopplung der Muskulatur koordiniert, in denen jeweils 10
europäische Labors kooperiert haben. Dem ungarischen Kooperationspartner habe
ich die Ehrendoktorwürde der Universität Debrecen zu verdanken.
Mit diesen wichtigen Erfahrungen der Forschungsorganisation widme ich
mich seit einigen Jahren wieder mehr der eigenen Forschung, bei der ich Grund-
lagenforschung mit krankheitsorientierter Forschung und Therapie verbinde. Früher
nannte man das Grundlagenforschung mit klinischem Anwendungsbezug, heute
nennt man das Translationsforschung. Innerhalb meines Instituts, das weitgehend
selbständige Arbeitsgruppen hat, betreue ich mit einem relativ kleinen Team mehre-
re Tausend Patienten mit seltenen Erkrankungen der Muskulatur und des Nerven-
systems und erforsche deren Krankheitsentstehung und mögliche Therapien. Dieses
kleine Team ist sehr gut eingespielt und sehr kreativ und wird, sobald meine Nach-
folge in der Institutsleitung geregelt ist, mit mir als Hertie-Seniorforschungsprofes-