Frank Lehmann-Horn | 231
sor in einer „Division of Neurophysiology“ der Universität Ulm für die nächsten
7 Jahre bestehen bleiben.
Nun möchte ich Ihnen meine Mission näher bringen: Seltene Erkrankungen
sind paradoxerweise häufig, was daran hegt, dass es ungefähr 8.000 verschiedene gibt.
Wenn auch jede einzelne selten ist, ist die Gesamtzahl aller Betroffenen groß, näm-
lich etwa 5 % der Bevölkerung, das sind 4 Mio. Betroffene in Deutschland. Das heißt,
jeder 20. hat eine seltene Erkrankung und somit kennt jeder in seinem Verwandten-
oder Freundeskreis Jemanden mit einer seltenen Erkrankung. Die Betroffenen haben
häufig keine oder eine falsche Diagnose und keine geeignete Therapie. Sie haben
meist eine Arzt-Odyssee hinter sich. Da em Arzt nicht alle Krankheiten und schon
gar nicht die 8.000 seltenen Erkrankungen kennen kann, ist er geneigt, eine ihm
unbekannte Symptomenkombmation als psychosomatisch zu interpretieren, insbe-
sondere wenn es sich wie bei den Krankheiten, die ich erforsche, um nur zeitweise
auftretende Symptome handelt, die meist gerade nicht beim Arztbesuch zu sehen
sind und der Arzt sonnt nichts Krankhaftes erkennen kann. Häufig sind bei diesen
Patienten mehrere Organe betroffen, und die Komplexität der Symptome wird von
unseren doch sehr spezialisierten Fachärzten nicht erkannt. Es ist inzwischen inter-
national anerkannt, dass es noch viele nicht beschriebene Krankheiten gibt, gerade
im Bereich des Nervensystems (wie z.B. Aufmerksamkeits-, Lern- und Verhaltens-
störungen).
Neben meiner universitären Verpflichtung zu Forschung und Lehre habe ich
mich in meiner Freizeit für Patienten mit seltenen Erkrankungen, insbesondere mit
Kanalopathien der Muskulatur und des Gehirns, gekümmert. Diese auf telefoni-
schem und Email-Kontakt basierende Patientenbetreuung wurde mit dem Art of
Listemng Award der Genetic Alliance gewürdigt. Der Preis wurde mir als erstem
Nichtamerikaner 2009 in Washington, D.C. überreicht. Um die Situation der Pati-
enten mit seltenen Erkrankungen am Uniklinikum Ulm zu verbessern, habe ich vor
kurzem mit meiner langjährigen Mitarbeiterin, Frau PD Dr. Jurkat-Rott, ein Zen-
trum für Seltene Erkrankungen an der Universität Ulm initiiert. In diesem Zentrum
sollen Diagnostik, Therapie, Forschung und Weiterbildung verbessert werden. Erfreu-
licherweise gibt es, wie Sie bereits von Frau Bruckner-Tudermann gehört haben,
an den Unikliniken in Freiburg, Tübingen, Heidelberg und Mannheim Kollegen
mit den gleichen Zielen. Gemeinsam wollen wir em baden-württembergisches
Netzwerk errichten und hoffen dabei auf Unterstützung der Landesministerien für
Forschung und Soziales in Stuttgart und des Bundesministeriums für Bildung und
Forschung sowie des Bundesgesundheitsamtes, da die beiden Bereiche Krankenver-
sorgung und Forschung angesprochen sind.
Die Aufnahme in die Akademie betrachte ich als eine ganz besondere Aus-
zeichnung, für die ich mich bei Ihnen herzlich bedanken möchte. Ich freue mich auf
viele Gespräche mit Ihnen.
sor in einer „Division of Neurophysiology“ der Universität Ulm für die nächsten
7 Jahre bestehen bleiben.
Nun möchte ich Ihnen meine Mission näher bringen: Seltene Erkrankungen
sind paradoxerweise häufig, was daran hegt, dass es ungefähr 8.000 verschiedene gibt.
Wenn auch jede einzelne selten ist, ist die Gesamtzahl aller Betroffenen groß, näm-
lich etwa 5 % der Bevölkerung, das sind 4 Mio. Betroffene in Deutschland. Das heißt,
jeder 20. hat eine seltene Erkrankung und somit kennt jeder in seinem Verwandten-
oder Freundeskreis Jemanden mit einer seltenen Erkrankung. Die Betroffenen haben
häufig keine oder eine falsche Diagnose und keine geeignete Therapie. Sie haben
meist eine Arzt-Odyssee hinter sich. Da em Arzt nicht alle Krankheiten und schon
gar nicht die 8.000 seltenen Erkrankungen kennen kann, ist er geneigt, eine ihm
unbekannte Symptomenkombmation als psychosomatisch zu interpretieren, insbe-
sondere wenn es sich wie bei den Krankheiten, die ich erforsche, um nur zeitweise
auftretende Symptome handelt, die meist gerade nicht beim Arztbesuch zu sehen
sind und der Arzt sonnt nichts Krankhaftes erkennen kann. Häufig sind bei diesen
Patienten mehrere Organe betroffen, und die Komplexität der Symptome wird von
unseren doch sehr spezialisierten Fachärzten nicht erkannt. Es ist inzwischen inter-
national anerkannt, dass es noch viele nicht beschriebene Krankheiten gibt, gerade
im Bereich des Nervensystems (wie z.B. Aufmerksamkeits-, Lern- und Verhaltens-
störungen).
Neben meiner universitären Verpflichtung zu Forschung und Lehre habe ich
mich in meiner Freizeit für Patienten mit seltenen Erkrankungen, insbesondere mit
Kanalopathien der Muskulatur und des Gehirns, gekümmert. Diese auf telefoni-
schem und Email-Kontakt basierende Patientenbetreuung wurde mit dem Art of
Listemng Award der Genetic Alliance gewürdigt. Der Preis wurde mir als erstem
Nichtamerikaner 2009 in Washington, D.C. überreicht. Um die Situation der Pati-
enten mit seltenen Erkrankungen am Uniklinikum Ulm zu verbessern, habe ich vor
kurzem mit meiner langjährigen Mitarbeiterin, Frau PD Dr. Jurkat-Rott, ein Zen-
trum für Seltene Erkrankungen an der Universität Ulm initiiert. In diesem Zentrum
sollen Diagnostik, Therapie, Forschung und Weiterbildung verbessert werden. Erfreu-
licherweise gibt es, wie Sie bereits von Frau Bruckner-Tudermann gehört haben,
an den Unikliniken in Freiburg, Tübingen, Heidelberg und Mannheim Kollegen
mit den gleichen Zielen. Gemeinsam wollen wir em baden-württembergisches
Netzwerk errichten und hoffen dabei auf Unterstützung der Landesministerien für
Forschung und Soziales in Stuttgart und des Bundesministeriums für Bildung und
Forschung sowie des Bundesgesundheitsamtes, da die beiden Bereiche Krankenver-
sorgung und Forschung angesprochen sind.
Die Aufnahme in die Akademie betrachte ich als eine ganz besondere Aus-
zeichnung, für die ich mich bei Ihnen herzlich bedanken möchte. Ich freue mich auf
viele Gespräche mit Ihnen.