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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2000 — 2001

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Jahresfeier

haben die lebenszeitlichen Bestimmungen von ‘Jung’ und ‘Alt’ üblicherweise im
Kähmen der Wissenschaft und der Akademien keinerlei Bedeutung. Unsere eigene
Akademie hat sich jedenfalls entschlossen, ihre Sitzungen jungen Nachwuchswissen-
schaftlern zu öffnen und ihnen so Gelegenheit zu geben, Forschungsergebnisse, Thesen
und Hypothesen einem weiten wissenschaftlichen Forum vorzustellen, wie wir ja auch
sonst unsere Sitzungen vermehrt interessierten Nachwachsenden und Gästen öffnen.
Anspornend aber ist immer wieder die Anerkennung geleisteter wissenschaftlicher
Arbeit. Cicero hat wohl durchaus recht, wenn er in seinen Briefen einmal vermerkt:
„In cxcitando et acucndo plurimum valet, si laudes eum, quem cohortere.“ (Beim
Anregen und Anspornen kommt man am weitesten, wenn man den, den man auf-
muntern will, lobt.) Und wenn sich dieses Lob in der Verleihung von Preisen aus-
drückt, mag es doppelt wirksam sein. Auch in diesem Jahr kann die Akademie den von
l lerrn Dr. Witzenmann gestifteten und nach ihm benannten Preis für Leistungen des
wissenschaftlichen Nachwuchses im Bereich der Kulturwissenschaften vergeben, und
ebenso den Karl-Freudenberg-Preis, der aus Anlaß des 100. Geburtstages unseres Mit-
glieds Karl Freudenberg von der Firma Carl Freudenberg & Co. gestiftet wurde. Und
es freut mich ganz besonders, daß ich nicht nur Herrn Dr. Witzenmann, den Stifter,
sondern auch Glieder der Familie Freudenberg unter unseren Gästen begrüßen kann,
und hole das an dieser Stelle gern nach. Für die Preisträger sei noch hinzugefügt, daß
die Preise, wenn ich an den weiteren Lebensweg früherer Preiträger denke, fast so
etwas wie einen frühen wissenschaftlichen Nimbus darstellen.
Den diesjährigen Wirzenmann-Preis erhält Herr Thomas Lobinger aus Tübingen
für seine Arbeit mit dem Titel „Rechtsgeschäftliche Verpflichtung und autonome Bin-
dung“. Der mag den meisten von Ihnen wenig sagen, befaßt sich aber mit einem Pro-
blem, das jeden von uns alltäglich betreffen kann. Geht cs doch um die Frage, ob es
nach gellendem Bürgerlichem Recht auch „ungewollte Verträge* geben kann, ob also
\ erträgliche Verpflichtungen etwa aus einem Kauf-, Werk- oder Dienstvertrag auch
dann entstehen können, wenn der erklärte Wille zur Übernahme einer solchen Ver-
pflichtung bei dem als Schuldner in Anspruch Genommenen nicht vorhanden war und
ein ausdrücklicher Vertrag gar nicht geschlossen wurde. Diese Frage beschäftigt
Rechtswissenschaft und -praxis insbesondere dann, wenn wider die wahre Lage der
.InscZmm einer auf den in Frage stehenden Vertrag gerichteten Erklärung vorlag: Die
früher per Telegramm, heute „online“ erteilte Wertpapicr-Order wird bei der Über-
mittlung verfälscht, und stau zu verkaufen kauf} der beauftragte Händler deshalb die
sinkenden Werte. Die lediglich als Vorabinformation gedachte Anfrage des Bankkun-
den wird nicht ohne Berechtigung - als verbindliche Auftragserteilung verstanden
und deshalb sogleich entsprechend ausgeführt. Fs geht aber auch um Falle, bei denen
nicht einmal mehr der Anschein einer aut Vertragsschluß gerichteten F rklärung vor-
liegt: Das schwarze Anzapfen einer Stromle.itung, die f ahrt oder der Flug eines ban-
den Passagiei s oder heute praktisch hoch bedeutsam - die dem F rupf änger auch ohne
direkten Auftrag erbrachte Informations , Beratungs oder GutaC-hte: teistung, die sic.“
als fehlerhaft erweist und deshalb die Frage aufwirft» ob für den daraus entstandenen
Schaden nach den Grundsatz e i ,n et t täglicher Haftung* einzustehen ist. Tatsächlich
hat das Gesetz diese Frage in einem für den Geschädigten viel günstigeren Sinn beant-
w ortet als die Regelungen der üblichen Schadensersatzhaftung. Denn ganz überwie-
gend nimmt man heute m der juristischen V issenschait und Praxis auch in solchen
Fällen vertragliche oder \ ertragsidentische Bindungen an. Man erreicht das» indem
 
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